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Nuhr, Dieter

Nuhr, Dieter

Titel: Nuhr, Dieter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nuhr auf Sendung
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vorbei; es hat allerdings auch seine Vorteile: Wenn beispielsweise kein
Papier mehr da ist, kann ich mit einem dect-Homehandy per Internruf
gebührenfrei eine neue Rolle bestellen. Früher müsste ich immer durch die
Wohnung brüllen: »Papier ist alle!«
    Das erledige ich heute per Sammelruf an alle Mobilteile.
Wobei dann der Stress mit den Mobilteilen darin liegt, dass sie zwar klingeln,
man aber nicht weiß, wo sie liegen. Man hat nur fünf Klingelzeichen, und schon
geht der Anrufbeantworter an.
    Oder der Anruf wird weitergeschaltet auf das Handy, damit
ich auch draußen überall alle Anrufe mitkriege, zum Beispiel im Theater oder im
Konzert, wo ja auch jedes Mal irgendein Idiot wieder an der leisesten Stelle
sein Tönchen erklingen lässt, diesen Nullachtfuffzehn-Klingelton, der jedem
signalisiert: »Auch ich habe ein Handy! Ich habe es für 1 Mark gekauft und bin
zu blöd, den Vibrationsalarm einzustellen!« Danke, Volltrottel!
    Wer immer erreichbar sein muss, gehört zum Sklavenstand!
Und selbst für Sklaven gibt es eine Mailbox. Ich bin kein Sklave. Ich habe
meine Mailbox abgeschafft. Für mich ist so ein Anrufbeantworter das
allerschlimmste Terrorgerät, weil es mich zum Rückruf zwingt. Und wenn man
selber anruft, ist natürlich entweder besetzt oder der Anrufbeantworter ist
dran. Warum gibt es eigentlich nur Anrufbeantworter - und keine Anrufer? So
eine kleine Kiste, die genau wie ein Anrufbeantworter aussieht, die aber
selber anruft und sagt: »Hier ist der automatische Anrufer. Herr Nuhr kann Sie
momentan nicht anrufen, bitte sprechen Sie nach dem Piepton!« Und dann geht der
Anrufbeantworter dran, und der automatische Anrufer von dem ruft dann zurück
und so weiter, und dann könnten sich die Geräte untereinander unterhalten. Und
es wäre Ruhe, himmlische Ruhe. Aber da höre ich mein Telefon. Ich geh dran,
tschö.
     
    Liebeskrank 23. Februar 2001
    Heute Morgen habe ich auf der Autobahn in einer Vollsperrung
gestanden. Das hat gedauert - und plötzlich dachte ich an »Liebe«. Jetzt denken
Sie vielleicht: »Hat der noch alle Tassen im Schrank? Was hat eine Vollsperrung
mit Liebe zu tun?« Nun, neben mir im Auto saß eine junge Frau, die so schön
war, dass ich richtig philosophisch wurde und dachte: »Wenn man schon irgendwo
im Universum festsitzt, dann könnte man doch die Zeit nutzen, um mal ein
bisschen ...« Ich bin dann mal rüber zu ihr und habe sie gefragt, ob man nicht
in dieser Situation des Verhaftetseins in Raum und Zeit, der willkürlichen
Geworfenheit in den schicksalhaften Stillstand, ob man da nicht die eigene
räumliche Existenz in einen Zustand kosmischer Ekstase und Lust und ... Sie
meinte auch gleich, ich solle mich verpissen.
    Sie hatte da wohl philosophisch einen anderen Ansatz. Ich
sehe das mehr so: Im Prinzip ist das ganze Leben eine Vollsperrung. Man hängt
da herum in seiner kläglichen, organischen Existenz herum, und das Einzige, was
einen aufrechterhält, das ist doch die Liebe.
    Wenn man dann aber konkret anfragt, geht das bei den Damen
meistens schief, ganz egal, wie tiefgründig man argumentiert ... Wir Männer
werden von Frauen einfach nicht verstanden. Und deswegen beurteilen die uns
auch so gnadenlos. Ich habe im Fernsehen neulich »Girls Camp« gesehen, da
wurden zehn Frauen gemeinsam eingesperrt, so eine Art »Big Brother« für
Notgeile - aber seitdem weiß ich, wie Frauen über uns denken: Für die sind wir
Wegwerfobjekte. Wen interessiert schon unsere Seele? Dass wir Männer
vielleicht tief in unserem Inneren der Liebe bedürfen und deshalb einen Partner
brauchen, der uns in unserer existentiellen Not auch mal ... ranlässt - und
wenn's im Stau ist. Das ist es, was die Damen nicht verstehen: Männer haben
ständig Stau! Nicht nur auf der AI! Sondern überall. Da hilft auch der ADAC
nicht. Schade.
     
    Straßenbau 26.
Februar 2001
    Als ich heute aus dem Haus ging, haben die Vögel gesungen.
Wundervoll - vor allem im Duett mit dem Presslufthammer nebenan. Bei uns wird
nämlich wieder die Straße aufgerissen. Das ist so ein gewohnheitsmäßiger
Vorgang, der etwa fünf Mal im Jahr vorgenommen wird. Wenn die städtischen
Arbeiter wieder dieses Jucken in den Händen spüren, dann holen die die
Presslufthämmer raus und kommen zu uns.
    Warum die Straße aufgerissen wird, weiß keiner. Ich glaube,
es geht um Wasser, Gas oder Strom. Wenn die Stadt nicht mehr weiß, was sie mit
den Steuergeldern tun soll, beschließt ein Ausschuss, dass der Strom fortan
durch die

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