Nubila 01: Das Erwachen
Rudel heimgesucht wurde und deshalb hatte Jasons Familie gewusst, dass es nichts brachte die Türen und Fenster zu schließen. Im Gegenteil. Wenn man alles offen ließ, dann blieb der Verwüstungsgrad erheblich geringer, als wenn man versuchte etwas zu verstecken. Und der einzige sichere Raum im ganzen Gebäude war der Schutzraum im Keller.
Jason spürte, wie er anfing zu schwitzen. Doch er durfte nicht schwitzen. Die Wilden hatten ein äußerst feines Gespür, mit dem sie jegliche Veränderung sofort wahrnehmen würden. Er konnte die Anwesenheit der Wilden deutlich spüren und er wusste, dass ihr eigenartiger Geruch noch wochenlang dem Haus anhaften würde, ganz gleich, wie gut man es lüftete. Langsam tastete Jason sich vor. Er konnte aus der Küche hören, wie die Wilden sich über die Blutreserven hermachten und biss sich unzufrieden auf die Unterlippe. Er hatte eine Ausbildung hinter sich. Dies war nicht das erste Mal, dass er in eine scheinbar aussichtslose Situation geriet und es würde auch nicht das letzte Mal sein. Er hörte ein lautes Scheppern und dann das Fauchen mehrerer Wilder, die sich offensichtlich um die Beute stritten. Jason nutzte seine Chance.
Momentan waren sie abgelenkt und vielleicht war das jetzt seine einzige Gelegenheit an ihnen vorbei zu kommen. So schnell wie es ohne auffällige Geräusche zu machen möglich war rannte er die Wendeltreppe hinauf und verfluchte unterwegs die Tatsache, dass Laneys Zimmer sich ausgerechnet ganz oben befinden musste. Als er im dritten Stock angekommen war, zögerte er. Er musste noch weiter den Gang hinunter, aber um dort hin zu kommen musste er an dem oberen Lagerraum vorbei. Und genau dort befanden sich weitere Blutkonserven, über die einige der Wesen sich gerade gierig hermachten. Jasons Herz klopfte wie verrückt in seiner Brust als er sich langsam vortastete, um einen Blick in das Zimmer werfen zu können.
Hier befanden sich drei der Monster. Sie schlichen um die Möbel herum, zerkratzten den Boden mit ihren langen Krallen und fauchten sich gegenseitig an. Die Geräusche, die sie dabei machten, verursachten Jason eine Gänsehaut. Er hatte vorher schon tausendmal mit diesen Wesen zu tun gehabt, aber es war für ihn immer noch auf grausige Weise faszinierend sie zu beobachten. Sie waren wie riesige Fledermausmenschen, mit ihren langen Schwingen und der dunklen Haut. Ihre Zähne waren sehr spitz und die Augen leuchteten wie immer rot. Jason hatte die Wilden schon oft gejagt, aber er war noch nie zuvor von ihnen gejagt worden und musste sich eingestehen, dass es überhaupt kein angenehmes Gefühl war.
Jason hielt einen Augenblick die Luft an und sprang dann mit einem Satz an der offenen Tür vorbei, auf die andere Seite. Aber leider landete er genau auf einer losen Diele und die Bretter unter ihm knarrten so laut, dass die Wesen es unmöglich überhören konnten.
Alle drei Monster wandten gleichzeitig die Köpfe in Richtung Tür und spitzten die Ohren. Jason wusste, dass er schnell reagieren musste. Er nutzte das Überraschungsmoment und schmiss sich mit voller Wucht gegen den ersten, der auf ihn zukam, sodass dieser das Gleichgewicht verlor und über die Reling hinunterstürzte. Er versuchte seine Flügel aufzuspannen, hatte dafür im Treppenhaus jedoch nicht genug Platz. Lauthals schrie er auf, bevor er mehrere Stockwerke tief nach unten fiel. Die anderen beiden Monster drehten sich sofort zu Jason um und bleckten ihre Zähne. Jason stellte sich kampfbereit auf und wartete auf den Angriff.
Er breitete die Arme aus und machte sich auf das Schlimmste gefasst. Ihm war klar, dass es praktisch unmöglich war alleine gegen zwei Wilde anzukommen, aber er hatte zehn Jahre intensive Erfahrung und befand sich in einer Notsituation, was dazu führte, dass er sehr stark von seinen Instinkten geleitet wurde. Er würde sich einfach auf seinen Körper verlassen müssen.
Jason sah die Wesen so grimmig wie möglich an, doch in genau dem Moment, als einer der Wilden lossprang, wurde er von irgendjemandem angefallen. Die Person fing den Wilden ab und beide landeten in einem Gewühl aus Beinen und Armen neben der Treppe.
Jason hatte keine Zeit nachzusehen, wer oder was es war, das ihm da zur Hilfe gekommen war, weil der zweite Wilde ihm keinerlei Zeit zum reagieren ließ. Das Monster sprang auf ihn zu und fuhr seine scharfen Krallen aus. Jason jedoch schaffte es, sich zur Seite zu drehen, so dass das Wesen neben ihm landete. Er stützte sich an der Wand ab und
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