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Nr. 799 (German Edition)

Nr. 799 (German Edition)

Titel: Nr. 799 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yuna Stern
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schaute mich bedeutungsschwer an.
    »Von früher?«, wiederholte ich überrascht.
    »Ja, von früher .« Sie nickte hastig und wisperte nun so leise, dass ich sie kaum noch verstehen konnte: »Ich werde Elli davon berichten. Ich weiß nicht, was sie davon halten wird. Aber ich kann mir gut vorstellen, dass sie ungeheuerlich sauer sein wird. Und wenn Elli sauer wird, huihui. Dann kann niemand sie aufhalten.«
    »Okay, danke.« Ich lächelte sie ehrlich dankbar an. Sie war ein Schatz, auch wenn sie ein wenig verpeilt war. Na gut, nicht nur ein wenig.
    »Gerne doch. Für dich immer.« Sie klopfte mir freundschaftlich auf die Schulter. »Jetzt sieh dich auch ein wenig um. Ist echt klasse hier. Obwohl ... ich habe gehört, dass du sowieso eigene Bücher besitzt?« Sie zwinkerte mir verschwörerisch zu, ehe sie sich auf den Weg zu den anderen aus unserer Gruppe machte, um mit ihnen ein Pläuschchen zu halten.
    David, der bislang neben Mia auf dem Boden gehockt hatte, stand auf und eilte auf mich zu, sobald sie gegangen war. »Was wollte sie?«
    »Ich muss dir keine Rechenschaft ablegen«, erwiderte ich, viel unfreundlicher als beabsichtigt.
    »Ja, okay.« Er zuckte mit den Achseln. Sein Blick wirkte plötzlich kühl. »Du erzählst mir ja sowieso nichts. Vielleicht sollte ich aufhören, mich ständig um dich zu sorgen.«
    »Ach, es ist also Sorge, die dich so neugierig macht?«, fragte ich gespielt verwundert, auch wenn ich ihn nicht verletzen wollte. Doch es nervte schon ein wenig, dass er mir immer auflauerte. Als würde er mich ausspionieren. Aber vielleicht war ich auch einfach nur paranoid. Dieser Ort trug auf jeden Fall dazu bei. »Ich habe eher das Gefühl, dass es eigennützige Gründe sind, die dich ständig zu mir treiben?«
    »Eigennützige Gründe?«, wiederholte er schockiert. »Wieso denkst du denn so etwas?«
    »Na, na ...« Nun war ich endgültig durcheinander. »Alle sprechen davon, wie gefährlich du bist und dass du Fräulein Ingrid W. angegriffen hast, obwohl das ja eigentlich gar nicht möglich ist, und wie undurchschaubar du bist. Und außerdem erzählst du mir ja auch nicht, woran du gestorben bist.« Ich fügte schnell hinzu: »Das respektiere ich total, aber dann musst du bitte auch respektieren, dass ich dir nicht jede einzelne meiner Erkenntnisse mitteilen kann.« Ich redete mich gerade um Kopf und Kragen, und so wie David mich ansah, spürte ich, dass er mir das nicht einfach so vergeben würde. Diesmal nicht. »Und was war das noch mal in meinem Zimmer? Wo du mir so nahe gekommen bist und irgendetwas davon geschwafelt hast, dass ich doch immer noch was fühlen würde? Was wolltest du damit bezwecken?«
    »Ich ...« Er sah mich an, als hätte ich ihm eine Ohrfeige verpasst. Meine Wangen glühten und ich wandte schnell den Blick ab, weil ich schon jetzt jedes meiner Worte bereute. Aber ... er war so ... Ich wusste nicht, wie ich mit ihm umgehen sollte. Er brachte mich so durcheinander. »Ich wollte dir nur zeigen, dass da etwas ist. Dass alles hier gelogen ist. Und dass wir denen nicht vertrauen sollten. Hanna«, sagte er mit fester Stimme, »ich vertraue dir . Ich weiß wirklich nicht, wie ich gestorben bin. Wenn ich es wüsste, würde ich es dir sag–«
    Ich unterbrach ihn schnell: »Das brauchst du nicht. Ich meine nur, dass du mir ein wenig ... ein wenig Raum geben musst. Damit ich erst mal selber nachdenken kann, diesen Mist hier verarbeiten, verstehst du?« Ich konnte ihn nicht mehr ansehen und schloss die Augen.
    »Ja«, hauchte er mit gebrochener Stimme. »Ich dachte nur ...«
    Stille.
    Als ich die Augen wieder öffnete, sah ich, wie er auf die Tür zustrebte, um die Bibliothek zu verlassen. Er blickte nicht mehr zurück, sondern lief in angespannter Haltung davon. Er lief weg, vor mir.
    Was hatte ich nur getan?
    »David!«, rief Kimberly, die gerade am Pult der Bibliothekarin stand und einige Unterlagen durchblätterte, mit empörter Stimme. »David! Komm sofort zurück! Euer Infokurs ist noch nicht vorbei! Ihr müsst bis zum Schluss der Stunde hier bleiben! David!«
    Er drehte sich nicht zu ihr um und antwortete auch nicht.
    »David!« Sie wirbelte zu mir herum und sah mich fragend an. »Was stimmt nicht mit dem Typen?«, fauchte sie.
    »Ich glaube, er hat Kopfschmerzen«, log ich. »Er möchte Doktor Aurelian P. aufsuchen.«
    »Dann sollte er mir aber Bescheid sagen. So ein unverschämter Kerl.« Sie schüttelte mit dem Kopf.
    »Ja«, stimmte ich leise zu. So ein unverschämter Kerl?

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