Nummer Drei: Thriller (German Edition)
Geld gestohlen und ihnen die Häuser weggenommen?«
»Nein! Wir sind Risiken eingegangen. Wir haben von einer anderen Firma, die den Hausbesitzern Geld geliehen hat, die Hypotheken aufgekauft. Dann haben wir daraus ein großes Paket geschnürt und es anderen Leuten als Investition verkauft. Das ist alles. Im Rückblick war es nicht sehr klug, weil die Hausbesitzer ihre Hypotheken nicht weiter abgetragen haben. Also können wir die Zinsen nicht mehr bezahlen. Außerdem haben wir zum Einkauf Geld verwendet, da s … das uns genau genommen eigentlich nicht gehörte.«
»Du liebe Güte!«, rief ich aus. »Du bist ein Pirat. Kein Wunder, dass du dich so gut mit Ahmed verstehst.«
»Amy, ich bin leitender Direktor eines höchst angesehenen internationale n …«
»Du warst ein leitender Direktor.«
»Verzeihung?«
»Du warst ein leitender Direktor. Das ist vorbei.«
»Ja.«
Schweigen. Ich stand auf und zog die Sandalen wieder an, die vom Meerwasser glitschig geworden waren.
»Viel Spaß mit deinem Wodka«, sagte ich. »Oder was du da trinkst.«
Dad betrachtete das Meer und hob nicht einmal den Kopf, als ich ging. In diesem Moment kam die Stiefmutter mit einem Sonnenhut heraus.
»Das verdammte warme Wasser ist alle«, erklärte sie. »Ich konnte nicht einmal mehr die Haarspülung benutzen.«
16 Damian stand im Korridor, als ich am nächsten Abend von der Toilette kam.
»Pass auf dich auf!«, sagte er.
»Wie bitte?«
»Du und dieser Junge. Das wird mit Tränen enden.«
»Ich wüsste nicht, wa s …«
»… mich das angeh t ?«
Gott, ich hasste es, wenn Damian meine Sätze beendete! Er konnte es einfach nicht lassen.
»Ja«, antwortete ich etwas lahm.
»Natürlich blickst du nicht durch. Du bist eben ein junges Mädchen.«
Na gut , hätte ich beinahe gesagt. Das hat dich aber nicht davon abgehalten, mir in den Ausschnitt zu starren. Ich schwieg, weil sowieso schon eine seltsame Spannung in der Luft lag.
»Und du bist ein armseliger Seemann. Sag mir nicht, was ich tun und lassen soll!«
Er verdrehte die Augen. Wirklich, er machte eine völlig übertriebene Bewegung mit den Augäpfeln. So etwas hatte ich noch nie gesehen.
»Du bist nicht die Einzige, die verletzt wird, wenn etwas schiefgeht«, sagte er.
»Es wird nichts schiefgehen, weil nichts passieren wird«, antwortete ich. Noch während ich sprach, zweifelte ich an meinen Worten.
»Gut.« Damit entfernte er sich.
Das machte mich wirklich sauer, weil er das letzte Wort behalten hatte und damit gewonnen zu haben schien.
Ich stieg auf das Vorderdeck hinunter und hoffte insgeheim, Farouz zu treffen.
Und wie das Leben so spielt – tatsächlich stand er dort.
»Farouz.« Ich errötete schlagartig, denn wenn Sie seinen Namen aussprechen, kommt die zweite Silbe langsam und gedehnt heraus: Farooouuz. Wie ein Seufzer.
Versuchen Sie es mal.
Sehen Sie?
In seinen Namen war die Sehnsucht eingebaut.
»Nummer Drei.« Farouz erwiderte meinen Gruß und schien meine Verlegenheit nicht zu bemerken. Er rauchte wie meistens, und die Pistole baumelte am Hosenbund. Nur dass er eine neue Hose von Armani trug, die Dad gehörte. Die meisten elektrischen Geräte und die besonders wertvollen Sachen hatten uns die Piraten inzwischen zurückgegeben, aber sie trugen immer noch unsere Kleidung.
Ich holte tief Luft. Wenn sie mich schon töteten, dann sollte wenigstens einer der Täter meinen Namen kennen.
»Amy«, widersprach ich. »Nicht Nummer Drei, sondern Amy.«
Farouz schwieg eine Weile.
»Amy. Ein hübscher Name«, sagte er schließlich.
Ich atmete aus und setzte mich auf eine Sonnenliege. Ich glaube, in diesem Augenblick hoffte ich zum ersten Mal, die Geiselnahme zu überleben. Er kannte meinen Namen. Da musste er doch zögern, bevor er abdrückte.
»Nun, Amy«, fuhr er fort, »wie ist es denn, reich zu sein?« In seiner Stimme lag eine Schärfe, die ich noch nie bemerkt hatte. Er blies den Rauch aus, der sich um die Hörner des Steinbocks ringelte.
»E s … ich weiß nicht.«
Ich musste auf meine Worte achten, nachdem Tony behauptet hatte, die Jacht gehöre der Bank. Trotzdem war kaum zu übersehen, wie wohlhabend wir waren. Die Piraten nahmen wohl an, wir seien zahlende Passagiere oder so. Im Hinterkopf fragte ich mich unterdessen: Sind wir immer noch reich?
Ich war ziemlich sicher, dass wir noch immer reich waren. Ich wusste genug über das Finanzwesen in großen Firmen. Man ließ Dad nicht ohne einen riesigen goldenen Fallschirm gehen – oder wie man
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