Nur Der Mann Im Mond Schaut Zu:
gesehen?«
»Nein.«
Der Kleine im Kinderwagen begann langsam zu quäken, und Sandén hatte das Gefühl, fürs Erste fertig zu sein.
»Sie waren uns eine große Hilfe«, sagte er mit aufrichtiger Dankbarkeit. »Wir müssen uns auf jeden Fall noch einmal bei Ihnen melden, also wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie uns Ihren Namen, Ihre Adresse und Telefonnummer geben könnten.«
»Ich wäre Ihnen dankbar, wenn ich zunächst einmal die Ihre bekommen könnte«, sagte die Großmutter mit einem Hauch von Ironie.
»Oh, Verzeihung. Natürlich«, sagte Sandén und reichte ihr seinen Polizeiausweis.
Die Frau studierte ihn einen Augenblick und nahm schließlich den Stift und den Notizblock entgegen, um ihre Kontaktdaten aufzuschreiben.
»Jetzt sollten Sie aber zusehen, dass Sie das Kind zurückgeben, bevor es ernsthaft anfängt zu schreien«, bemerkte Sandén mit einem Lächeln.
Der Junge wand sich im Kinderwagen, und sein kleines Gesicht zog sich zu einer bedenklichen Grimasse zusammen.
»Noch einmal vielen Dank«, sagte Sandén.
»Keine Ursache. Sehen Sie zu, dass sie den Täter erwischen.«
Dann zog sie mit dem Kinderwagen ihres Weges und überließ Sandén seinem mittlerweile nicht mehr ganz so hoffnungslosen Auftrag.
Er zog das Handy aus der Tasche und wollte gerade Petra Westman anrufen, als das Telefon zu vibrieren begann.
»Hallöchen, Jensi! Hier ist Pontus!«
Jensi? Sollte das ein Witz sein? Oder war es nur der verzweifelte Versuch, einen auf Familie zu machen? Ums Verrecken nicht würde er mit diesem Dreckskerl Familie spielen. Schon gar nicht jetzt, wo alles vorüber war. Denn dass es vorüber war, davon war er überzeugt. Mit dem Angebot von zehntausend Kronen sollte dieses Kapitel in Jennys Leben abgeschlossen sein. Sandén wusste, was er tat. Der Junge mochte Geld. Er war ein waschechter Geschäftsmann, allerdings auf eine Weise, die nicht ganz sauber roch. Er hatte keine nennenswerte Ausbildung genossen, zeigte nicht den Hauch von Bildung oder erwähnenswerter Intelligenz. Trotzdem versuchte er den Eindruck zu vermitteln, dass er jede Menge Geld hatte, er sprach in diffusen Wendungen von Investitionen in dies oder das und jonglierte mit irgendwelchen Fantasieplänen über ganz offensichtlich zweifelhafte Geschäftsideen.
Und angesagt musste alles sein. Teure Markenklamotten und hippe Kneipen, in die er aber, so war zumindest Sandéns Eindruck, seine geliebte, kleine Jenny nie mitnahm. Bei den wenigen Gelegenheiten, zu denen sich alle drei in einem Raum befunden hatten, wurde stets über Jenny geredet und niemals mit ihr. Als ob dieses Ekel sie als einen kleinen, süßen Hund betrachtete. Oder als ein Möbelstück. Und Sandén hatte so seine Meinung darüber, als was er sie betrachtete.
Er hatte vom ersten Augenblick an gewusst, dass dieser Typ nur Ärger bringen würde. Es war nicht nur sein schleimiges Auftreten als Möchtegern-Yuppie – echte Yuppies hatten auch eine echte Arbeit –, das Sandén stutzig machte, sondern gerade sein Interesse an Jenny. Das allein sprach schon Bände. Ein normal begabter Sechsundzwanzigjähriger, der sich in ein zwei Jahre jüngeres, geistig behindertes Mädchen verliebt. Das war dermaßen unwahrscheinlich, dass Sandén zu hundert Prozent davon überzeugt war, dass etwas anderes dahintersteckte. Jenny war ein hübsches Mädchen, in dieser Hinsicht war sie gut genug für Pontus. Und sie war ihm ergeben. Sie war allen Menschen ergeben, die ihr auch nur die geringste Aufmerksamkeit schenkten, was eine liebenswerte Eigenschaft war. In den meisten Fällen. Aber nicht in diesem.
Widerwillig zwang sich Sandén, seine Tochter als eine Frau zu betrachten, die sich in einem Alter befand, in dem die meisten Leute sexuell aktiv waren. Und Jennys Ergebenheit führte dazu, dass sie wahrscheinlich ein guter Fick war. Er hasste es, so etwas zu denken, aber gleichzeitig konnte er es sich nicht gestatten, die Augen vor der Wahrheit zu verschließen. Pontus nutzte sie aus, wie genau, das mochte er sich gar nicht ausmalen – damit hätte er eine Grenze überschritten. Und er schlug sie. Warum, das konnte er sich nicht erklären, Jenny tat keiner Fliege etwas zuleide. Vielleicht tat er es nur zum Vergnügen. Aber damit musste jetzt Schluss sein, damit war jetzt definitiv Schluss.
»Und was hast du auf dem Herzen?«, fragte Sandén mit aller Verachtung, die er in seine Stimme legen konnte.
»Ich habe über dein Angebot nachgedacht.«
Fröhliche Stimme. Völlig
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