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Nur dieser eine Sommer

Nur dieser eine Sommer

Titel: Nur dieser eine Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Alice Monroe
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Gemeinsam weinten Lovie und Cara um alle Mütter, die fortgegangen waren, und um die, die das noch vor sich hatten.
    Nachdem die Schildkrötenweibchen sich auf ihre einsame Rückreise begeben hatten, verschlechterte sich Lovies Zustand rapide. Es war, als habe sie, zumindest innerlich, die Loggerheads begleitet. Vorher hatte sie ihre Krankheit mit solch stoischer Ruhe ertragen, dass Cara, Toy und alle anderen dem Irrtum unterlegen waren, Lovie müsse nur frohen Mutes sein, dann würde sie ewig leben. Nun indes welkten Lovies Elan und ihr Optimismus dahin. Sie wurde depressiv und war in sich gekehrt. Sobald Cara sie zum Strand und zu einem der Nester locken wollte, lehnte sie kopfschüttelnd ab und gab vor, zu müde zu sein, da sie wegen ihres Hustens fast die ganze Nacht nicht hatte schlafen können. Versuchte es Cara dann mit der Schildkrötenstatistik oder einem bestimmten Gelegeproblem, zuckte Lovie nur mit ihren zerbrechlichen Schultern, ließ sich auf der Veranda im Schaukelstuhl nieder und starrte aufs Meer hinaus. Sie zog sich in sich selbst zurück, ließ sich von ihrer inneren Strömung treiben. Cara kam nicht mehr an sie heran.
    Während Lovie fast täglich an Gewicht verlor, wurde Toy, nunmehr in ihren letzten Schwangerschaftswochen, immer runder. Um Lovies Appetit anzuregen, kochte sie mittlerweile alles Mögliche, doch Lovie rührte die Gerichte kaum an und entschuldigte sich mit abgewandtem Gesicht. „Liegt an dem Husten“, sagte sie dann unter fortwährendem Räuspern. „Der nimmt mir jeglichen Appetit.“
    Mit Tränen in den Augen machte Toy ihr dann bittere Vorwürfe. „Wenn Sie jetzt die flüssige Nahrung auch noch ablehnen, dann werden Sie ja noch weniger! Gucken Sie doch mal, Miss Lovie, Käse-Soufflé! Weich und zart. Wollen Sie nicht wenigstens mal kosten?“
    „Ich kann ja mal probieren“, war gemeinhin Lovies lustlose Antwort.
    Zu etwas zwingen wollten Cara und Toy sie nicht, denn der Husten quälte Lovie abscheulich. Eines Nachts eilten beide in ihr Zimmer, weil sie befürchteten, sie könne an ihrem eigenen Speichel ersticken. Das brachte das Fass zum Überlaufen. Trotz aller Widerstände von Seiten Lovies setzte Cara sich durch und verkündete, nun müsse ein Termin bei Dr. Pittman her.
    „Nein, der hat so viel zu tun“, wandte Lovie ein. „Den können wir nicht behelligen.“
    „Und ob wir das können, Mama. Wie sollen wir dir helfen, wenn wir den Arzt nicht ab und zu um Rat fragen dürfen?“
    „Der wird uns ohnehin nur sagen, was wir ohnehin schon wissen!“
    Cara schaute ihre Mutter hilflos an. Allmählich führte der Weg in dunkle, unbekannte Gefilde. Hilfe war vonnöten.
    Die wenigen Minuten, in denen die jungen Schildkröten versuchen, so schnell wie möglich vom Nest ins Meer zu gelangen, sind lebensgefährlich. Oft werden die Jungtiere Opfer von bereits im Hinterhalt lauernden Gespensterkrabben. Nur eine von tausend geschlüpften Jungschildkröten überlebt so lange, dass sie die volle körperliche Reife erreicht.

19. KAPITEL
    D rei Tage später saß Cara in Dr. Pittmans Wartezimmer, das sich in der onkologischen Abteilung der Klinik befand. Stumme, niedergedrückte ältere Männer und Frauen, einige davon in entsetzlichen Krankenhausnachthemden, blätterten in alten, abgegriffenen Zeitschriften. Manche Patienten schoben fahrbare Sauerstoffgeräte vor sich her, die bei jedem Schritt metallisch schepperten. Sorgsam vermied Cara jede Berührung mit den zerfledderten Illustrierten oder auch den Armlehnen des Stuhls, auf dem sie Platz genommen hatte. Sie fasste aus Prinzip nichts an und betrachtete niedergeschlagen und in sich gekehrt ihre Hände.
    Voller Unbehagen hockte sie auf dem unbequemen Stuhl. Krankenhäuser waren ihr ein Gräuel. Eins sah aus wie das andere. Sie waren kalt und steril, Labyrinthe aus langen, engen Fluren mit Linoleumböden und Doppeltüren. Am schlimmsten an Kliniken fand Cara die Tatsache, dass sie voller kranker Menschen waren. Hinfälligen Leuten und Krankheiten ging sie tunlichst aus dem Weg. Sie reiste nur ungern mit dem Flugzeug, weil man sich ihrer Meinung nach stundenlang in einer gigantischen Bazillenfalle aufhalten musste. Hustete jemand neben ihr im Theater, rutschte sie sich so weit wie möglich von der Person weg. Wenn jemand in einem voll besetzten Aufzug nieste, hielt Cara den Atem an, bis sie endlich aus der Kabine flüchten konnte. Diese Manie gipfelte nun in der Überzeugung, dass Lovies chronischer Husten – ebenso wie dieser

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