Nur ein Augenblick des Gluecks Roman
sich. »Zum einen oder anderen Zeitpunkt haben wir alle einmal dieses Gefühl gehabt.Aber ist dir schon mal in den Sinn gekommen, dass über die Jahre hinweg andere Menschen auch deine Scheiße gefressen haben?«
Ihre Worte und die Ruhe, mit der sie sie aussprach, machten Robert noch wütender. »Mrs. Marston, Sie waren doch die ganze Zeit dabei. Sie wissen, dass ich in einem Leben feststecke, das ich niemals haben wollte. Ich bin beschissen worden.Von meinen Eltern. Und von meinem Bruder. Und versuchen Sie mir nicht einzureden, dass ich wie ein braver Junge ins Bett gehen soll, während meine Frau jetzt auch noch damit anfängt.«
Robert hatte sie angeschrien; laut genug, um Mrs. Marston einige Schritte zurückweichen zu lassen. Auch sie hob jetzt die Stimme: »Ich weiß nicht, was zwischen dir und Caroline vorgefallen ist. Aber ich kann dir sagen, dass es deine
Entscheidung war, nach dem Herzinfarkt deine Vaters hierher zurückzukommen. Du hättest nein sagen können. Wir haben im Leben die Wahl, Robert. Ist dir das immer noch nicht klar?«
Er hatte auf ihr Mitgefühl und ihre Unterstützung gehofft, doch stattdessen hatte sie ihn auch noch angegriffen. »Sparen Sie sich die Plattitüden, Mrs. Marston.«
»Ich schäme mich für dich, Robert«, erwiderte sie. »Ich hatte mehr von dir erwartet.«
Mrs. Marston verschwand aus dem Zimmer und schloss die Tür hinter sich. Robert hörte, wie sie die Treppe hinunterging und das Haus verließ. Er spürte, wie die weiche Stelle in seinem Innersten - etwas, das hier in diesem Haus in ihm herangewachsen war - bereits dabei war, sich zu verhärten. Er spürte, wie sie zu Stein wurde.
Früh am nächsten Morgen kam Caroline nach Hause.Als sie durch die Tür trat, war Robert gerade auf der Treppe. Sein Gesichtsausdruck war kalt und unergründlich.
»Wo bist du gewesen?«, fragte sie. »Warum hast du mich im Krankenhaus alleingelassen und bist nicht zurückgekommen? Du hast mir nicht einmal gesagt, dass du gehst.«
»Ich bin nach Hause gefahren, um bei meinen Kindern zu sein.«
Die Feststellung schien eine Trennwand aus Eis zwischen ihnen aufzurichten.
Für einen Moment herrschte tödliche Stille; die Stille, kurz bevor der Henker seine Klinge niedersausen lässt.
»Er ist nicht von mir, oder?«, fragte Robert.
Die Frage lähmte Caroline.
»Es ist an diesem Halloween passiert, als Mitch in der
Stadt war, stimmt’s?« Robert intonierte den Satz wie eine Feststellung, über die sich nicht diskutieren ließ.
»Ja, aber …«
Ehe sie fortfahren konnte, schrie Robert: »Hör auf! Ich hab’ zum letzten Mal Scheiße geschluckt, Caroline. Es ist vorbei.«
Sie kletterte die Treppe hinauf, um ihn zu berühren. »Robert, bitte …«
Gewaltsam riss er sich von ihr los und stieß sie gegen das Geländer. Ihre Stimme war leise und keuchend: »Robert, ich werde den Rest meines Lebens damit verbringen, es wiedergutzumachen.«
Sie klammerte sich an ihn. Flehend. Sie spürte, wie das Haus um sie herum einstürzte. Wie es drauf und dran war, für ihre Kinder zu jenem kaputten Ort zu werden, dem sie ihr Leben lang zu entfliehen gesucht hatte.
»Ich werde alles tun.« Sie weinte verzweifelt. »Aber bitte bleib … unseren Kindern zuliebe. Geh nicht weg. Lass sie nicht allein.«
Roberts Antwort klang Furcht einflößend in ihrer Kälte: »Ich bin es nicht, der gehen wird.«
Caroline konnte keinen Sinn in dem entdecken, was sie gerade gehört hatte: »Wovon sprichst du?«
»Ich spreche von Justin«, erklärte er. »Ich spreche davon, dass du für das, was du getan hast, bezahlen wirst, Caroline.«
JUSTIN
Santa Monica, Anfang Januar 2006
U m Justin herum tobte das Chaos.
In der Garage kämpften unterirdische Pumpen gegen die ansteigende Flut. Auf das Haus ging eine Kanonade prasselnden Regens vom Nachthimmel nieder. Und aus dem Fernseher im Wohnzimmer ergoss sich die Krisenlitanei der Fünf-Uhr-Nachrichten.
Justin saß im Halbdunkel; die einzige Beleuchtung lieferten der Widerschein des Fernsehers und das Flackern des Kamins, und er lauschte dem tosenden Regen und dem Leiern der Nachrichten. Als sich auch noch das Läuten des Telefons in die Geräuschkulisse mischte, machte er keine Anstalten, den Hörer abzunehmen.
Wie hypnotisiert verharrte er auf dem Sofa: Südlich von Santa Barbara war ein Berghang weggerutscht und hatte weite Teile einer Kleinstadt unter sich begraben; in den Hügeln von Hollywood hatte eine Schlammlawine ein Haus dem Erdboden gleichgemacht, und die
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