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Nur 15 Sekunden

Nur 15 Sekunden

Titel: Nur 15 Sekunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Pepper
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Menschen, der mir vertraut hatte.
    «Haben Sie sonst irgendwelche Hinweise?», fragte ich. «Wer könnte Abe das angetan haben?»
    Rassood erhob sich, ohne auf meine Frage einzugehen, und baute sich turmhoch vor mir auf. Auch Solaris war aufgestanden. Beide reichten mir ihre Visitenkarten, weiß mit blauer Schrift und dem Wappen der New Yorker Polizei.
    «Rufen Sie uns an, falls Ihnen noch irgendetwas einfallen sollte», sagte Solaris.
    Rassood ließ den Blick durch das Wohnzimmer schweifen, als wollte er sich jedes Detail einprägen. Das machte mich unruhig. Dann sagte er: «Danke für Ihre Mühe.»
     
    Kurz vor sechs kam ein Anruf von einer Anwältin der
Times
, die mir erklärte, sie werde sich um alle Probleme kümmern, die mir aus meiner «beruflichen Verbindung» mit Abe Starkman möglicherweise entstehen würden. Anders formuliert: Falls ich im Laufe der Recherchen für die Knochen-Story meinen Informanten einem unnötigen Risiko ausgesetzt hatte, würde ich Ärger kriegen. Und falls nicht, dann nicht. Aber wie ging man mit der Tatsache um, dass ein Stalker, der eigentlich hinter mir her war, den Mord an meinem Informantenverursacht hatte, indem er ein Video ins Internet stellte? Konnte man mich wirklich dafür zur Verantwortung ziehen? Das war mir völlig schleierhaft. Aber es spielte auch keine Rolle: Ich fühlte mich so oder so verantwortlich für Abes Tod. Seinen gewaltsamen Tod, im Dunkeln dort auf der Brücke, ganz allein.
    Mit jeder Stunde versank ich tiefer in mich selbst. Immer enger kreisten die Gedanken um meine Schuldgefühle. Der Fokus der Geschichte verschob sich nach und nach weg von Joe und hin zu mir. Aus Gesprächen mit Courtney und meinen eigenen Recherchen wusste ich, dass die Polizei mit den Ermittlungen gut vorankam. Die vier tödlichen Kugeln in Abes Körper stammten aus einer Waffe, die kürzlich zusammen mit etlichen weiteren bei einem bewaffneten Raubüberfall entwendet worden war. Den Raubüberfall wiederum hatten die Ermittler bereits mit der Mafia in Verbindung gebracht. Zusammen mit der Tatsache, dass Joe am frühen Morgen nicht in der Nähe der Brooklyn Bridge gesehen worden war, schien das dafür zu sprechen, dass es sich, jedenfalls oberflächlich betrachtet, um einen Vergeltungsmord der Mafia handelte.
    An diese Version hielt sich Courtney, das klang in dem Artikel durch, den sie und Stan am nächsten Tag veröffentlichten. Darin enttarnten sie auch Abe Starkman als Quelle der ursprünglichen Informationen über den Knochenfund. Sie brauchten nicht eigens zu erwähnen, dass ich die Frau in dem Video war – darauf konnte jeder, der wollte, problemlos selber kommen.
     
    Ben saß mir gegenüber, futterte sein Müsli und blätterte im Feuilleton der
Times
. Als es klingelte, sah er mich erschrocken an.
    «Keine Sorge, das ist nur Mr.   Salter. Ich fand die Ideedoch nicht so schlecht, dass er dich mit zur Schule nimmt, er wohnt ja gleich um die Ecke. Das ist doch eine gute Lösung, oder?»
    Ben musterte mich und rieb sich dabei die Wange, sodass eine Spur Druckerschwärze dort zurückblieb. «Wahrscheinlich schon, wenn man bedenkt   …» Er war vor mir aufgestanden, musste die Schlagzeile auf der Titelseite gelesen und sich seinen Teil gedacht haben.
    «Und nach der Schule nimmt er dich auch wieder mit zurück.»
    «Okay.» Ben schob die Zeitung weg und stand auf. «Ich weiß ja nicht, Mom, aber   … Warum hast du’s mir nicht einfach erzählt?»
    «Da gibt es nicht viel zu erzählen. Journalisten haben eben Informanten. Und meiner wurde   …» Umgebracht. Das war immer noch ein Wort, das ich meinem Sohn gegenüber nicht über die Lippen brachte.
    «Klingt, als hätte die Mafia den Typen ausgeschaltet. So was weiß ich doch, Mom.»
    «Ach ja?»
    «Klar. Und die Mafia hat überhaupt nur von ihm erfahren, weil dieser Joe Coffin das Video auf YouTube gestellt und den Namen dazugeschrieben hat. Ich hab mir das Video angeschaut, ich hab dich gesehen, Mom. Man sieht dich natürlich nicht besonders gut, aber ich hab dich an der Haltung erkannt.»
    «Vielleicht hätte ich dir das alles wirklich schon gestern erzählen sollen.»
    «Weißt du, um das zu kapieren, muss man echt kein Superhirn sein. Hey, ich hab das alles doch gestern Abend schon im Netz gesehen. Außerdem lese ich deine Artikel, Mom. Ich weiß von den Knochen, und ich weiß, warum die Mafia den Typen umgebracht hat.»
    Jetzt hatte er es selbst gesagt, das schreckliche Wort. Mein kleiner Junge.
    «So ’n echtes

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