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Nun ruhe sanft und schlaf in Frieden

Nun ruhe sanft und schlaf in Frieden

Titel: Nun ruhe sanft und schlaf in Frieden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claire Seeber
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Fay den Hof machst?«
    Er schnaubte. »Den Hof machen? Wohl kaum. Ich habe einen Kaffee mit ihr getrunken. Sie sagte, sie müsse mir unbedingt etwas sagen.«
    »Was?«
    »Ich weiß nicht. Als wir uns trafen, erzählte sie dauernd etwas von Berühmtsein und dass du ihre beste Freundin seist. Dann läutete auf einmal ihr Telefon, und weg war sie. Das war alles.«
    Ich biss mir auf die Lippen. »Findest du sie hübsch?«
    »Du klingst ein wenig verrückt, Mag. Du möchtest von mir wissen …«
    Ich schreckte auf, als jemand an die Hintertür klopfte. »Verdammt, wer ist das denn?« Ich spähte durch die Milchglasscheibe, konnte aber niemanden entdecken.
    »Und wer war es?« Alex hörte sich besorgt an.
    »Ich weiß nicht. Vielleicht ist es Val. Ich sehe besser nach. Ich werde …« Was werde ich? Schreiend in seine Arme zurücklaufen? »Ich rufe dich mal wieder an.«
    »Mag …«
    Dieses Mal kam das Klopfen von der Vordertür, so viel war sicher. Es gab ohnehin nichts mehr zu sagen, und so legte ich auf und ging den Flur hinunter. Ich öffnete die Tür, aber niemand war da. Die nackten Glyzinienzweige tappten an die Tür wie die Fühler eines versteinerten Insekts. Der Wind fuhr in den nahen Baum und schüttelte sanft die wenigen verbliebenen Blätter. Digby ergriff die Gelegenheit und schoss zwischen meinen Füßen hindurch in den Garten, aber ich pfiff ihn zurück. Dann verriegelte ich die Türen und zog jeden Vorhang zu, den es im Cottage gab. In der Küche mühte ich mich erfolglos ab, die kaputten Rollläden herunterzulassen. Ich spähte hinaus in die Dunkelheit und wünschte mir, ich hätte sie reparieren lassen. Morgen würde ich nach Greenwich zurückfahren, ins Haus meines Vaters, wo ich in Sicherheit war.
     
    Ich versuchte, Bel anzurufen, doch Gott allein mochte wissen, wie spät es gerade in Australien war. Jedenfalls ging sie nicht ran. Ich blieb lange Zeit in der Badewanne liegen, zündete dann ein Feuer im Kamin an und machte Kartoffelpüree zum Steinbutt, obwohl ich eigentlich gar nicht hungrig war. Ich trug den gefüllten Teller ins Wohnzimmer und stopfte mich voll, während ich alte Folgen der Fernsehshow Parkinson ansah, bis neben dem unbezähmbaren Billy Connolly auch Renee auf der Bildfläche erschien. Ich verzog das Gesicht, legte stattdessen lieber Bach auf und öffnete die Flasche Wein, der ich schon die ganze Zeit zu widerstehen versuchte. Ich lag auf dem Sofa und nippte an meinem Glas, während ich versuchte, mich mit diesem neuen, seltsamen Leben anzufreunden.
    Als Bach ausklang, erhob ich mich, um die CD zu wechseln. Dabei blieb ich mit dem Gürtel meiner Jeans an dem Überwurf hängen, den ich über das Klavier gebreitet hatte, wodurch er verrutschte. Ich machte mich los. Dann aber zog ich, aus einer augenblicklichen Laune heraus, das Ding herunter. Die aufwirbelnde Staubwolke brachte mich zum Husten. Ich strich mit dem Finger über das polierte Eichenholz des Deckels, klappte ihn zögerlich auf. Im Stehen schlug ich eine Taste an, dann eine zweite und dritte. Die Glyzinienzweige klopften wieder ans Fenster, als ich mich ganz langsam auf dem Hocker niederließ. Meine Finger waren eiskalt und steif, trotzdem brachten sie eine Tonleiter zustande, hinauf und hinunter. Dann fing ich an zu spielen. Instinktiv wählte ich Debussys Clair de Lune . Anfangs war ich noch etwas eingerostet und spielte häufig einen falschen Ton, während meine Finger sich allmählich an die Bewegung gewöhnten und weicher wurden, als würde endlich die Verkrampfung von Jahren abfallen. Bald schon fühlte ich mich, als hätte ich in all den Jahren nie etwas anderes getan.
    Mit einem Mal ging das Licht aus. Meine rechte Hand schnellte zu den hohen Tönen, während ich erschrocken nach Luft schnappte. Es hörte sich an wie die Gischt, die vom Meer wieder aufgesogen wird. Dann war es still und ungeheuer dunkel. Die Klaviertöne verhallten.
    Ich sprang auf und tastete mich zum Lichtschalter. Dabei warf ich die Weinflasche um und trat Digby auf die Pfoten, der jämmerlich jaulte. Ich bewegte den Schalter, aber nichts geschah, und so versuchte ich, Ruhe zu bewahren und nachzudenken. Wo war nur der verdammte Sicherungskasten? Da flackerte das Licht und war mit einem Mal wieder da. Ich lachte zittrig.
    »Weißt du, Digby, ich glaube, ich fange an zu spinnen«, erklärte ich meinem Hund, der mich nur vorwurfsvoll ansah und dann seine schmerzende Pfote leckte. Ich dachte kurz nach, dann ging ich zum Telefon und versuchte Val

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