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Nur 15 Sekunden

Nur 15 Sekunden

Titel: Nur 15 Sekunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Pepper
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Ordnung?»
    «Ja.»
    «Außerdem finde ich, du solltest dir jetzt so eine einstweilige Verfügung holen.»
    «Das habe ich dir doch schon erklärt, Rich. Geh ins Netz und informier dich über Stalker, dann wirst du sehen, dass das alles nicht so einfach ist. Bitte.»
    Er schwieg einen Moment, dann sagte er: «Gut, das mache ich.»
    «Heute früh war wunderschön», sagte ich, um das Gespräch auf ein sehr viel angenehmeres Thema zu lenken.
    «Fand ich auch. Wann kann ich dich wiedersehen?»
    «Ich weiß es nicht. Aber wir werden schon eine Gelegenheit finden. Irgendwas wird sich ergeben. Glaubst du nicht?»
    «Doch, doch.» Allzu überzeugt klang er allerdings nicht. Jetzt, wo er Ben mit zur Schule nehmen und wieder nach Hause bringen würde, schieden die frühen Morgenstunden aus. Vielleicht sollten wir uns auf spätnächtliche Schäferstündchen verlegen, wenn Ben bereits schlief. Aber was, wenn er aufwachte? Geräusche hörte? Angst bekam? Ich ahnte, wie das enden würde: Mama springt aus dem Bett und eilt zu ihrem Kind, der Liebhaber bleibt peinlich berührt allein zurück und denkt daran, dass er kaum geschlafen hat und am nächsten Tag zur Arbeit muss. Die Realität würde über uns hereinbrechen und alles verderben. Aber war das nicht eigentlich schon längst passiert?
    Wir verabschiedeten uns, und ich vertiefte mich wieder in das, womit ich vor Richs Anruf beschäftigt gewesen war: in die Lektüre von Abe Starkmans Lebensgeschichte und in die Frage, ob Joe schuld war an seinem Tod. Je länger ich darüber nachdachte, desto klarer wurde mir, dass ich nicht einfach davon ausgehen durfte, Joe habe Abe Starkman eigenhändig umgebracht. Vielleicht war es gar nicht so. Vielleicht hatte Courtney recht, und die Mafia hatte ihre Finger im Spiel.
    Später am Nachmittag kamen zwei Beamte vom 84.   Revier vorbei, wo auch Jess arbeitete: Dee Solaris, eine kleine, betont geschäftsmäßige Afroamerikanerin, und Malek Rassood, ein riesengroßer Ägypter, dem der Schalk nur so aus den schwarzen Augen sprühte. Sie setzten sich im Wohnzimmer auf das Sofa. Bevor ich mich zu ihnen gesellte, lauschte ich die Treppe hinauf. Hinter Bens Zimmertür drang Rockmusik hervor, doch ich schloss vorsichtshalber noch die Wohnzimmertür, damit er auch bestimmt nichtshörte. Dann setzte ich mich meinen Besuchern gegenüber auf den schmalen Holzstuhl, den Hugo immer bevorzugt hatte.
    Sie stellten mir die üblichen Fragen über meine Beziehung zu Abe Starkman, und ich antwortete. Es gab nicht viel zu sagen. Doch dann brachte Rassood mich plötzlich aus dem Konzept: «Wie ich höre, haben Sie Ihren ganz persönlichen Psychopathen, der hin und wieder bei Ihnen vorbeischaut. Können Sie uns dazu etwas sagen?»
    «Sie haben mit Jess Ramirez gesprochen.»
    Die beiden Polizisten nickten.
    «Er hätte das allerdings weniger flapsig formuliert.»
    «Nehmen Sie’s nicht persönlich, Ma’am.» Detective Solaris warf ihrem Partner einen strafenden Blick zu. «Der gute Rass hat einfach kein Taktgefühl.»
    «Er war nur einmal hier, um mir ein Foto von sich zu schenken.» Ich berichtete ihnen von allen Begegnungen mit Joe seit dem vergangenen Montag.
    «Dann hat die Verwarnung im Büro die Sache also eskalieren lassen», kommentierte Solaris kopfschüttelnd.
    «Genau.»
    «Und seither?»
    «Nur das YouTube-Video   … vorausgesetzt, es stammt tatsächlich von ihm. Aber ich denke, das vermuten wir alle.»
    Rassoods Augen blitzten auf, und er konnte sich eine weitere Bemerkung nicht verkneifen: «Mit Vermutungen machen wir uns alle zum Affen.»
    «Nein», fauchte Solaris ihn an. «Das gilt eindeutig nur für dich.» Dann wandte sie sich wieder mir zu. «Außerdem sind das keine bloßen Vermutungen. Das Video wurde von Coffins Handy hochgeladen.»
    Daran hatte ich auch keine Sekunde gezweifelt.
    «Sagen Sie   …» Ich beugte mich vor. «Gab es Zeugen fürden Mord an Abe? Hat irgendjemand Joe dort auf der Brücke gesehen?»
    «Das dürfen wir Ihnen nicht sagen», erwiderte Solaris.
    Doch Rassood widersprach ihr mit erstaunlicher Offenheit und ließ ein ganz kurzes, leicht verzögertes «Nee» hören. Sie warf ihm einen vernichtenden Blick zu, den er mit einem Schulterzucken quittierte. Offenbar hatten sie diese «Guter Bulle, böser Bulle»-Nummer bestens einstudiert und über die Jahre perfektioniert. Ich hatte das Gefühl, dass sie meine tiefsitzende Angst nachvollziehen konnten, mein Stalker könnte tatsächlich jemanden umgebracht haben – einen

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