Nuhr, Dieter
Pellkartoffel...
Aber das kommt alles: Bald hat ein Klo einen Mikrochip,
der an den Geräuschen des Stuhlgangs erkennt, wie viel Papier ausgegeben werden
muss. Das ist Wahnsinn.
Die Türklingel spielt Modern Talking im
Dolby-Surround-Sound. Wobei ich sagen muss: Wenn in meiner Wohnung irgendwann
mal irgendetwas Modern Talking im Dolby-Surround-Sound spielt, dann ziehe ich
um. Aber das kommt alles: Das Klo, das die Urinwerte überprüft, das ist schon
jetzt kein Scherz, das ist schon da! Der Kühlschrank bestellt die Milch. Der
erkennt an einem Barcode, ob Milch da ist, und bei Fehlmengen bestellt er
selbstständig welche, auch wenn Sie gar keine Milch wollen. Dann sagt der
Kühlschrank: »Ich will aber ...« Das ist schön für Eltern, deren Kinder aus dem
Haus sind, da muss man sich nicht umgewöhnen.
Dann steht immer in irgendeiner Ecke so ein trotziges Elektrogerät,
das einem auf die Nerven geht: »Ich will aber Staub saugen. Ich bin ein
Staubsauger, ich will Staub saugen. Und zwar sofort!« Am Ende schließt man das
Scheißding ohne jeden Brotkrümel in den Küchenschrank. Als Nächstes kommen
dann Elektropädagogen und sagen: »Nein! Der Staubsauger wird einen seelischen
Schaden erleiden.« Und dann wird man Schuldgefühle haben, und so wird die
Technik immer heimeliger ...
Natürlich wird sich die Technik auch emanzipieren und
Widerworte geben. Und das wird gut sein. Gucken Sie sich das doch heute mal im
Auto an, wenn diese sympathische Frauenstimme sagt: »Jetzt rechts abbiegen«,
und Sie fahren geradeaus weiter, und die Stimme beschwert sich nicht mal. Diese
Willenlosigkeit der Elektronik finde ich schrecklich.
Wissen Sie, was wirklich intelligente Technologie sagen
wird? Sie wird sagen: »Ich habe rechts abbiegen gesagt! Warum rede ich hier
eigentlich? Rede ich gegen eine Mauer? Wenn ich >rechts abbiegen< sage,
dann meine ich nicht >geradeaus weiterfahren<. Aber so bist du. Ich hätte
auf meine Mutter hören sollen ...«
Wenn es das gibt, werden Sie Ihren Wagen auch nicht mehr
verkaufen, sondern sich von ihm scheiden lassen - und den Wagen den Rest seines
Lebens mit Benzin versorgen. Das ist intelligente Technologie. Vielleicht
schon auf der nächsten CeBit.
Alkohol und
Fröhlichkeit 9. April 2001
Mein Gott, hab ich einen Schädel. Ich vertrag einfach kein
Bier. Und gestern Abend ... man denkt: »Ist doch wurscht, rein damit, das ist
der Kreislauf der Dinge, das Wasser, das im Meer verdunstet, regnet auf dem
Land wieder ab, geht in die Flüsse, in die Brauerei, wird zu Bier, dann in den
Kopp rein, Magen, Blase, ab in die Schüssel... Und von da aus wieder rein in
Fluss und Meer und alles wieder von vorn ...« Aber irgendwas muss sich da bei
mir im Schädel verhakt haben.
Ich könnte sterben ... ich sag das nur so. Ich weiß ja,
dass ich wahrscheinlich nie sterben werde. Das lehrt die Erfahrung, denn es
ist ja noch nie vorgekommen, sonst wäre ich ja tot. Warum sollte es also in
Zukunft passieren? Aber trotzdem rechnen viele damit, dass sie irgendwann
einmal ableben müssen. Und deshalb haben viele Menschen schon ständig schlechte
Laune, bevor sie sterben. Und deshalb trinken sie Bier.
Denn der einzige Ort, an dem Menschen immer gute Laune
haben, ist in der Bierreklame. Die trinken Bier, und dann lachen sie und freuen
sich, und dann sind da immer Frauen dabei ... während im richtigen Leben Frauen
eher Mangelware sind, wenn Männer sich zum Bier treffen. Die Biertrinker im
richtigen Leben sehen auch nicht so aus wie die, die sich in der Werbung von
diesem riesigen Segelschiff ins Wasser stürzen. In der Bierwerbung sind alle
sportlich und springen einen perfekten Kopfsprung, während ein richtiger
Biertrinker ja eher eine Bombe macht und nicht so dynamisch springt und lacht -
nein, er speichelt beim Sprechen, glotzt walfischartig in die Runde und fällt
dann wie ein nasser Sack besoffen von der Reling ...
Oder Rum! In der Rumreklame! Bacardi! Unglaubliche Frauen
tanzen am Strand, und die Kerle hauen sich den Fusel in den Schädel. Das
verstehe ich nicht. Wenn solche Frauen um mich tanzen, da saufe ich mich doch
nicht bewusstlos!
Die tanzen, die Unterleiber schwingen ... aber mehr auch
nicht. Da passiert ja nie was, oder haben Sie in der Werbung schon mal gesehen,
dass die dann anfangen, so richtig ... aber wie auch? Bei dem ganzen Fusel ist
ja nicht nur der Schädel breit. Da kann der Rum noch so gut sein, nach der
ersten Flasche ist in der Hose dann wahrscheinlich doch bloß nur
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