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Nur ein Blick von dir

Nur ein Blick von dir

Titel: Nur ein Blick von dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S. C. Ransom
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ich mir wünschte, seinen Arm richtig zu streicheln, seinen Hals zu küssen, seinen Kopf an meinen zu ziehen … Ich schüttelte mich, um mich auf die anstehenden Probleme zu konzentrieren.
    »In Ordnung, du bist der Boss«, willigte ich widerstrebend ein und warf einen verzweifelten Blick auf die Treppe, die ganz nach oben führte. Ich versuchte, es ganz gelassen zu nehmen, doch ich wusste, wie angespannt er noch immer war. »Dann sollten wir mal los. Du kannst mich beschützen, während ich zur
Waterloo Station
gehe, und wenn ich erst mal im Zug sitze, kann ich nicht in allzu große Schwierigkeiten kommen.«
    Callum nickte bedrückt, offensichtlich war er mit seinen Gedanken noch ganz bei Lucas. »Ja, glaube ich auch«, meinte er schließlich. »Ich muss noch mit Matthew reden, aber ich will es nicht riskieren, dich allein zu lassen, vor allem nicht hier drin. Ich warte, bis du sicher im Zug sitzt.«
    Auf dem Weg nach unten schaute ich mich auf den Galerien um, ob hier noch Versunkene waren, doch ich sah keinen mehr. Matthew hatte wohl dafür gesorgt. Ich fragte mich, womit man jemandem drohen konnte, dessen Leben schon dermaßen entsetzlich war, der nicht essen und trinken musste, der schon eine ganze Ewigkeit gefangen war. Welche Strafe könnte Lucas davon abhalten, mich ein zweites Mal anzugreifen? Beim Gedanken an sein hasserfülltes Gesicht schauderte mich. Callum hatte recht. Es war Zeit zu gehen.
    Wir machten uns auf den langen Weg zum Bahnhof. Ich hatte einen kleinen Stadtplan von dieser Gegend, nach dem ich mich genau orientieren konnte. Schweigend gingen wir eine Weile, Callum wieder in Gedanken versunken. »Komm schon«, sagte ich schließlich. »Rede mit mir, Callum.«
    Er grunzte nichtssagend. Beim Gehen konnte ich seinen Gesichtsausdruck nicht sehen, doch ich konnte ihn mir nur allzu gut vorstellen. Ich versuchte es wieder.
    »Sag mir doch, was du denkst. Was machen wir jetzt?«
    »Du musst dich von jedem anderen Versunkenen fernhalten. Ich muss sicherstellen, dass dir kein anderer nach Hause folgt, dass kein anderer beschließt, dich als Ausweg aus dieser Existenz zu benutzen.«
    »Was ist mit Olivia? Ihr können wir doch sicher vertrauen? Und Matthew?«
    »Ich gehe mal davon aus«, stimmte er zurückhaltend zu. »Aber ich weiß nicht, wie ich sorgfältig für deine Sicherheit sorgen soll, wenn ich so viel Zeit mit Sammeln verbringen muss.«
    Er hatte recht. Er konnte ja nicht die ganze Zeit bei mir sein. Ich merkte, wie ich beim Gehen die Schultern hängen ließ, straffte mich dann aber wieder und wollte mich nicht geschlagen geben. »Aber Callum, wir dürfen uns nicht davon einschüchtern lassen, nur weil alles so gefährlich ist.« Ich deutete auf das Amulett an meinem Handgelenk. »Wir können nicht unsere ganze Zeit damit verbringen, vor dem nächsten Angriff Angst zu haben.«
    »Da gibt es immer noch Matthews Vorschlag«, sagte er mit leiser Stimme, als wir über den Fußgängerübergang beim
Ludgate Circus
gingen.
    »Was meinst du? Welchen Vorschlag?«
    »Wirf das Amulett weg. Wirf es in den Fluss, wo es dir nie mehr etwas antun kann. Wenn du es nicht mehr am Handgelenk trägst und es weit weg von dir ist, droht dir von uns nicht mehr Gefahr als jedem anderen Menschen auch. Es ist die direkte Verbindung mit ihm, die es so gefährlich macht.« Seine Stimme war lauter und heftiger geworden.
    Wir kamen zu einer kleinen Seitenstraße, in die ich einbog, weg von dem breiten Bürgersteig voller Touristen, hinein in eine kleine Oase der Ruhe. »Hör mal zu«, fauchte ich und hielt das Handymikrofon an den Mund, um irgendwelche neugierigen Passanten zufriedenzustellen. »Ich hab dir das schon mal gesagt. Das ist keine Möglichkeit. Ich gebe dich nicht auf, wie groß die Gefahr auch sein mag.« Ich drehte mich zu einer Mauer und angelte den Spiegel aus meiner Tasche. Er stand an meiner Schulter und sah besonders starrköpfig aus. »Wenn du an meiner Stelle wärst, würdest du das machen? Würdest du dich dafür entscheiden, mich nie wieder zu sehen, nur damit du in Sicherheit bist?«
    »Das ist nicht dasselbe!«
    »Natürlich ist es das! Das kommt einfach nicht in Frage. Klar? Können wir uns jetzt was anderes überlegen?«
    »Ich will einfach nur, dass du in Sicherheit bist. Mehr als alles sonst. Ich könnte es nicht ertragen, wenn du – also wenn dir irgendwas passiert. Nicht noch einmal …« Er brach ab, und ich sah, wie seine Augen bei der Erinnerung daran irgendwohin in die Ferne gerichtet

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