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Nur ein Augenblick des Gluecks Roman

Titel: Nur ein Augenblick des Gluecks Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dianne Dixon
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auf die Stirn. Seine Haut fühlte sich glatt und kühl an, und sie verströmte den Geruch von Sonne und Meer. Amy zuckte zusammen.
    Denselben Geruch hatte er an sich gehabt, als man ihn vor wenigen Stunden bewusstlos aus dem Ozean gefischt hatte - gerade als Amy mit Zack vom Markt zurückgekehrt war. Sie hatte die furchterregenden Schreie Rosas, der Haushälterin, gehört. »Mr. Justin!«, rief sie. »Madre de Dios! Oh, mein Gott, was ist mit Mr. Justin passiert!«
    Rosa stand im Wohnzimmer an der offenen Verandatür und deutete hinaus Richtung Strand. In der Zeit, die Amy brauchte, um nach draußen und an den Ufersaum zu laufen, war Justin aus Ari Silvers Armen geglitten und im Sand gelandet. Mit Mühe hatte Amy ihn aufgerichtet; seine Haut fühlte sich wächsern und kalt an.
    In diesem Augenblick hatte Amy gespürt, wie ein wesentlicher Teil von Justin sich zurückzuziehen begann. Sie spürte, dass sich ein merkwürdiger Schatten - der Schatten, den ihr Besuch am Haus in der Lima Street geworfen hatte - durch die Landschaft ihrer beider Leben bewegte und eine tödliche Kälte mit sich brachte.
    Amy stellte den Karton mit der alten Uhr und der Brieftasche beiseite und legte sich dicht neben Justin aufs Bett.

    In vollkommener Stille, wie Figuren in einem Gemälde, lagen sie Seite an Seite - das Porträt eines jungen Paares, im Schlafzimmer seines kalifornischen Wohnhauses treibend, ringsum offene, rechteckige Räume und saubere Holzböden, und die Szene ist getaucht in blendendes Sonnenlicht, das durch die riesigen Fensterscheiben ins Zimmer fällt.
    Schließlich durchbrach Justin das Schweigen. »Als du mich eben geküsst hast, warum bist du derart zusammengezuckt?«
    »Deine Haut war kalt, und ich konnte den Ozean in deinen Haaren riechen«, erwiderte Amy zögernd, dann fügte sie hinzu: »Ich glaube, es hat mir Angst gemacht … Ich kann den Gedanken nicht ertragen, dass du noch jemals wieder allein ins Wasser gehst.«
    »Ich weiß, dass ich im Moment ziemlich durch den Wind bin … aber nicht so durch den Wind, wie du glaubst. Du brauchst nicht jedes Mal, wenn ich schwimmen gehe,Angst um mein Leben zu haben.« Ein bitterer Unterton schlich sich in seine Stimme. »Hey, ich habe ein Grab. Ich habe einen Grabstein. Im Prinzip bin ich also schon tot.«
    Amy rückte von ihm ab und bedachte ihn mit einem ärgerlichen Blick. »Das ist nicht witzig. An dieser ganzen Geschichte ist überhaupt nichts witzig.«
    »Nein. Es ist nicht witzig. Es ist verdammt beängstigend.« Er rollte sich auf den Rücken und schloss die Augen. Amy fühlte sich, als sei sie von ihm abgeschnitten.
    »Justin, bitte!« Sie nahm seine Hand. »Dieser Grabstein ist nichts weiter als ein alter Brocken Stein. Er steht schon seit ewigen Zeiten auf diesem Friedhof. Er stand schon dort, als wir uns in London kennen gelernt haben. Er stand dort, als wir das erste Mal miteinander geschlafen haben, und am Tag
unserer Hochzeit und am Morgen von Zacks Geburt und in der Nacht, als wir die Flasche sündhaft teuren Champagner getrunken haben, um deinen Job hier in L. A. zu feiern.« Amys Tonfall war nun kampflustig und entschieden. »Wie auch immer dieser Steinbrocken auf den Friedhof gelangt sein mag, deswegen brauchen wir unser Leben nicht aus den Fugen geraten zu lassen. Du hast ihn entdeckt, aber ansonsten hat sich nichts geändert. Dein Leben spielt sich in der Gegenwart ab, heute, mit mir und mit Zack. Unsere Zukunft zählt. Und sonst nichts.«
    Justin öffnete die Augen und musterte sie eine Weile. Als er antwortete, klangen Trauer und eine Spur von Verlegenheit aus seiner Stimme: »Amy. In meiner Geschichte gibt es riesige Stücke, die einfach fehlen. Ich weiß nicht, wohin sie verschwunden sind. Sie sind einfach … weg. Es ist so verwirrend. Ich bin ich. Ich bin jetzt hier. Das weiß ich. Aber eine Menge Dinge weiß ich auch nicht. Dinge, an die ich nicht herankommen kann.«
    »Zum Beispiel?«, fragte Amy.
    »Alles Mögliche. Ich weiß zum Beispiel, dass ich irgendwann einmal einen Lehrer hatte, der dieses richtig coole Auto gefahren hat. Einen alten MG. Er hat ihn mit Hingabe gepflegt, und er war grün … Fast eine Art Rennwagen.« Justin hielt inne und atmete tief durch. »Aber ich habe nicht die geringste Ahnung, wie er hieß oder in welcher Klasse ich war oder wie meine Schule aussah. Oder wie ich aussah.«
    Halb flüsternd, halb murmelnd, entgegnete Amy: »Was willst du damit sagen?«
    »Ich weiß es nicht«, entgegnete Justin angespannt. Er

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