Nuhr, Dieter
sind
glücklich, und das Geld kommt aus dem Farbkopierer. So könnte es gehen.
Alles geht schief. 4. Februar 2002
Warum geht eigentlich immer alles schief? Ich bin auf die
Frage gekommen, weil mir die Cola-Dose im Auto umgefallen war, mitten auf der
Autobahn; das Zeug lief langsam in die Sitzritzen, und ich habe mich dann so
rüber gebeugt (ich lenke dann immer mit den Zehen weiter), bin so mit dem
Oberkörper hinunter in den Fußraum, und während ich mit dem Bein versuchte, die
Geschwindigkeit von 185 Kilometer pro Stunde konstant zu halten, da kam mir
der Gedanke: »Was machst Du hier eigentlich?«
Ich frage mich, ob die Menschen der Steinzeit ähnliche Probleme
hatten. Ob es bei denen auch schon so war, dass alles, was schiefgehen konnte,
dann auch schiefging? Die kannten noch keine Cola-Dosen, aber ich bin mir ganz
sicher, dass auch bei denen schon alles immer im ungünstigsten Moment passiert
ist.
Wahrscheinlich haben die stundenlang da gesessen, mit dem
Feuerstein Funken geschlagen, Stöckchen gerieben, und gerade in dem Moment, wo
es so ein bisschen zu qualmen anfing, kam der Hund und - ein kleiner Strahl,
das Feuer aus, die Lederbuxe voller Spritzer und weit und breit keine chemische
Reinigung. Und dann sagte die Stammesmutter: »Mann, zu blöd zum Feuer machen!
Hoffentlich erfindet bald mal einer den Bunsenbrenner!« Das können Frauen
einfach: Wenn schon alles schiefgeht, dann noch einen Spruch hinterherschieben
...
Und schief geht immer was. Das wird auch so bleiben.
Irgendwann sausen wir mit Lichtgeschwindigkeit durchs Weltall, und dann legen
wir garantiert ausgerechnet den teuersten Mantel auf das Raumschiffdach, räumen
alles ein, vergessen den Mantel, und wenn wir dann auf der anderen Seite vom
Wurmloch angekommen sind und aussteigen, stellen wir fest: Der Mantel noch im
Paralleluniversum. Den sehen wir nie wieder.
Vielleicht landet der dann auf irgendeinem Planeten, wo
die Entwicklung noch nicht so weit fortgeschritten ist. Da findet einer das
Stück, guckt in die Tasche, findet ein Feuerzeug und sagt: »Super! Ein
Feuerzeug! Nie mehr Funken schlagen und Stöckchen reiben. Und wenn der Hund
kommt, zünd ich ihm den Schwanz an.« Es geht zwar meistens alles schief, aber
nicht immer, und das ist doch auch schon was wert...
Umtausch 5. Februar
2002
Früher habe ich viel Zeit mit Einkaufen zugebracht. Heute
ist das schwieriger, denn zu jedem Einkauf kommt ja noch der Umtausch dazu.
Weil alles kaputt ist. Deshalb lahmt bei uns auch die Wirtschaft, weil jedes
Teil zweimal hergestellt werden muss - einmal kaputt und einmal zum Umtauschen.
Mindestens.
Nehmen wir meinen Pocket-PC: Erst war das Display hin,
dann bekam ich ihn zurück, nur fiel dann immer der Eingabestift oben raus,
weil ein Plastikschnippel abgebrochen war, ich also wieder hin, wieder
umgetauscht. Das heißt, ich habe einen Pocket-PC bezahlt und drei bekommen. Und
die Garantiezeit ist noch nicht mal um.
Es gibt da noch einige Plastikschnippel, die abbrechen
könnten. Erst gab es die Steinzeit, dann die Bronzezeit, Eisenzeit und jetzt
ist Plastikschnippelzeit. Ich glaube, Plastikschnippel sind überhaupt nur dazu
da, um abzubrechen. Allerdings normalerweise nach der Garantiezeit.
Weil dann immer gleich alles neu gekauft werden muss. Man
kann ja nicht einfach den Plastikschnippel austauschen, sagen die im Laden.
Wobei die im Laden eh nix wissen. Die haben auch keine Ahnung, was sie da
verkaufen. Die sehen nur: Schnippel ab, neu. Ein neuer Schnippel würde 3 Cent
kosten, und deshalb gibt es ihn nicht.
Damit die Wirtschaft floriert. Zack, da bricht ein Schnippel
ab, und schon hat wieder jemand Arbeit, der neue Geräte mit Plastikschnippeln
herstellt. Und deshalb sollten im Grunde überhaupt überall Plastikschnippel
abbrechen. Über so etwas haben die in der Eisenzeit gar nicht nachgedacht,
weshalb es denen auch so schlecht ging. Denn aus Eisen machte man hauptsächlich
Schwerter und Pflüge, und wenn nicht gepflügt wurde, hat man sich mit den
Schwertern abgestochen. Nur das Schwert ging dabei nicht kaputt. Das einzig
Kaputte waren die Kunden für neue Schwerter, und das ist ja nicht produktiv -
wenn die Ware ewig hält, und der Kunde ist tot. So schafft man keine
Arbeitsplätze.
Heute lässt man den Kunden leben, und die Ware geht kaputt.
Und das ist gut so. Ich habe zum Beispiel eine Dolby-Surround-Anlage gekauft.
Ich habe nicht damit gerechnet, dass alles in Ordnung wäre, aber CDs sollte sie
schon abspielen. Sollte sie.
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