Nur ein Blick von dir
Polizei vermuten könnte, dass ich alles über das Verschwinden von meinem Geld weiß. Ich wäre dann wegen Irreführung der Ermittlungen dran, oder wie das heißt.«
»Hast du denn irgendwas damit zu tun?« Er warf mir einen bohrenden Blick zu.
»Nein, nichts! Es ist nur einfach – einfach zu kompliziert, um es im Moment zu erklären. Bitte glaube mir«, flüsterte ich und hatte große Mühe, nicht zu weinen.
»Ich denke, dass du das falsch siehst. Du solltest zum Röntgen ins Krankenhaus«, sagte er sanft. »Aber ich zwinge dich nicht hinzugehen – oder zur Polizei. Ich wünschte nur, du würdest mir die Wahrheit erzählen.«
»Tut mir leid. Ich würde ja, wenn ich es könnte, aber es ist alles ein bisschen zu … bizarr. Bitte vertrau mir«, flehte ich.
»Also gut, wenn du das so haben willst. Aber ich geh jetzt ins Internet und schau nach, was ich über Gehirnerschütterung finde. Dann kann ich dich wenigstens im Auge behalten.«
Danach verschwand er für eine Weile, und ich machte es mir auf dem Sofa bequem.
Josh erschien kurz wieder mit ein paar extrem starken Schmerzmitteln, die ich verschrieben bekommen hatte, als ich mein Fahrrad zu Schrott gefahren hattte. Kurz darauf war ich fest eingeschlafen.
Ich wachte davon auf, dass es angebrannt roch und jemand lauthals fluchte: Josh versuchte, etwas zum Abendessen zu kochen. Ich hievte mich in eine aufrechte Position und drehte den Kopf versuchsweise von links nach rechts. Es schien alles zu funktionieren, und die Schmerzmittel leisteten noch ganze Arbeit. Ich konnte sogar den Arm bewegen, ohne allzu sehr zusammenzuzucken. Umso schwerer zu ertragen war der Schmerz in meinem Herzen.
Ich ballte die Fäuste und holte tief Luft. Das war jetzt nicht die Zeit, es einfach so laufen zu lassen. Ich musste alles unter Kontrolle halten. Immer wieder leicht zusammenzuckend machte ich mich auf den Weg zur Küche, die völlig verqualmt war. Ich sah mich um. Der Inhalt des halben Kühlschranks war auf der Arbeitsplatte ausgebreitet. Nach den Trümmern zu schließen, hatte sich Josh an Schinken und Eiern versucht. Er stand vor dem Herd und blickte auf. »Hm, tut mir leid wegen der Sauerei hier. Ich hab gedacht, ich mach uns beiden was zu essen, aber das hat nicht gut geklappt.«
Ich versuchte zu lächeln. »Danke für den Versuch, Josh, aber ehrlich gesagt, ich hab keinen Hunger.«
»Du musst was essen.«
»Du klingst wie Mum. Im Ernst, ich hab nicht den geringsten Hunger. Das sind wahrscheinlich die Schmerztabletten. Vielleicht hole ich mir eine paar Cornflakes, bevor ich ins Bett gehe.« Ich hob den Deckel über der Pfanne und rümpfte die Nase. »Aber lass dich durch mich nicht aufhalten. Das hier sieht lecker aus.«
Josh lachte, nahm die Pfanne mit der verkohlten Schweinerei und kippte sie in den Abfalleimer. »Vielleicht sind Cornflakes gar keine so schlechte Idee oder vielleicht Bohnen mit Toast.«
Ich lächelte ihn dankbar an und verdrückte mich nach oben in mein Zimmer. Dort konnte ich nicht widerstehen, setzte mich an meinen Schreibtisch und starrte in den Spiegel, wobei ich mein Handgelenk da umklammerte, wo eigentlich das Amulett hätte sein sollen. Ewig lange saß ich da und hoffte, dass ich irgendeine Bewegung sehen würde, irgendein Anzeichen, dass er da war, doch es tat sich nichts. »Callum?«, flüsterte ich verzweifelt. »Kannst du mich hören? Ich weiß nicht, ob du da bist oder nicht, aber ich bin sicher, dass du in der Nähe bist. Ich wollte dir sagen, dass ich jetzt Catherine suche und mit ihr kämpfe, wenn es sein muss. Ich will unbedingt das Amulett zurück!«
Ein Klopfen an meiner Zimmertür ließ mich hochschrecken. Während ich antwortete, wischte ich mir schnell die Tränen weg. »Komm rein, Josh.«
»Es ist nicht Josh, ich bin’s. Du hast gesagt, ich soll rüberkommen, weißt du noch? Ich muss mit dir reden.« Grace verschlug es die Sprache, als sie mein Gesicht sah. Ich war froh, dass ich noch das Top mit den langen Ärmeln trug. So konnte sie die schlimmsten Blutergüsse nicht sehen. »Josh hat mir erzählt, was passiert ist. Er hat gesagt, es wäre das Mädchen gewesen«, fuhr sie fort und versuchte, nicht so deutlich hinzustarren. »Die von gestern Abend.«
»Also ich hab sie nicht wirklich gesehen, aber Zeugen haben eine Frau wegrennen sehen, und ich wüsste nicht, wer sonst so etwas machen würde.«
»Alex, du musst zur Polizei, das muss aufhören! Die ist doch total irrsinnig!«
Ich schaute Grace an, meine allerbeste
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