Nur ein Augenblick des Gluecks Roman
wenig bemerkenswerten Beinen und einer naiven
Begeisterung für das Versicherungsgeschäft. Genau der Typ schmerzlich durchschnittlicher Frau, von dem Robert als Jugendlicher immer gedacht hatte, dass er ihn später einmal heiraten würde; der einzige Typ Frau, den er (wegen seiner eigenen Durchschnittlichkeit) zu verdienen glaubte.
Er erinnerte sich an den Adrenalinstoß: jene aufregende Woge des Begehrens, die ihn durchflutet hatte, als sie ihn am Ende des Abends mit offenem, ihm entgegengereckten Mund küsste, mit einem sauberen, warmen, weichen Mund. Er hatte sich gefragt, wie es sich anfühlen würde, in das Vergnügen solcher Bereitwilligkeit und unkomplizierter Vorhersagbarkeit einzutauchen. Ob er ohne Erniedrigungen zu einer erotischen Freiheit finden würde, die der Sex mit Caroline ihm niemals beschert hatte. Sie war zu kompliziert, zu zerbrechlich.
Er erinnerte sich daran, wie er die Frau enttäuscht an der Tür zu ihrem Hotelzimmer hatte stehen lassen. Er war in sein eigenes Zimmer zurückgekehrt und hatte Caroline angerufen; um ihr zu sagen, dass er sie liebte und immer lieben würde. Er hatte sie dazu bringen wollen, ihm zu glauben - weil es die Wahrheit war.
Bei diesem Telefongespräch hatte Caroline ihm erzählt, dass Mitch in der Stadt war. Die Neuigkeit hatte Robert mit Eifersucht erfüllt. Er wusste, dass Caroline Mitch während ihrer Collegezeit begehrt hatte. Und ein Teil von Robert glaubte, dass sie niemals aufgehört hatte, ihn zu begehren.
»Robert, ist alles in Ordnung?«, rief Mrs. Marston aus der Küche. Er antwortete nicht. Er durchquerte den Flur und betrat Justins Zimmer. Mondlicht flutete durch das Fenster und tauchte die Kerbe der Fensterbank ins Licht - die Kerbe, die seine Kinder »das Clownsgesicht« nannten. Robert verband damit - und daran würde sich nie etwas ändern -
eine spöttische Herabsetzung seiner Person. Einen handfesten Beweis dafür, dass seine Männlichkeit nur eine zweitklassige war.
Die Kerbe war entstanden, als Robert 16 war, während der Frühjahrsferien. Er hatte den ganzen Tag in der Werkstatt verbracht, um ein neues Surfbrett zu shapen. Dann war er nach oben gegangen, um zu duschen, in der Annahme, das Haus wäre leer.Als er jedoch in sein Schlafzimmer treten wollte, bemerkte er seinen Bruder Tom.
Bei Tom, von der Hüfte aufwärts nackt und mit geöffneter, über die Hüften hinuntergeschobener Jeans, war Roberts Freundin, ein Mädchen namens Claire. Tom ließ gerade seine Hand zwischen ihre Beine gleiten und fragte, ob er aufhören solle. Und Claire sagte »Nein«. Robert, der die Szene von der Tür aus beobachtete, fühlte sich elend, ihm war übel.Tom stellte sich hinter Claire, sie wandte sich dem Fenster zu, und er drang in sie ein.
In ihrer Erregung schrien Tom und Claire unisono auf, und es klang wie Musik. Claire breitete die Arme aus, um sich abzustützen und flüsterte: »O Gott, ich bin mit dem falschen Bruder zusammen gewesen!«
Als sie die senkrechten Pfosten des Fensterrahmens packte, wurde ihr Körper gegen die Waagerechte der Fensterbank gepresst; einer der runden, kupfernen Knöpfe ihrer Baumwolljacke hinterließ einen Abdruck im Holz: eine Kerbe, die entfernt an das lächelnde Gesicht eines Clowns erinnerte.
Als Tom und Claire schließlich fertig waren, war Robert längst auf und davon. Er hatte das Auto seiner Mutter in der Auffahrt gehört und war aus dem Haus gelaufen, um sie abzufangen und auf sie einzureden. Er hatte es nicht zulassen können, dass sie die erniedrigende Wahrheit über seinen Bruder erfuhr, und über seine Freundin. Und über ihn selbst.
»Robert, was ist los mit dir? Ich bestehe darauf, dass du mir auf der Stelle eine Erklärung gibst.« Mrs. Marston war ins Zimmer gekommen und stand unmittelbar hinter Robert - so nah, dass er ihren Atem in seinem Nacken spürte.
Mrs. Marston hatte geholfen, ihn auf die Welt zu bringen, und sie war die beste Freundin seiner Mutter gewesen. Robert wollte ehrlich und freundlich mit ihr umgehen, doch er hatte sich nicht mehr unter Kontrolle. Sie war es nun, die seine Wut auf Caroline zu spüren bekam.
»Sie wollen wissen, was mit mir los ist?«, fragte er. »Ich hab’ mein Leben damit verbracht, die Scheiße der anderen zu fressen. Und ich hab’ die Schnauze voll davon.«
Mrs. Marston schaute ihn ganz ruhig an und entgegnete mit ebenso ruhiger Stimme: »Ich mag deine Ausdrucksweise nicht, Robert. Aber das Gefühl kenne ich.«
Sie berührte seinen Arm und drehte ihn sanft zu
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