Nuerburghoelle
Ermittlungstheorien zu brüten. Das ist doch alles Tinnef«, meinte er nicht gerade begeistert von seiner wichtigen Ausbildertätigkeit für angehende Spitzenkräfte der Kriminalpolizei.
Er war von Bahn ausführlich in Szene gesetzt worden. Die beiden hatten immer ein enges Verhältnis gepflegt und dabei manches Verbrechen aufgedeckt. Der Spagat zwischen der Arbeit der Presse und der Tätigkeit der Verbrechensaufklärung war ihnen immer wieder gelungen, ohne dass einer den anderen übervorteilt hätte.
»Und jetzt sollst du tatsächlich selbst Opfer eines Verbrechens werden.« Küpper schüttelte den Kopf. »Kann ich mir eigentlich nicht vorstellen.«
»Ist aber so!«, brauste der Journalist sofort auf. »Meinst du etwa, das ist ein Kinderspiel, was da gerade abgeht?«
»Immer mit der Ruhe«, mischte sich Böhnke ein, der am Küchentisch den Kaffee eingeschenkt hatte. Die drei Männer mussten sich den Platz teilen, auf dem üblicherweise nur zwei saßen und aßen.
»Ich möchte gerne mit euch einen Ansatz verfolgen, der uns weiterbringen könnte«, fuhr der Gastgeber fort. »Herr Bahn, wer könnte Ihnen den Tod wünschen? Wer hasst Sie so sehr, dass er Sie unter die Erde bringen will? Diese Frage stelle ich mir. Und daraus folgt die nächste Frage: Warum will Ihnen jemand das Lebenslicht auspusten?« Er runzelte die Stirn, während er seine beiden Besucher betrachtete. »Dabei unterstelle ich die Ernsthaftigkeit der Anschläge.«
Küpper räusperte sich. »Also, Helmut, wem hast du auf den Schwanz getreten? Oder wem trittst du demnächst auf denselben?«
»Du meinst, die Geschichte hat etwas mit einer aktuellen Recherche zu tun?« Er konzentrierte sich und führte nachdenklich die Kaffeetasse zum Mund. Er zitterte leicht, wie Böhnke beobachtete. Bahn schien gewaltig unter Stress zu stehen.
»Vielleicht, vielleicht auch nicht«, antwortete der Bernhardiner. »Nichts ist unmöglich.«
»Also«, Bahn pustete durch. »Ihr müsst mir versprechen, nichts weiterzusagen. Vor allem Krupp nicht, denn die Geschichte, an der ich gerade dran bin, spielt auch im Kreis Heinsberg, und das ist sein Revier. Angeblich will eine Schokoladenfabrik ihre Betriebsstätte entweder in den Kreis Düren oder in den Kreis Heinsberg verlegen. Das würde hier wie dort einige Hundert Arbeitsplätze schaffen. Aber es hat den Anschein, als ob es bei den Genehmigungen und den Grundstücksgeschäften nicht unbedingt gesetzeskonform zugeht. Da habe ich mit meiner Recherche vielleicht einigen zu feste auf den Schlips getreten. Aber, wie gesagt, haltet bloß die Klappe!«
Das war typisch, dachte sich Böhnke. Ein ähnliches Verhalten eines Journalisten hatte er auch schon miterlebt. Da gönnte einer trotz aller Kollegialität dem anderen nicht das Schwarze unter dem Fingernagel, wenn er einer Exklusivgeschichte hinterherjagte. Aber ging er dafür auch über Leichen? Ehrlich gesagt, traute er eine derartige Kriminalität Krupp nicht zu. Aber man konnte niemand hinter die Augen blicken, wie er schon mehrfach leidvoll erfahren hatte. Doch wollte er das Thema Krupp jetzt nicht thematisieren.
Selbst wenn das eigene Leben in Gefahr schien, war die Exklusivität anscheinend wichtiger als die Sicherheit des eigenen Lebens. Bahn würde dieser Behauptung zwar widersprechen, da war sich Böhnke sicher, aber sie traf trotzdem zu, und Bahn würde auch danach handeln.
»Das mag ein Ansatz sein«, mischte sich Küpper ein. »Aber ich glaube nicht, dass ein Konzern oder eine Verwaltung zum einem zu einem so radikalen Mittel greift und zum anderen derart geschäftsschädigend zu Werke geht. Ich meine eher, es hat etwas mit der Vergangenheit zu tun.«
»Glaube ich auch«, bestätigte Böhnke, »zumal jeder Betroffene davon ausgehen muss, dass es nicht nur einen Journalisten gibt, der sich für das Unternehmen interessiert. Es wird ja wohl so sein, dass auch andere etwas gehört haben könnten oder hellhörig würden, wenn Ihnen etwas zustoßen würde.«
Bahn blickte kurz zu Böhnke, dann wandte er sich an Küpper. »Du meinst also, jemand will sich an mir rächen?«
Küpper hob beschwichtigend die Arme. »Kann sein, muss aber nicht sein. Möglicherweise will ein Hansel auch nur verhindern, dass du ihn nochmals ins Visier nimmst. Beispielsweise, weil er gerade aus dem Knast gekommen ist.«
Bahn konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. »Du solltest ja wohl meine Gedächtnisstütze sein. Wenn ich mich richtig erinnere, habe ich nur Fälle geknackt und
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