Nuhr, Dieter
Und selbst überzeugte Atheisten glauben
teilweise an die absurdesten Dinge: pünktliche Züge, ewige Liebe und
ausreichend Rente. Dagegen wirken doch Geister erstaunlich real.
Österreich -
Deutschland 24. Juni 2008
Als Fußballfan war ich beim Spiel Osterreich -
Deutschland. Das hatte zwar mit Fußball nicht allzu viel zu tun, aber interessant
war doch, wie friedlich das alles ablief, das Spiel und das Drumherum. Das ist
ja nicht selbstverständlich! 1866, bei Königgrätz, haben wir noch Krieg
geführt, nicht elf gegen elf, sondern alle gegen alle. Und schon damals haben
wir gewonnen, beziehungsweise nicht wir, sondern Preußen, was damals auf
dasselbe herauskam. Und fünf Jahre später war Osterreich bei der Reichsgründung
nicht einmal qualifiziert.
Bis dahin wäre kein Mensch auf die Idee gekommen, dass
Österreich nicht deutsch wäre, das war einfach selbstverständlich. Und man
wurde dort ausgesprochen gerne heim ins Reich geholt.
Bis dann 1945 der Krieg verloren ging und 1978 die Schmach
von Cordoba folgte, Österreich schlug Deutschland! Die Geschichte dieses
Spiels ist bis heute für die Österreicher, was für uns die Nibelungensage ist:
das nationale Gründungsepos ...
Plötzlich hat sich in Österreich keiner mehr daran
erinnert, dass es zu Deutschland eine gewisse historische Verbindung gab.
Plötzlich waren alle Österreicher wieder Österreicher. Außer Hitler, der blieb
Deutscher. Aber das Trauma ist geblieben. Wahrscheinlich fürchten die
Österreicher, dass wieder ein Österreicher kommen könnte, der sagen würde: »Wir sind jetzt Deutsche!« Das käme heute nicht mehr so gut an,
weil die Österreicher seit Cordoba, seit diesem 3:2, eine eigene Identität
besitzen.
Nun haben wir wieder gegen Österreich gespielt, und was
ist passiert? Nichts! Die Österreicher machen uns nicht einmal einen Vorwurf,
weil sie glauben, der Schiedsrichter sei schuld an der Niederlage.
Wahrscheinlich war auch 1945 der Schiedsrichter schuld und 1938 erst recht.
1866 sowieso. Wobei das so nicht stimmt. Damals hatten die Österreicher gar
nicht die schlechteren Einzelspieler, aber taktisch waren sie unterlegen. Man
weiß doch, dass Moltke über die Flügel kommt. Aber der Österreicher, mit
Generalfeldzeugmeister Ludwig von Benedek, spielte viel zu defensiv, und das
weiß man doch, dass das am Ende oft bestraft wird. Entscheidend ist eben
»aufffn Platz«, wie man unter Fußballfachleuten sagt.
Es ist doch schön, dass man heute nicht mehr 400 000 Leute
aufeinanderhetzt, sondern elf gegen elf. Das ist Zivilisation - wenn klare
Regeln herrschen und Österreich verliert.
Ist Lachen gesund? 9.
September 2008
Neulich hörte ich wieder jemanden neben mir sagen: »Lachen
ist gesund!« Und da fiel mir auf: Das stimmt! Man erkennt es daran, dass Leute
mit schweren Schmerzen oft überhaupt nicht lachen. Schmerzhafte Krankheiten
machen humorlos.
Bei der Entbindung beispielsweise lacht niemand. Wobei
eine Entbindung natürlich keine Krankheit ist. Schwangersein ist ja eine
Freude, ein Grund zur Heiterkeit, und es wäre noch viel schöner, wenn die
Kinder den Bauch verlassen würden, solange sie noch durch die Türe passen.
Aber egal...
Auch das Kind lacht nicht, wenn es auf die Welt kommt. Es
schreit! Weil es instinktiv weiß: Das gibt Ärger da draußen!
Wobei ich dazu sagen muss: Es gibt auch Kinder, die als
Allererstes lachen. Aber da müssen die Eltern und der Arzt und die Hebamme
schon richtig bekloppte Fressen haben, funny faces, wie man in England sagt.
Kinderhumor ist ja auch grausam. Die gucken einen an, und dann lachen sie sich
kaputt. Kindermund tut Wahrheit kund.
Man sollte darüber ebenfalls lachen. Lachen ist gesund!
Das hat selbst Immanuel Kant gewusst, der alte Humorist. Der hat gesagt: »Das
Lachen ist der Lebenskraft zuträglich, denn es fördert die Verdauung.« Das
wusste ich gar nicht. Ich verdaue gerne, auch ohne zu lachen. Und habe mir auch
noch nie vor Lachen in die Hose gemacht. Das ist ja auch so ein Klischee. »Ich
hab mich nass gemacht!«, sagt man dann. Hahaha! Ich muss sagen, da bin ich ja
eher ein Freund des trockenen Humors.
Ich lache ja gerne auch mal über mich selbst. Und das ist
wirklich eine Kunst. Da muss man sich ja praktisch selber einen Witz erzählen,
den man noch nicht kennt. Gut, oft genügt ja auch ein Spiegel. Weil der Mensch
an sich ja ein Witz ist. Aber oft bleibt einem dann das Lachen im Halse
stecken. Wobei das natürlich auch Quatsch ist. Noch nie ist
Weitere Kostenlose Bücher