Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nuhr, Dieter

Nuhr, Dieter

Titel: Nuhr, Dieter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nuhr auf Sendung
Vom Netzwerk:
Wellpappensärge. Pappe! Wahrscheinlich denken die Nachkommen: »Wir
haben schon genug unter ihm gelitten, jetzt sollen sich nicht auch noch die
Würmer die Zähne ausbeißen.« Und diese Pappsärge kosten ja nix. Die kann man
wahrscheinlich bald im Kaufhof in der Schreibwarenabteilung kaufen - und dann
selber falten.
    Das ist billiger, und billig liegt im Trend, gerade beim
Sarg! Wahrscheinlich gibt es bald auch Pressspanbausätze im Baumarkt, die man
am Ende wieder nicht zusammenkriegt, weil die Bedienungsanleitung auf
Isländisch geschrieben ist - aber egal: Das ist dann Trauerarbeit mit
Holzkleber und Akkuschrauber. Da wird der Tod zur handwerklichen
Herausforderung. So was kannte man früher nur, wenn der Ehegatte zersägt wurde,
und das kam ja nur in Ausnahmefällen vor ... Aber bald wird das normal sein.
    Die Bestattungsindustrie aber, die stirbt. Und die ist so
groß - so einen großen Sarg gibt es gar nicht. Deshalb machen die jetzt eine
Marketingoffensive mit Kundenwerbung und Ausstellungen. Und was bezwecken sie
damit? Sie wollen überleben. Das verstehe, wer will.
     
    Italienische
Momente 2. Mai 2002
    Allora, ecco, sono solo ... Ich wollte
eigentlich Italienisch lernen, weil ich Italien liebe. Die sind so locker da
unten, das finde ich toll. Man steht abends auf der Straße mit Paolo und Gianluca
und trinkt ein bisschen Rotwein, und Gianlucas Schwester tanzt ein bisschen,
und wenn man dann ein bisschen zu lange hinguckt, da ist Gianluca ganz locker,
da wird man erschossen. Das ist diese italienische Lebensart...
    Man lebt mit der Großfamilie - super, oder? Das habe ich
meiner Freundin erzählt, und die meinte gleich: »Toll, dann kann ich ja meiner
Mutter sagen, dass sie bei uns einziehen kann.« Sie hat das nicht ernst
gemeint, hoffe ich, aber meine Liebe zu den italienischen Verhältnissen ist
seitdem ein bisschen angeschlagen. Ich bin sogar in die Kirche gegangen, habe
eine Kerze angezündet und gebetet: »Herrgott, lass es einen Scherz gewesen
sein.« Und das wiederum fand ich sehr italienisch - dieses Gottesfürchtige,
wie man es aus dem Kino kennt, wo man doch in Italien immer in die Kirche geht,
bevor man den lieben Nächsten in den Brückenpfeiler einbetoniert.
    Es ist diese Romantik, die auf uns einen solchen Eindruck
macht. Deshalb muss alles immer italienisch sein. Kaffee zum Beispiel. Ich
liebe Espresso, Cappuccino. Wirklich. Aber wieso trinkt das jetzt plötzlich
jeder? Ich habe neulich in irgendeinem Dorf versucht, einen deutschen Kaffee zu
bekommen. Ab und zu hat man ja solche Anflüge, auch mit Bratwurst oder Bohneneintopf.
Und ich dachte, so ein richtig mieser Bohnenkaffee Baujahr 1955, das wäre es
jetzt! Aus der Filtertüte. Es war nicht möglich. In jedem Café wurde mir
mitgeteilt: »Eh, wir habe bäste Espresso nördlich von Neapel. Was du wolle
Filtertüte?«
    Irgendwann werden wir in die Toskana fahren müssen, um mal
wieder ein richtiges deutsches Essen zu bekommen. Ich liebe das Italienische
wirklich, aber es ist nichts Besonderes mehr. Irgendwann werde ich in der
Toskana ein deutsches Restaurant aufmachen mit Bratwurst und Filterkaffee. Und
dann werde ich allen Italienern von zu Hause vorschwärmen, ein Heim ohne
Berlusconi, wo die Schwiegermutter nur an Weihnachten vorbeikommt und keiner
bei der Arbeit singt. Und die Italiener werden sagen: »Geil. Deutsch gut. Ich
habe Kaffeemaschine von Tchibo, keine Crema, super.« Und dann werde ich in der
Toskana bleiben. Es ist halt einfach super da unten.
     
    Abitur 13. Mai
2002
    Was ist bloß aus der Jugend geworden? Manche sagen: »Bei
uns war alles anders, da war die Schule noch in Ordnung.« Schön, wenn man so
etwas glauben kann, aber ich hab da eine andere Erinnerung.
    Ich habe mein Abitur seit 1979. Für die Jüngeren: Das war
schon nach dem Krieg! Ja. Viele glauben heute, dass das Abitur damals
schwieriger gewesen wäre. Ich aber sage: Wer bei uns das Abitur nicht geschafft
hat, der war hirntechnisch ein Fall für den Tierarzt.
    Ich hab es gepackt, und ich war faul wie ein schimmeliger
Sack Kartoffeln. Aber es gab ja Sport. Ich habe die Hälfte meiner Abiturpunkte
in Sport bekommen. Ansonsten Englisch, Geschichte, Religion als Abiturfächer,
das ging! Ohne Sport wäre ich gescheitert. Ich will mir gar nicht vorstellen,
womit ich heute mein Geld verdienen müsste, vielleicht als Komiker!
Entsetzlich.
    Also habe ich meine Hochschulreife dem Schulsport zu verdanken.
Unser Sportlehrer war ein ausgefuchster Pädagoge. Der hat einem

Weitere Kostenlose Bücher