Nur Der Mann Im Mond Schaut Zu:
das Gespräch beendet.
»Was zum Teufel …«, murmelte Petra. Sie stand noch eine Weile da und starrte auf das Telefon in ihrer Hand.
Dann schüttelte sie den Kopf und wandte sich wieder der Wirklichkeit zu. Sie stellte das Handy auf lautlos und kehrte in das Wartezimmer der Kinderklinik zurück.
*
Sandén hatte auf jeden Klingelknopf des Hauses gedrückt, aber niemand öffnete ihm. Beim letzten Versuch, im untersten Geschoss, hatte er schließlich Glück. Ein etwa siebzigjähriger Mann öffnete die Tür und glotzte ihn durch knallgelbe Brillengläser an. Er war mager und ein bisschen buckelig, trug ein blau kariertes Flanellhemd und Jeans und hatte eine Zigarette im Mundwinkel hängen. Er hätte der Portier des Hauses sein können, dachte Sandén, wenn die Immobilie nicht einer Eigentümergemeinschaft gehört hätte. Sandén zeigte seinen Polizeiausweis und erklärte, wer er war.
»Sie sind Herr Bergman, vermute ich?«
»Ja. Worum geht es?«
»Ich möchte Ihnen einfach nur ein paar Fragen stellen. Es dauert nicht lange. Die Familie, die hier über Ihnen wohnt, wissen Sie, wo die sich gerade aufhält?«
»Woher sollte ich das wissen?«
»Ich müsste mit ihnen sprechen«, sagte Sandén.
»Dann klingeln Sie doch bei ihnen und nicht bei mir«, antwortete der alte Mann griesgrämig.
»Das habe ich natürlich schon getan, aber sie sind offensichtlich nicht zu Hause«, sagte Sandén, ohne einen Hehl daraus zu machen, dass er langsam ärgerlich zu werden begann. »Darum frage ich Sie: Wissen Sie, wo ich sie finden kann?«
»Sie sind verreist, nehme ich an.«
Ein wenig schien ihn Sandéns strenger Tonfall doch zu beeindrucken.
»Warum nehmen Sie das an?«
»Weil sie öfter verreisen.«
Er zog an der Zigarette, und ohne sie aus dem Mund zu nehmen, blies er den Rauch aus dem anderen Mundwinkel wieder hinaus.
»Sie sind bestimmt ins Weekend gefahren«, fügte er in verächtlichem Ton hinzu.
»Warum glauben Sie das?«, fragte Sandén weiter.
»Sie sind was Besseres . Er läuft jeden Tag im Anzug herum.«
»Aha, na dann. Wo pflegen sie ihren Kinderwagen abzustellen?«
»In der Wohnung«, antwortete der Mann mit einem unmotivierten Lächeln.
»Immer?«
»Also, zuerst haben sie den verdammten Wagen unten an der Tür abgestellt, wo er alles blockiert hat, aber da habe ich ihnen die Meinung gesagt, und seitdem bleibt er uns erspart.«
Sandén seufzte. Aus Bergmans Gesicht sprach das pure Glück.
»Und wann war das?«
»Vor einem halben Jahr vielleicht.«
»Wie sieht dieser Wagen denn aus?«
»Der ist wohl schwarz, vielleicht. Oder blau.«
»Ist er vielleicht auch gepunktet?«
»Vielleicht ist er auch gepunktet. Oder vielleicht kariert. Oder gestreift oder geblümt, woher zum Teufel soll ich das denn wissen?«
»Ich möchte gern, dass Sie sich ein paar Fotos anschauen …«, hob Sandén an und wurde unterbrochen, bevor er seinen Satz überhaupt beenden konnte.
»Das hat wohl keinen großen Sinn, Herr Kommissar. Ich bin so gut wie blind.«
Sandén hielt in seiner Bewegung inne und zog die Hand wieder aus der Jackentasche zurück.
»Sie können also mein Gesicht gar nicht erkennen?«, fragte er erstaunt.
»Genau. Ich sehe, dass Sie einen Körper mit einem Kopf darauf haben, und dafür sollten wir alle dankbar sein.«
»Und wie gefällt Ihnen mein Anzug?«
Der Mann dachte nach, bevor er antwortete:
»Wissen Sie, ich kann immer noch einen dunklen Anzug von einem weißen Hemd unterscheiden, wenn es das ist, was Sie wissen wollen.«
Ganz offensichtlich war er trotz allem nicht auf den Kopf gefallen.
»Dann bedanke ich mich für Ihre Hilfe«, beendete Sandén das Gespräch, wobei es ihm gelang, den Sarkasmus, der sich in ihm aufgestaut hatte, nicht in seinen Tonfall einfließen zu lassen.
Ein weiteres Mal ging er in den dritten Stock hinauf und klingelte noch ein paarmal an der Tür. Er ging in die Knie und hielt das Ohr an den Briefschlitz, aber in der Wohnung war alles ruhig und still. Mit einem unterdrückten Stöhnen gelang es ihm, seinen etwas übergewichtigen Körper wieder aufzurichten, worauf er eine Bemerkung in seine Liste schrieb und die Treppen hinuntereilte.
Hanna lag auf dem Rücken zwischen den weichen Daunendecken im Bett ihrer Eltern und murmelte leise im Schlaf vor sich hin. Sie drehte sich auf die Seite, und nur ein paar Strähnen ihrer zottigen Haare und ein kleiner Fuß schauten jetzt noch hervor.
*
Am späten Nachmittag hatten Hamad und Sjöberg alle Jugendlichen befragt,
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