Nur dein Leben
über den Tisch gelehnt, einen Finger auf die Lippen gelegt und eröffnet, sie kenne ein Haus, ein wunderschönes Haus, das noch nicht offiziell auf dem Markt sei. Sie wisse zwar noch keine Einzelheiten, aber sie würde es Naomi dennoch gerne zeigen, denn sie habe das Gefühl, es sei ideal. Sofort beziehbar und ein Schnäppchen – wenn auch vielleicht an der Obergrenze von Naomis Preisvorstellung –, aber jeder, der dieses Haus sah, würde sich sofort in es verlieben.
Dene Farm Barn befand sich am Ende einer etwa einen Kilometer langen Schotterstraße, die sich fünf Kilometer hinter Lewes von einer ruhigen Landstraße aus durch Weizenfelder in die Downs hineinschlängelte. Das Anwesen bestand aus einer Holzscheune, die zu einem Fünfzimmerhaus umgebaut worden war, und einem Bruchstein-Kornspeicher, der jetzt eine Doppelgarage beherbergte. Da das Haus auf einem Hügelkamm lag, bot es ringsum meilenweit Aussicht über offenes Farmland. Der nächste Ort war ein kleines Dorf drei Kilometer weiter.
Dass es so abgelegen war, war natürlich ein Nachteil, andererseits aber auch ein Vorteil. Das nächste Haus, eine kleine Farm, lag einen Kilometer entfernt. Würde sie sich ängstigen, hier allein zu sein? Vor allem in der Nacht? Das Gute war, dass sie ganz für sich waren und es keine Nachbarn gab, die unangenehme Fragen über die Babys stellten, falls irgendwann der alte Zeitungsartikel oder auch neue Medienberichte über sie auftauchen sollten. Außerdem wäre es ein absolut sicherer Hafen für Kinder.
Nicht zuletzt war es schlicht und wunderschön. Naomi stellte sich vor, wie sie und John hier lebten, ihre Kinder großzogen und es sich gutgehen ließen. Die Gebäude waren von anderthalb Morgen Garten umgeben, hauptsächlich mit Büschen und Rasen bewachsen, aber es gab auch einen Obstgarten mit Apfel-, Birn-, Pflaumen- und Kirschbäumen. Sie stellte sich Grillabende mit Freunden auf der gefliesten Terrasse vor. Sie stellte sich vor, wie der Holzofen in dem riesigen, offenen Wohn-Esszimmer brannte. Sie stellte sich rieselnden Schnee und den Blick auf eine weiße Landschaft vor, die sich zu allen Seiten kilometerweit erstreckte.
Hier war es so unglaublich friedlich.
Sicher.
Auch John war begeistert. Sie hatte ihm die Einzelheiten gefaxt und ihm am Telefon alles genau beschrieben. Er musste noch einen Monat in Los Angeles bleiben, um seinen Arbeitsvertrag an der Uni zu erfüllen und die Verschiffung ihrer Sachen hinüber nach England zu organisieren. Er erzählte ihr, es sei unfassbar, wie viel Krempel sich in den letzten sechs Jahren angesammelt habe, und sie erwiderte, er solle einfach alles wegwerfen, an dem nicht unbedingt sein Herz hänge.
»Wem gehört denn eigentlich das Haus?«, fragte Harriet und begutachtete das geschnitzte indische Mahagonibett mit dem hohen Kopfteil.
»Ich habe es Ihrer Schwester schon am – äh – Mittwoch erzählt. Es gehört dem Mann, der es auch hat umbauen lassen, Roger Hammond. Er ist vor kurzem aus beruflichen Gründen für drei Jahre nach Saudi-Arabien gegangen. Danach überlegt die Familie, nach Australien zu ziehen. Dann stünde die Immobilie zum Verkauf. Es wäre eine gute Investition, wobei die Garage auch zu einer eigenen kleinen Wohneinheit umgebaut werden könnte. Ein solches Haus findet man höchstens alle zehn Jahre, wenn überhaupt.«
»Ein praktisches Badezimmer«, stellte Harriet anerkennend fest. »Mit Doppelwaschbecken. Das ist gut.«
Die Maklerin führte sie den Flur entlang. »Und natürlich wäre das nächste Zimmer ideal für Ihre Zwillinge.«
Nachdem sie alle Räume besichtigt hatten, sagte Suzie Walker, sie könnten sich jetzt noch eine Weile in Ruhe allein umsehen und ging hinaus zu ihrem Auto.
Als sie vor dem leuchtend roten AGA -Ofen am antiken Eichen-Klostertisch in der Küche saßen, sah Naomi erst Harriet, dann ihre Mutter an und fragte: »Und?«
Ihre Mutter sagte: »In den Küchenschränken scheint viel Platz zu sein. Wirklich viel Platz.«
»Was machst du, wenn es schneit?«, fragte ihre Schwester.
»Na ja – dann sind wir eben für ein paar Tage von der Außenwelt abgeschnitten. Ich glaube, das fände ich ziemlich romantisch«, erwiderte Naomi lächelnd.
»Aber nicht, wenn du dringend zum Arzt musst.«
»Und wo gibt es hier Schulen?«, fragte ihre Mutter. »Daran musst du denken.«
»Sie muss sich über die Abgeschiedenheit Gedanken machen«, entgegnete ihre Schwester. »John ist tagsüber arbeiten. Wird sie damit fertig werden, mit
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