Nur dein Leben
Krankenhaus?«
»Crawley. Wir können in zehn Minuten da sein – weniger – dort ist ein großes Krankenhaus.«
»Fahren Sie los!«, sagte John. »So schnell Sie können, ich … ich übernehme jeden Strafzettel, aber bitte, fahren Sie schnell!«
33
IN DEM KLEINEN WEISSEN RAUM, der durch Vorhänge von der Unfall- und Notfall-Ambulanz abgeteilt war, piepten Reihen von Monitoren. Digitalziffern und Kurvendiagramme zeigten Naomis Vitalfunktionen an.
Sie lag auf einer gepolsterten Lederbank. John stand neben ihr und beobachtete ängstlich die EEG -Anzeige. Die hellen, fluoreszierenden Leuchten verliehen ihrem blassen Gesicht eine noch gespenstischere Farbe. John war so besorgt um sie, dass es ihm in diesem Augenblick sogar egal gewesen wäre, wenn sie eine Fehlgeburt erlitten hätte. Er wollte nur, dass Naomi überlebte, das war alles. Und dabei fühlte er sich zutiefst hilflos.
Weiße Regale an den Wänden bargen Phiolen, Flaschen und Spritzen in Plastikverpackungen. Es roch nach Desinfektionsmittel. Eine Krankenschwester in blauem Kittel stellte die Geschwindigkeit des Tropfs ein. Eine andere sagte: »Achtzig systolisch, Tendenz steigend.« Naomi starrte verwirrt zu John hinauf. Sie war erschreckend fahl. Einmal lag sie ganz ruhig da, dann krampfte sie sich wieder zusammen, zitterte und schrie vor Schmerzen.
Eine dritte Frau in blauem Schwesternkittel betrat den Raum. »Dr. Klaesson?«
»Holen Sie einen Arzt!«, schrie er sie an. »Verdammt nochmal, meine Frau verliert ihr Baby – holen Sie mir den diensthabenden Gynäkologen!«
Die Schwester trug ein Namensschild mit der Aufschrift: A&E, ALISON SHIPLEY , OBERSCHWESTER , und hielt ein Klemmbrett in der Hand.
»Dr. Klaesson, würden Sie mir bitte ein paar Fragen beantworten?«
» HOLEN SIE EINEN GYNÄKOLOGEN , VERDAMMTE SCHEISSE NOCHMAL !«
Sie ließ sich nicht beirren und lächelte ihn nachsichtig an. »Dr. Klaesson, Dr. Sharpus-Jones ist auf dem Weg. Er kommt gerade aus dem Kreißsaal und wird in ein paar Minuten hier sein.«
»John.«
Naomis Stimme, ganz ruhig und friedlich.
»Bitte, ich brauche nur ein paar Angaben für die Aufnahme«, wiederholte die Schwester.
»John, bitte beruhige dich«, bat Naomi, keuchend, fast atemlos. »Es geht mir schon viel besser, wirklich. Es geht mir gut.«
John blickte auf die Drähte und Schläuche an Naomis Brust und Handgelenk und küsste sie auf die feuchte Stirn. Nichts auf der Welt war mehr von Bedeutung, außer, dass ihre Schmerzen nachließen. »Ich liebe dich.«
Sie nickte, flüsterte: »Ich liebe dich auch« und hielt ihm ihre Hand hin. Er nahm sie und drückte fest zu. »Alles in Ordnung«, sagte sie. »Indianerehrenwort, es geht mir gut.«
Mit einem Ruck wurden die Gardinen beiseitegezogen und ein hochgewachsener Mann trat ein. Er trug einen Chirurgenkittel und weiße Clogs, und eine Maske hing ihm unter dem Kinn. »Guten Tag. Mrs. Klaesson?«, sagte er.
Naomi nickte.
Der Arzt warf John einen kurzen Blick zu und wandte sich dann wieder an Naomi. »Es tut mir leid, dass ich nicht schneller kommen konnte. Wie geht es Ihnen?«
»Gut«, antwortete sie.
John hätte am liebsten laut geschrien:
Es geht dir nicht gut, du hattest unerträgliche Schmerzen bis zur Agonie, dir geht es überhaupt nicht gut, sag ihm die Wahrheit!
Stattdessen stand er stumm daneben, während Sharpus-Jones sie erst äußerlich, dann innerlich untersuchte und sie dabei pausenlos über ihre medizinische Vorgeschichte ausfragte. Manche Fragen beantwortete Naomi prompt, bei anderen half ihr John.
Schließlich streifte Sharpus-Jones die Handschuhe ab und sagte: »Nun, die gute Nachricht ist, dass Ihr Gebärmuttermund geschlossen ist, was bedeutet, dass Sie keine Fehl...«
Er wurde mitten im Wort unterbrochen, weil Naomi plötzlich heftig krampfte, so dass der Gynäkologe erschrocken zurückwich. Sie warf die Arme in die Luft, bog den Rücken durch, verdrehte die Augen und stieß einen Schrei aus, der John das Herz zerriss.
Wenige Augenblicke später – nur Sekunden, so erschien es John – hievte ein ganzes Team sie auf ein Krankenhausbett und rollte sie aus dem Zimmer hinaus auf den Flur.
»Wo bringen Sie sie hin?«, fragte John in plötzlicher blinder Panik.
Niemand antwortete.
John folgte ihnen, doch nach wenigen Schritten fasste ihn Schwester Alison Shipley am Arm und hielt ihn auf.
Sie sagte: »Bitte warten Sie hier.«
»Auf gar keinen Fall!«
John schüttelte sie ab und eilte seiner Frau hinterher. Doch dann
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