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Nur dieser eine Sommer

Nur dieser eine Sommer

Titel: Nur dieser eine Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Alice Monroe
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bin ich herumgefahren! Ganze Jahre habe ich im Auto verbracht und mir weitere Jahre Sorgen gemacht, als ihr, du und Palmer, selbst den Führerschein hattet. Von einer Frau wird eine Menge verlangt im Leben, denn sie ist die Achse, um die sich viele kleine Planeten drehen. Ich habe alle Erwartungen erfüllt. Zweifellos gab es auch zahllose glückliche Augenblicke in all der Zeit. Doch mit Strattons Tod ging dieser Teil meines Daseins zu Ende.“
    An dieser Stelle sprach sie mit fester Stimme, wandte sich um und ließ ihren Blick friedvoll durch das gemütlich erleuchtete Cottage schweifen. Dann atmete sie tief durch und machte ihrem Herzen Luft. „Wenn ich mir je etwas habe zuschulden kommen lassen, dann ist es die Tatsache, dass ich mir nicht genug Zeit für mich selbst nahm, für eine ruhige Stunde, um nachzudenken, zu beten, Kraft zu schöpfen. Dazu war ich viel zu beschäftigt. Jeder Augenblick war in dem großen Haus so verplant, dass ich einfach innerlich austrocknete. Ich könnte vermutlich mit dem Finger auf meine Mitmenschen oder auf Ereignisse zeigen und ihnen die Schuld zuweisen. Doch im Tiefsten meiner Seele weiß ich, dass ich allein die Verantwortung trage und niemand sonst.“ Ihre Miene hellte sich auf. „Aber im Sommer, da kam ich immer hierher. Das hat mich gerettet. Hier fühlte ich mich immer glücklich und befreit, so, als wär’s in meinem Herzen Tag für Tag nur Sommer, das ganze Jahr!“
    Cara beugte sich verwundert vor. Sie hatte den Eindruck, ihre Mutter erst jetzt wirklich kennen zu lernen. „Genauso habe ich es immer empfunden!“
    „Das habe ich vermutet und gehofft, dass du verstehst, wie wichtig Primrose Cottage ist. Für uns und für die Familie.“
    Cara staunte nicht schlecht, hatte aber nicht die Absicht, diese Wesensverwandtschaft näher zu erörtern. „Richtig schön, sich mit dir zu unterhalten. Sollten wir öfter tun.“
    „Dann bleib doch!“
    „Das geht nicht, Mutter! Ich bin kein kleines Mädchen mehr. Mit Sommerferien ist Schluss!“
    „Du bist noch immer
mein
kleines Mädchen.“
    „Aber ich kann es mir momentan nicht leisten, Urlaub zu machen! Ich habe viel um die Ohren. Ich erkläre es dir später. Nächstes Jahr vielleicht.“
    „Nein, nicht nächstes Jahr. Dieses!“
    Cara stand vom Sofa auf, ging auf ihre Mutter zu und ergriff ihre Hand. „Nimm’s mir nicht übel, Mama, aber es geht wirklich nicht. Ich habe schon gepackt und breche gleich bei Sonnenaufgang auf.“
    „So früh willst du mich schon verlassen?“
    „Ich muss. Wirklich!“
    „Wenn du noch ein paar Tage bleiben würdest, könnten wir …“
    „Ich muss meine Wohnung aufräumen, meine Rechnungen bezahlen … Mama, ich muss schließlich meinen Lebensunterhalt verdienen! Wenn ich früh losfahre, schaffe ich’s vielleicht in einem Tag.“
    „Ach so! Kommst du denn bald wieder?“
    „Ich werde es versuchen.“
    Lovie zog ihre Hand weg. Sie wusste, es war nichts zu machen, und fühlte sich unaussprechlich alt und gebrechlich. „Dann geh jetzt schlafen, Liebes. Ich trinke nur noch meinen Tee aus.“
    Es war eine windige Nacht, doch Lovie störte das nicht. Der Wind hatte die Wolken vertrieben, sodass man nun die Sterne am klaren Firmament funkeln sah.
    Lovie trat aus dem Schatten der Veranda und schaute zum Himmel. Der Große Bär war so deutlich zu erkennen, dass Cooper spielend die Verbindungsstriche hätte ziehen können. Dennoch, der Pfad durch die Dünen hatte seine Tücken. Lovie schaltete ihre Spezialstablampe ein, deren sanftes Rotlicht die Schildkröten nicht erschreckte, legte sich einen alten Pullover über die Schultern und machte sich auf zum Strand. Es war schon sehr spät, nach Mitternacht bereits, doch sie fühlte sich viel zu unglücklich, als dass sie hätte schlafen können.
    Deshalb brauchte sie diesen Spaziergang. Zwar konnte sie in ihrem Alter nicht so weit laufen, wie sie es gern getan hätte, doch diese nächtlichen Wanderungen am Strand verschafften ihr nun, da Russell nicht mehr war, etwas Seelenfrieden.
    Russell, liebster Russell … Oh, wie sehr sie ihn vermisste, ihren engsten Freund, ihre Liebe, ihn und seine so unaufdringlichen Ratschläge! Wäre er noch am Leben gewesen, sie hätte ihm alles über das Fiasko mit Cara erzählt und ihn um Rat gebeten. In Gedanken war sie bei ihm, während sie dem dünnen Lichtstrahl folgte, der auf den Boden vor ihr fiel. Auf dem schmalen Pfad setzte sie einen Fuß vor den anderen und passte auf, dass sie nicht über irgendwelches

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