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Nur ein Blick von dir

Nur ein Blick von dir

Titel: Nur ein Blick von dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S. C. Ransom
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die Menge teilte sich. Ich konnte sehen, wie der Versunkene mit den fettigen Haaren davongeschleppt wurde.
    Alles, was ich hören konnte, war das Pochen meines eigenen Herzens. Ich löste meinen schraubstockartigen Griff um das Geländer, taumelte auf die Stufen zu und setzte mich hin, bevor meine Beine ganz den Dienst versagten. Olivia blieb bei mir.
    »Das war Lucas. Er ist, also, er ist wirklich unheimlich. Ich versuche, ihm aus dem Weg zu gehen«, antwortete sie endlich.
    »Ich glaube, er hat versucht, mich umzubringen.«
    »Er ist einer von denen hier, die am verzweifeltsten sind. Er würde wirklich alles tun, damit es vorbei ist.«
    Ich beobachtete, wie die dunklen Gestalten dort unten deutlicher sichtbar wurden. Callum und Matthew waren in eine hitzige Diskussion vertieft und deuteten immer wieder auf mich. Ich schluckte.
    »Was werden sie mit ihm machen?«, flüsterte ich Olivia zu, die ebenfalls weiter zusah.
    »Ich weiß nicht so genau. Ich kann mich nicht erinnern, dass irgendjemand schon mal bestraft werden musste. Niemand von uns besitzt etwas, das ihm weggenommen werden könnte, und so gibt es auch selten Streit.«
    Darüber dachte ich noch nach, als Matthew und Callum endlich ihre Diskussion beendeten und Callum die Treppe zu uns hochstieg.
    Olivia meinte leise: »Ich glaube, ich verzieh mich jetzt besser.« Noch ehe ich etwas antworten konnte, war sie verschwunden und Callum an ihrer Stelle da.
    »Worum ist es denn eigentlich gegangen?«, fragte ich.
    Er seufzte und fuhr sich mit der freien Hand durchs Haar. »Olivia hat recht. Lucas ist verzweifelt. Er wollte, dass du das Amulett abnimmst.«
    »Das ist ihm auch fast gelungen. Dieses Dröhnen, das er gemacht hat, war schrecklich.«
    Callum nahm meine freie Hand in seine, und so weit oben auf der Kuppel konnte ich ihn deutlich spüren. »Das darfst du nicht, Alex! Wenn du es auch nur für eine Sekunde abnimmst und jemand wie Lucas ist in der Nähe … bedeutet das deinen Tod.« Sein Gesichtsausdruck zeigte mir die Qual, die er empfand.
    »Ich weiß. Deshalb habe ich ja nach dir gerufen. Ich wusste, dass du das nicht zulassen würdest.« Ich drückte seine Hand und versuchte, ein Lächeln zustande zu bringen.
    »Es gibt nur ein Problem: Was ist, wenn ich nicht rechtzeitig da sein kann? Ich kann natürlich versuchen, alles wie schon einmal zu kopieren, doch wie verschaffen wir dir dann das Amulett zurück, damit ich dir alles wieder runterladen kann? Im Ernst, das sind wirklich schlechte Neuigkeiten.« Er schüttelte den Kopf, während er den Boden zu studieren schien.
    Ich wusste nicht, was ich sagen oder tun sollte, um ihn zu ermutigen, daher entschloss ich mich, weitgehend optimistisch zu sein. »Na, zumindest weiß ich jetzt, was er eventuell macht. Es ist nur ein Geräusch – er kann mich nicht wirklich verletzen. Wenn er es wieder versucht, beachte ich es einfach gar nicht, bis du kommen kannst.«
    »Und was ist, wenn du fährst? Oder über die Straße gehst? Auf die Art könnte er dich auch umbringen.«
    »Na ja, aber das wäre sinnlos, oder? Wenn er mich umbringt, kann er doch kaum meine Erinnerungen stehlen. Beruhige dich, Callum. Ich bin sicher, dass das alles gutgeht.«
    »Matthew sieht das nicht so.«
    Ich versteifte mich. Callum hielt viel von Matthew, dem Anführer der Versunkenen. »Ah ja? Und was meint er?«
    »Er findet, dass wir die Kathedrale sofort verlassen sollten und gut überlegen, ob ich dich noch einmal herbringe oder nicht. Wir hatten uns nicht klargemacht, wie … unerfreulich einige von unseren Gefährten werden können, wenn sie wissen, dass du in der Nähe bist.«
    Er hob den Kopf, und seine umwerfend blauen Augen suchten meinen Blick. »Ich passe auf dich auf, das verspreche ich. Keiner von hier wird dir etwas antun, solange ich da bin.« Seine Stimme war leise, eindringlich, und es gab für mich gar keinen Zweifel daran, dass er jedes Wort ernst meinte. »Ich denke allerdings auch, dass wir tun sollten, was er gesagt hat, und jetzt sofort aufbrechen.«
    Ich war enttäuscht, hatte aber auch Angst. Ich hatte mich so auf eine weitere Gelegenheit gefreut, Callum zu umarmen, zu berühren und ihn zu küssen. Ich unterdrückte ein Seufzen. Sein Gesicht war angespannt, die Kinnmuskeln traten hervor, und sein ganzer Körper befand sich immer noch in Alarmbereitschaft, bereit zum Kampf. Doch er war auch immer noch leicht transparent, und ihn zu berühren war wie Zuckerwatte anfassen. Mir wurde wieder mal klar, wie sehnsüchtig

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