Nur dieser eine Sommer
sie wahrheitsgemäß. „Das Leben in der Großstadt wird mir bestimmt irgendwann fehlen. Das Flair, die Abwechslung, das Tempo.“ Sie lachte verhalten. „In letzter Zeit bin ich ruhiger geworden. Ich habe zwar noch genug zu tun, aber ich stresse mich nicht mehr so sehr.“
„Sollte man auch nicht machen. Eile mit Weile, dann hat man mehr von seinem Dasein.“
„Wundert mich nicht, dass du so denkst“, bemerkte sie mit leisem Spott.
„So? Wie kommst du darauf?“
„Durch deine ganze Art, deine Arbeit. Deine Einstellung zu Sex.“
Er blieb wie angewurzelt stehen. „Wie bitte?“
Am liebsten hätte sie sich die Zunge abgebissen. Sie zerrte an seinem Arm, wollte weiter, aber er rührte sich nicht vom Fleck. Sie ließ seine Hand los, blickte zu Boden und stocherte mit dem Zeh im Sand herum, während er auf eine Antwort wartete.
„Nun, das mit uns beiden, da haben sich die Ereignisse nicht gerade überschlagen.“
„Nach meinem Geschmack verlief es bislang ziemlich gut.“ Das klang ein wenig beleidigt.
„Stimmt ja auch“, beeilte sie sich zu versichern. „Wir sind gute Freunde geworden. So richtig gute F-r-e-u-n-d-e.“
Er schwieg.
„Ich wünschte, es wäre ein wenig mehr als Freundschaft“, schob sie nach.
„Aha!“ Das hörte sich schon weit weniger gekränkt an. Sie schöpfte Hoffnung.
„Und was genau hast du dir vorgestellt?“ fragte er, wobei er einen Schritt näher kam.
„Na ja“, begann sie zögernd, „jetzt geht das zwischen uns ja schon eine ganze Weile, und es ist ja auch alles ganz wunderbar so weit. Ich dachte aber auch, es wäre vielleicht ein bisschen mehr … äh, Spaß … drin.“
„Na so was! Tatsächlich?“
Er schaute angestrengt auf seine Fußspitzen. Cara betrachtete seinen Hinterkopf, sein Haar, das so dicht war, dass man womöglich nicht mal mit der Hand hindurchfahren konnte. Als er wieder aufschaute, hielt sein Blick sie gleichsam gefangen, ließ sie nicht los. „Und den Eindruck, ich hätte mich ähnlichen Hoffnungen hingegeben, den hattest du nicht?“
Cara wurde ernst, beinahe schüchtern. „Ich war mir nicht sicher. Mich hätte schon interessiert, ob du mich attraktiv findest oder ob ich dir zu aufdringlich bin. Ich kann ziemlich unverblümt sein, das weiß ich. Ich hatte ein bisschen Angst, ich könnte dich verschreckt haben.“
Das Eingeständnis schien ihn sichtlich zu verblüffen. „Wie kommst du denn auf so was?“
„Na, du hast nie … ich meine …“ Es fiel ihr verflixt schwer. Sie merkte, wie ihr das Blut in die Wangen stieg. Bescheuert, schalt sie sich. Wieso macht dir das was aus? Jede Menge Lover im Lauf der Jahre, und jetzt stehst du hier und wirst rot wie ein Schulmädchen? Lächerlich!
„In den letzten paar Wochen ist außer Küssen nichts gewesen“, stellte sie fest. Jetzt war es heraus.
Er stand in der Dunkelheit, nur Zentimeter von ihr entfernt, so nah, dass sie sehen konnte, wie seine Lippen sich zu einem bedächtigen, freudigen Lächeln verzogen. „Cara“, erwiderte er, strich ihr eine Strähne hinter das Ohr und ließ die Fingerspitzen dann sacht an ihrer Wange heruntergleiten, bis sie am Kinn verweilten. „Ich mache dir eben den Hof!“
Sie starrte ihn völlig verdutzt an.
Den Hof?
Habe ich mich verhört? fragte sie sich. Ja, gab’s denn so etwas überhaupt noch irgendwo, dass ein Mann einer Dame den Hof machte? Die Vorstellung hatte etwas Reizvolles. Sie fühlte sich geschmeichelt. Verzaubert. Ja, zum Kuckuck, sie strahlte über das ganze Gesicht!
„Tatsächlich?“
„Hast du damit ein Problem?“
„Aber nein! Ich … ich hatte doch keine Ahnung!“ Und da sie schleunigst ihre Verlegenheit überspielen wollte, fügte sie spöttisch hinzu: „Schon wieder so eine Anstandsregel? Ein richtiger Gentleman aus dem Lowcountry, der macht seiner Lady den Hof?“
„Kommt auf die Lady an.“
Die Antwort war ganz nach ihrem Geschmack.
„Was hast du morgen vor?“ erkundigte er sich.
„Wieso?“
„Hast du Lust zum Zelten?“
Sie schwieg, weil sie nicht wusste, ob das wirklich nach ihrem Geschmack war.
„Bitte gib mir keinen Korb!“ Er ließ nicht locker.
Ganz überzeugt war sie nicht, doch wie er das äußerte, den Kopf schräg gelegt, dieses Funkeln in den Augen, das hatte einen so jungenhaften Charme – da konnte sie nicht Nein sagen.
„Wohin geht’s diesmal?“ fragte sie am folgenden Morgen, als Brett vom Kai ablegte und das Boot, das er mit noch mehr Ausrüstung als beim letzten Mal beladen hatte,
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