Nubila 01: Das Erwachen
für die Unsterblichkeit.
„ Es ist eigentlich nicht viel anders, als wenn man abends ins Bett geht“, sagte Jason nachdenklich. „Man träumt schon, mal gut und mal schlecht… Aber an die meisten Träume erinnert man sich später nicht mehr. Es ist gar nicht so schlimm, wie…“
Das Handy klingelte und ließ Jason mitten im Satz verstummen. Schnell kramte er es aus seiner Hosentasche und drückte auf den grünen Knopf. Er hatte allen gesagt, dass sie ihn nur im Notfall anrufen sollten und bisher hatte das noch niemand getan.
„ Ja“, sagte Jason steif.
„ Jason?“
„ Was ist los, Cynthia?“
„ Wo seid ihr?“
„ Auf dem Rückweg.“
„ Dann solltet ihr euch vielleicht ein bisschen beeilen.“
Kathleen biss die Zähne zusammen. Sie wollte nicht schreien, sie wollte keine Schwäche zeigen und den Herren damit beweisen, dass sie wirklich ein jämmerlicher Wurm war. Doch als die Peitsche zum zehnten Mal auf ihren Rücken niedersauste, schrie sie trotzdem.
Schmerz durchfuhr sie und sie zerrte vergebens an den Handschellen, mit denen man ihr die Arme über den Kopf gebunden hatte. Man hatte ihr Oberteil hinten aufgerissen, sodass nur noch der vordere Teil notdürftig ihre Brüste bedeckte und sie der Peitsche gnadenlos ausgeliefert war. Die Diener hatten sich alle um den großen Platz versammelt und mussten bei der Prozedur zusehen. Alle waren vollkommen still und sahen Kathleen bedauernd an, aber niemand mischte sich ein. Niemand sagte etwas und niemand half.
Kathleen war froh, dass Cynthia wenigstens Laney weggebracht hatte, damit das Mädchen nicht dabei zusehen musste, denn das hätte ihren Schmerz sicherlich noch verdoppelt.
Ein weiterer Schlag ging auf Kathleens Rücken nieder und sie hatte das Gefühl regelrecht spüren zu können, wie die Stahlseile sich in ihr Fleisch gruben und die Haut aufplatzen ließen. Sie zuckte zusammen, als sie der nächste Schlag traf und Tränen liefen ihr über die Wangen. Sie wusste, dass Violette hinter ihr stand und alles genauestens beobachtete, aber sie hatte keine Ahnung, woran Violette festmachte, wann sie genug gelitten hatte.
Der nächste Schlag war heftiger und sorgte dafür, dass Kathleens Knie nachgaben, sodass sie nur noch von den Handschellen aufrecht gehalten wurde. Sie verspürte schon lange keine Wut mehr auf Simon, Violette oder auf Jason, der nicht da war um sie zu beschützen. Sie war viel zu sehr abgelenkt durch ihren Schmerz und wünschte sich, einfach in Ohnmacht zu fallen.
Der Mann, der die Bestrafung ausführte war Violettes persönlicher Handlanger Oleg. Kathleen hatte ihn noch nicht so oft gesehen, weil er scheinbar einige Privilegien hatte, die den anderen nicht zustanden. Er war groß und kräftig, hatte aber sehr gepflegte Hände, die vermuten ließen, dass er nicht nur Drecksarbeit verrichtete, sondern der Herrin auch manchmal die Haare kämmte. Wie Delilah ja bereits angemerkt hatte, waren die Diener für die Herren in ihren Aufgaben völlig geschlechtslos.
Kathleen wusste, dass es sich nicht lohnte wütend auf Oleg zu sein. Genau wie alle anderen, gehorchte er nur Violettes Befehlen. Und wenn der Befehl lautete Kathleen den Rücken blutig zu schlagen, dann würde er das solange tun, bis Violette ihm etwas anderes befahl. Nein, sie konnte ihn nicht dafür hassen. Höchstens seinen Mangel an eigenem Denken, oder Violettes Hartherzigkeit und Gleichgültigkeit gegenüber den Gefühlen der Diener.
Ein weiteres Mal knallte die Peitsche auf ihren Rücken und Kathleen glitt dankbar in ein Stadium zwischen Wachsein und Bewusstlosigkeit, in dem ihr alles um sie herum egal war und sie nicht mehr den brennenden Schmerz spürte, sondern nur noch ein dumpfes Pochen im Rücken, das ohne weiteres zu ertragen war. Nicht mehr lange, dachte sie. Nicht mehr lange und sie würden aufhören. Irgendwann mussten sie doch schließlich aufhören, oder?
Wieder und wieder erhob Oleg die Peitsche, um sie auf den Rücken der schutzlosen Frau knallen zu lassen. Die ersten paar Schläge hatten trotz der Wucht, die Oleg angewandt hatte kaum einen Kratzer hinterlassen, weil ihre Haut wie die aller Diener unglaublich resistent war. Doch nach und nach hatte sie angefangen nachzugegeben, bis am Ende der ganze Rücken rot getränkt aussah. Diener verloren kaum Blut, weil sie durch ihren eingefrorenen Zustand keine aktive Zirkulation besaßen. Doch an den Stellen, wo die Haut aufgeplatzt war, sah man das Fleisch und ein paar einzelne Blutstropfen liefen
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