Nur dieser eine Sommer
ihren Fotoalben, die geradezu zu einer Obsession wurden. Zwar gab sie sich alle Mühe, auch weiterhin bei den alltäglichen Entscheidungen ein Wort mitzureden, doch es fiel ihr merklich schwer.
Cara musste immer häufiger kochen. Toy half ihr zwar in der Küche, war indes in ihrem hochschwangeren Zustand extrem kurzatmig und musste ob ihrer geschwollenen Knöchel häufig die Füße hochlegen. Zudem wurde sie häufig des Abends merkwürdig unruhig und behauptete, mal kurz an die frische Luft zu müssen. Ihre Kinobesuche waren bereits nahezu an der Tagesordnung.
All das führte dazu, dass Cara offiziell eine ganze Reihe von Aufgaben übernehmen musste: als Haushüterin, Köchin, Wäscherin, Haushälterin und Chauffeurin. Sie kümmerte sich um die Mahlzeiten, Medikamente, Beschwerden, Termine, Einkäufe und Rechnungen. Hilfsangebote gab es reichlich, sie wurden jedoch eher zögerlich akzeptiert, denn Cara wollte niemanden mit ihren Problemen behelligen. Zudem schien es ihr einfacher und schneller, wenn sie die erforderlichen Dinge selbst erledigte. Allerdings existierte nach ihrer Auffassung jemand, dem in der Tat dringend seine Verantwortung bewusst gemacht werden musste.
Als Palmer die Tür des Hauses in Charleston öffnete, huschte zunächst ein freudig überraschtes Lächeln über sein Gesicht, doch es gefror schnell zu einer steifen, höflichen Maske.
„Tag, Cara!“
„Grüß dich, Palmer.“
In hellblauem Polohemd, das die Farbe seiner Augen unterstrich, wirkte er so braun gebrannt und kerngesund, als komme er geradewegs von einer Bootsfahrt oder vom Golfplatz. Verglichen mit seinem erlesenen Freizeitlook, hatte Cara in ihren simplen Khakihosen und dem Baumwollhemd direkt etwas Mädchenhaftes an sich. Wahrscheinlich, so glaubte sie, wäre es besser gewesen, wenn sie zu dieser Unterredung in etwas formellerem Outfit erschienen wäre.
„Was führt dich her?“
„Ich finde, wir sollten uns mal über Mama unterhalten.“
Er überlegte. Cara spürte Unbehagen aufsteigen. Die Sache würde nicht einfach werden.
„Gut, dann tritt bitte ein“, sagte er widerwillig und hielt die Tür auf.
Betont selbstbewusst, mehr um ihre Nervosität zu übertünchen, setzte Cara den Fuß über die Schwelle ihres Elternhauses. Erst zum zweiten Mal seit ihrer Heimkehr war sie hier. Weitere Einladungen waren ausgeblieben, und seit der Party zum Unabhängigkeitstag hatte Palmer sich nicht mehr im Haus am Meer blicken lassen.
„Wo sind denn die Kinder?“ erkundigte sie sich, als sie das mit Marmor ausgelegte Foyer durchquerten.
„Die spielen irgendwo.“
„Schade!“ Dass sie die Kleinen nicht antraf, enttäuschte sie. Andererseits war’s angesichts des Themas der anstehenden Unterhaltung vielleicht besser so. Ohne Umschweife lief Cara ins Wohnzimmer; Palmer folgte ihr und bat sie mit einer Handbewegung zu zwei Polstersesseln mit herrlichem italienischen Sitzbezug.
„Sind die neu?“ fragte Cara voll Bewunderung.
„Nein, sie standen vorher in Daddys Bibliothek. Das waren die mit diesem wandteppichähnlichen Stoff! Erinnerst du dich noch?“
„Die schauen jetzt aber anders aus“, stellte sie fest, wobei sie sich in einem der Sessel niederließ. Die Bezüge mussten eine Stange Geld gekostet haben. „Sehr hübsch!“
„Macht alles Julia“, erwiderte er teilnahmslos und setzte sich in den Sessel gegenüber.
„Wie geht’s ihr denn? Ich habe sie ewig nicht gesehen. Sie war lange nicht bei uns drüben.“
„Sie ist zu ’ner Schulpflegschaftssitzung. Sie hat sowieso dauernd drüben in der Schule zu tun. Langsam wird’s ernst, jetzt, wo der Unterricht wieder begonnen hat.“
„Bei uns im Strandhaus ist auch einiges los.“ Damit war das Thema eröffnet, wie beide wussten.
Palmer nickte gleichmütig.
Bemüht, das nichtssagende Geplauder zu beenden und zur Sache zu kommen, beugte Cara sich vor. „Vor zwei Wochen hab ich dich wegen Mama angerufen.“ Sie legte eine Pause ein, um den Satz wirken zu lassen. „Wir sprachen über die Diagnose. Ich dache, ich hätte mich klar ausgedrückt! Offenbar hast du nicht ganz begriffen. Deshalb möchte ich lieber persönlich mit dir reden.“
„Ich habe dich durchaus verstanden. Ich stimme dir allerdings nicht zu.“
„So? Was gibt’s da groß zuzustimmen? Mama hat Krebs! Sie liegt im Sterben!“
„Das glaube ich nicht.“
Auf diese Antwort war Cara nicht gefasst. Wie betäubt lehnte sie sich in ihren Sessel zurück. „Mensch, Palmer, du machst dir was
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