Null-Null-Siebzig - Operation Eaglehurst
habe. Wir haben uns lange unterhalten, und je länger wir uns unterhielten, desto klarer wurde mir, welchen Goldschatz ich da vor mir hatte. Ich wurde ihr Vertrauter, ich hörte ihr zu, schenkte ihr Aufmerksamkeit und Verständnis. Ich machte sie bekannt mit den exquisiteren Drogen, und je abhängiger sie davon wurde, desto mehr war sie bereit, das zu tun, was ich von ihr wollte. Mrs White zahlte zunächst willig, aber als der gute alte William auftauchte, wurde die Sache kompliziert. Als ich den Namen William Morat hörte, klingelten bei mir natürlich die Alarmglocken. Welch eine Erlösung, als er starb.«
»Und welche Überraschung, nicht wahr?«, sagte James mit zusammengebissenen Zähnen.
»Du kannst es mir glauben oder nicht, aber es war Zufall, dass er starb. Und dieser Maddison auch. Über Morats Tod war ich natürlich äußerst erfreut, aber der Tod von Maddison war ein Verlust. Durch ihn kam ich doch an all die anderen Geldquellen. Maddison selbst habe ich natürlich nicht erpresst, da wäre nicht viel zu holen gewesen. Dieser bescheuerte Idealist hat sich ein todsicheres Geschäft aufgebaut, und was hat er daraus gemacht? Nichts. Er hat meist nicht mal Geld von seinen Kunden genommen. Aber ich dafür. Viele waren bereit, Schweigegeld zu zahlen, damit nicht bekannt wurde, dass sie beim Tod der lieben Verwandten nachgeholfen hatten. Na ja, viel war es nie, ich habe keine übertriebenen Forderungen gestellt. Weißt du, das ist das Geheimnis erfolgreicher Geschäfte: Man darf den Bogen nicht überspannen, man muss ein Gefühl für die Kundschaft entwickeln und im Grunde ein netter Kerl bleiben.« Rupert seufzte. »Allerdings wurde auch das in letzterZeit schwieriger. Maddison, der alte Fuchs, wurde immer vorsichtiger. Er hatte wohl Verdacht geschöpft wegen der Überwachungskameras. Und mit seinem Tod versiegte diese Geldquelle ganz. Blieb nur noch Mrs White.«
»Du hast William und Maddison nicht ermordet? Das glaubst du doch selbst nicht«, sagte James.
»Glaube, was du willst. Der Einzige, den ich ausschalten wollte, warst du. Als du auftauchtest, war mir klar, dass du nicht locker lassen würdest. Du bist wie ein Hund, der einen Knochen nicht wieder hergeben will, das wusste ich noch von früher. Aber es war nicht so leicht, wie ich dachte.«
»Was sollte dieser lächerliche Limerick auf meinem Bett? Du konntest wohl nicht widerstehen, mir den Fehdehandschuh hinzuwerfen.«
Rupert lächelte. »Es hat funktioniert und dich gründlich abgelenkt, das musst du zugeben. Mein Plan war, deinen Verdacht auf die verrückten alten Schachteln mit dem Limerick-Tick zu lenken. Wenigstens so lange, bis ich dich ausgeschaltet hätte.«
»Der Film aus meiner Kamera«, sagte James. »Du hast ihn vernichtet, nicht wahr?«
»Natürlich. Als du mir den Film gabst, James, wusste ich, dass du wahrscheinlich auf die regelmäßigen Abbuchungen gestoßen warst. Man braucht nicht viel Fantasie, um daraus auf Erpressung zu schließen. Ich wusste, du würdest dranbleiben und als Nächstes mit Mrs White reden. Also musste sie eingeschüchtert werden, damit sie weiter den Mund hielt. Deshalb simulierte Katie, dass sie niedergeschlagen wurde.«
»Moment mal«, sagte James langsam, »ich habe dir den Film doch erst am nächsten Morgen gegeben, als du zum Frühstück kamst. Die Sache mit Katie war aber am Abend zuvor passiert.«
»Ach je, James.« Rupert sah zur Decke. »Was bist du naiv geworden. Ich zeig dir mal etwas, pass auf.«
Ruthersford betätigte eine Fernbedienung. Beinahe lautlos öffneten sich die Jalousien eines großen Rollschranks und gaben den Blick auf mehr als zwanzig Monitore frei. Auf einem erkannte James die Halle, auf einem anderen den Salon, auf einem weiteren sein eigenes Zimmer.
»Das ist unglaublich. Du hast Eaglehurst überwacht.« Ruthersford nickte. »Und zwar völlig legal. Wenn ich gewollt hätte, ich hätte dir sogar beim Scheißen zusehen können.«
»Du bist krank, Rupert.«
»Ach ja? Und ich dachte,
du
wärest krank. Du kommst ja noch nicht mal mehr ohne deinen Rollator von der Stelle.
Ich
bin topfit und freue mich auf die Zukunft. Denn ich bin mittlerweile ziemlich, sagen wir, wohlhabend. Es ist so leicht, Geld zu machen, wenn man ein bisschen querdenkt. Bevor Maddison vorsichtiger wurde, habe ich von vielen Leuten Geld erhalten, die ihren Lieben den Übergang ins Jenseits erleichtert haben. Eigentlich habe ich ihnen damit einen Gefallen getan, denn mit dem Schweigegeld haben sie sich nicht
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