Nuhr, Dieter
...« Ich habe zwar schon eine, aber
egal, 2 Euro sind nicht die Welt! Nach zehn Stationen musste ich umsteigen,
hatte aber bereits einen ganzen Stapel Obdachlosenzeitungen und dachte: »Was
mache ich damit? Die sind ungelesen, die kannst du doch nicht wegwerfen?« Ich
also rein in die nächste Bahn, und plötzlich sprudelte es einfach aus mir
heraus: »Juten tach, ick bin durch unglückliche Umstände an zehn
Obdachlosenzeitungen geraten ...« Am Ende hatte ich noch genau eine Zeitung
übrig und mit Trinkgeld ein Plus von 2,10 Euro erwirtschaftet, also genau den
Betrag, den die Fahrkarte gekostet hatte. Einmal umsonst durch die Stadt, das
ist doch was. Berlin ist schön - und preiswert. Fahren Sie hin.
Am Baggersee 1. August 2002
Gerade komme ich vom Baggersee. Ich bin total fertig.
Nicht vom Schwimmen, sondern von den Gestalten, die da rumhängen. Am Baggersee
will ich ja eigentlich entspannen, da finde ich es eher unangenehm, wenn um
mich herum alle einen Ghettoblaster haben und mit 180 Dezibel Rammstein in den
Äther dröhnen oder AC/DC, gerne auch gemischt, das eine von links, das andere
von rechts ... Nach einer Stunde am Baggersee denkt man: »Hey, ich will an
einen ruhigen Ort, vielleicht irgendwohin, wo Flugzeuge starten oder
Presslufthämmer rütteln ...«
Daneben fummeln ein paar frisch Verliebte. Nichts dagegen.
Bitte gerne. Aber wenn ich da eine halbe Stunde zugesehen habe, muss ich zur
Abkühlung ins Wasser. Das halte ich einfach nicht den ganzen Tag aus. Aber im
Wasser sind dann die Surfer. Die sind immer da, auch wenn kein Windchen geht.
Ein toller Sport: Auf einem Brett stehen und auf Wind warten.
Zwischen badenden Hunden. Das ist ja so das Tolle am Baggersee,
dass da auch Hunde ins Wasser dürfen, nachdem sie draußen ihr Revier markiert
haben - ein Häufchen hier, ein Bächlein da. Wunderbar. Das ist Natur. Man kann
sich aussuchen, worauf man sich bettet, den Müll einer Jugendgruppe, tierische
Überreste, Aschehaufen vom Lagerfeuerabend oder vielleicht übrig gebliebene
Kondome? Alles da.
Kein Wunder, dass viele das nicht mehr mit ansehen möchten
und gleich unter Wasser bleiben. Mit Taucherausrüstung. Was sucht man
eigentlich beim Tauchen im Baggersee? Liebe Baggerseetaucher: Überreste der
spanischen Armada werdet Ihr da nicht finden! Vielleicht ein paar Besoffene vom
Vorjahr, aber mehr ist nicht drin. Ich gehe ab sofort jedenfalls wieder ins
öffentliche Schwimmbad. Da weiß ich wenigstens, was im Wasser um mich herum
ist: Kinderpipi. Das kenn ich, da bleib ich.
Grillen 28. August 2002
Ich bin schon froh, dass es endlich auf den Herbst zugeht.
Endlich ist die Grillsaison vorbei. Ich habe ziemlich viel gegrillt diesen
Sommer, eigentlich immer, wenn es heiß war. Das ist ja so üblich bei uns. Wenn
das Thermometer über 30 Grad steigt, sagt sich der Deutsche: »Super, da mache
ich ein Feuer an.« Andere Völker heizen im Winter, wir aber machen Feuer, wenn
es eh schon heiß ist. Erstaunlich.
Jetzt ist mir schlecht. Grillwürstchen sind für einen
Körper nur in geringen Mengen zu verarbeiten. Kleingehackte Tiere im eigenen
Darm sind nicht unbedingt das, was so ein menschlicher Körper braucht bei 30
Grad. Geier sind zwar auch Aasfresser, und wo die wohnen, ist es ja auch immer
heiß. Aber die fressen keine Grillwürstchen. In Grillwürstchen ist ja alles
drin, auch Knorpel und alles andere, was ein Geier gar nicht essen würde. Wenn
die Menschen wüssten, was in einer Grillwurst enthalten ist, dann würden sie
ihr Grillfleisch lieber von der Autobahn kratzen.
Aber mit ein paar Litern Bier geht es. Deswegen gibt es
beim Grillen immer Bier. Viel Bier. Wegen der Hitze. Nicht weil der Körper
Flüssigkeit brauchte. Nein. Natürlich braucht der Körper Flüssigkeit, aber Bier
ist ja Alkohol, also dehydrierend - es entzieht dem Körper mehr Flüssigkeit,
als es zuführt.
Also ist Bier saufen bei Hitze eigentlich kontraproduktiv.
Aber deswegen machen es ja alle. Weil sie sich sagen: »Wenn Bier Flüssigkeit
aus dem Körper zieht, dann geht nachher umso mehr Bier wieder oben rein.
Prost.«
Und wenn der Körper das Ganze dann irgendwann wieder
abgibt, geht das natürlich oft nicht den gewohnten Weg, sondern eher oben rum.
Das ist nicht schön, aber da kann man nichts machen. Dann stehen die Menschen
da und sagen: »Ist mir schlecht! Das liegt aber nicht an dem Kilo Grillwurst
oder der Kiste Bier - ich vertrage die Hitze einfach nicht.«
Es soll auf diesem Planeten ja angeblich
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