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Nur dieser eine Sommer

Nur dieser eine Sommer

Titel: Nur dieser eine Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Alice Monroe
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hassen vorgab.
    „Wollen wir nicht wenigstens einige unserer Differenzen beilegen, Cara?“
    Cara wischte sich über die Augen und drehte sich dann wieder zu ihrer Mutter um. Es tat Lovie weh, ihre Tochter weinen zu sehen. Die wenigen Gelegenheiten, bei denen Cara in Tränen ausgebrochen war, ließen sich an den Fingern einer Hand abzählen.
    „Genau darauf hatte ich gehofft, als ich herkam! Ich hegte sogar die idiotische Vorstellung von einer Art Wiedervereinigung zwischen Mutter und Tochter! Kannst du dir das vorstellen?“ Sie lächelte kurz, fügte dann aber erschöpft hinzu: „Schon gut, macht nichts.“ Sie holte tief Luft. „Ich fahre morgen nach Chicago zurück.“
    „Jetzt schon?“
    „Es ist doch offensichtlich, dass du meine Hilfe nicht brauchst. Und ganz ehrlich, ich habe eine solche Unordnung hinterlassen, dass ich unbedingt aufräumen muss. Ich kann hier nicht länger tatenlos herumhocken.“
    „Jetzt bist du beleidigt!“
    „Durchaus nicht. Ich brauche nur ein wenig Zeit, um alles nochmal zu überdenken.“
    Lovie holte zitternd Luft. „Du nimmst an, die Familie wolle nichts mehr mit dir zu tun haben. Du glaubst, Palmer habe alles bekommen, und du nichts!“
    „Mutter, bitte …“
    „Du hast mich gefragt, wie das gemeint gewesen sei, als ich dir schrieb, dass bestimmte Dinge in Ordnung gebracht werden müssten. Also, pass auf!“ Sie nippte an ihrem Tee, der ihr offenbar gut tat, und stellte ihn auf den Tisch zurück. In ihrem Sommerhaus fühlte sie sich sicher, hier konnte sie eher sie selbst sein als im Haus in Charleston.
    „Nach dem Tode deines Vaters“, begann sie, „fasste ich den Entschluss, mich ins Sommerhaus zurückzuziehen. Es war kein spontaner Schritt, sondern die Erfüllung eines Versprechens, das ich mir schon lange vorher gegeben hatte, eine Art Geschenk, das ich mir selbst machen wollte. Und immer wenn ich daran dachte, half es mir über schwierige Zeiten hinweg.“
    Cara blickte ihre Mutter an. In schwierigen Zeiten? Was sollte das heißen? „Warum hast du so lange gewartet?“
    „Ich hatte meine Gründe. Doch der Plan existierte schon lange. Warum habe ich wohl vor Jahren die Küche renovieren lassen?“
    „Weil du das Cottage vermieten wolltest, dachte ich.“
    „Genau das habe ich Stratton erzählt. Ich wusste, er stimmt zu, wenn ich es als Investition deklariere.“ Ihr Lächeln hatte etwas Verschwörerisches. „Aber es war für mich selbst! Ich wünschte mir sehnlichst, allein zu wohnen. Für jemanden in meinem Alter ist es leichter, das Strandhaus in Ordnung zu halten als die Villa in Charleston mit ihren empfindlichen Antiquitäten! Hier bin ich wirklich frei, frei von all dem …“ Sie seufzte. Der passende Begriff fiel ihr nicht ein.
    „Getue?“ bot Cara an.
    „Überflüssigen Firlefanz. Du scheinst in diesem Punkt ähnlich zu empfinden wie ich. Häuser und Möbel bedeuten dir nicht viel. Das schätze ich an dir.“
    Mit diesem unerwarteten Kompliment hatte Cara nicht gerechnet.
    Lovies Blick ging ins Leere, während sie ihren geheimsten Gedanken nachhing. „Vierzig Jahre habe ich in dem großen Haus verbracht“, begann sie zögernd. „Eins lass dir sagen: Diese reizenden und von aller Welt bewunderten alten Kästen sind schwer in Schuss zu halten. Ich hab’s am eigenen Leibe erfahren. Dauernd sind Reparaturen fällig: am Anstrich, an der Elektroinstallation, an den sanitären Einrichtungen, am Putz … Ich kann dir sagen, ein guter Stuckateur ist in diesen Gefilden sein Gewicht in Gold wert! Ich hatte die Nase voll: vom Ärger mit den Handwerkern, vom Staubwischen, von der Pflege der Antiquitäten. Ständig musste man die Rollos hinunterlassen, weil die kostbaren Stücke die Sonne nicht vertrugen. Und weiß der Himmel, mir reichte es auch, ständig die Gastgeberin zu spielen.“
    „Ich dachte, du hättest das Haus geliebt!“
    „Eine Weile war das auch so. Dabei geht es mir um mehr als nur um das Haus an sich. Als Frau an der Seite deines Vaters hatte ich meine gesellschaftlichen Aufgaben zu erfüllen, auch als deine und Palmers Mutter, als aktives Mitglied der Kirchengemeinde, in der Schule, in der Firma. Mein Tag war von vorn bis hinten verplant: Einladungen und Gegenbesuche, politische Kampagnen und kulturelle Veranstaltungen. Endlose Telefongespräche, Termine, Besprechungen. Essen kochen, aufräumen, Arztbesuche, Garten, Einkäufe. Stets mussten Knöpfe angenäht, Blumen gegossen oder die Kinder irgendwohin kutschiert werden. Mein Gott, was

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