Nur ein Blick von dir
selbstgefälliges Lächeln zuckte über ihr Gesicht. »Ich hab gedacht, du magst vielleicht ein paar letzte Worte mit deinem Freund wechseln.«
»Was meinst du damit?«
»Wie du dir vielleicht vorstellen kannst, ist Callum hier. Tatsächlich nervt er mich, seitdem ich das Amulett habe. In meinem Kopf ärgert er mich sogar noch mehr als damals in
St. Paul’s.
«
Auch wenn ich es erwartet hatte, war ich doch überrascht, und ohne nachzudenken, sagte ich: »Callum ist hier? Jetzt? Kann ich mit ihm reden?«
»Glaubst du denn, ich bin blöd? Ich geb dir doch nicht das Amulett! Ich bin nur darauf vorbereitet, ein paar Abschiedsworte zu übermitteln, das ist alles.« Sie zögerte einen Moment und bekam für den Bruchteil einer Sekunde glasige Augen. »Er ist ziemlich sauer. Tatsächlich schreit er so, dass ich echt nichts verstehen kann.« Das blasierte Lächeln war wieder da. »Vielleicht ist es andersrum einfacher. Was würdest du ihm gern sagen?«
Ich konnte nicht widerstehen. »Callum, ich liebe dich. Ich finde einen Weg, das verspreche ich!«
»Oh, wie süß! Hast du das mitbekommen?« Sie schaute beim Sprechen über den Fluss. »Was? Keine letzten Worte?« Sie wandte sich wieder an mich. »Er schäumt vor Wut. Es ist wirklich ziemlich lustig.«
Eine dumpfe Angst befiel mich. Was hatte sie vor? »Catherine, hör auf damit! Hör mal, gib mir das Amulett zurück, dann ist Callum nicht mehr in deinem Kopf, und du kannst machen, was immer du willst. Ich werde wegen dem Überfall keine Anzeige erstatten, und mein Geld hast du ja schon. Du kannst gehen, wohin du willst, und ich geb dir mein Wort, dass dich keiner von den Versunkenen je wieder belästigen wird.« Ich schaute ihr in die blitzenden grünen Augen. »Fang irgendwo anders ein neues Leben an«, bat ich eindringlich.
»Du hast es immer noch nicht geschnallt, was? Ich bin überhaupt nur wegen dir hier, du Plage. Ich hab nicht darum gebeten, und ich will nicht hier sein. Ich hasse dieses Leben, ich hasse es, deine Erinnerungen zu haben, und ich hasse vor allem dich.« Ihre Stimme war eiskalt und gleichmütig. Langsam stieg sie die Stufen zum Wasser hinunter, bis sie auf der vorletzten Stufe war.
»Aber …«
»Gib dir keine Mühe!«, schrie sie mir über die Schulter zu, lauter als das Pladdern des Regens. »Das Einzige, was dieses miserable Leben etwas erträglicher machen kann, ist zu wissen, dass deines sogar noch schlimmer ist.«
»Das verstehe ich nicht.« Ein gewaltiger Blitz ließ uns beide aufleuchten, und vom gleichzeitigen Donner zuckte ich zusammen. Catherine stand einfach da, das Wasser troff von ihr herab, und ein abscheuliches Grinsen verzerrte ihr Gesicht.
»Sag Callum auf Wiedersehen, du Null!«, höhnte sie, schob den Ärmel ihres Shirts zurück und riss sich das Amulett vom Handgelenk. Einen Moment stand ich wie angewurzelt da, dann sah ich meine Chance, es zurückzubekommen, und sprang auf sie zu. Doch noch ehe ich ein paar Stufen weit gekommen war, holte Catherine weit aus, ließ den Stein auf das Amulett krachen und zerschmetterte es auf der Stufe. Die blauen Splitter stoben in alle Richtungen auseinander und vermischten sich mit dem Regen.
» NEIIIN !«, schrie ich voller Entsetzen. Noch bevor ich bei ihr war, schlug sie wild lachend erneut mit dem Stein auf die verstümmelten Reste des Armreifs ein und fegte sich dann in einer einzigen Bewegung das verbogene und verformte Silber und die letzten Reste des blauen Steins in die Hand und schleuderte alles weit hinaus über die Themse.
»Nein …«, heulte ich wieder verzweifelt auf, als meine einzige Verbindung zu Callum in vielen kleinen Stücken im grauen Wasser versank.
12. Schuljahrsende
Catherine lachte mich aus, als ich da auf den Steinstufen im Regen saß.
»Ach, werd endlich erwachsen. Genau das hast du zu mir gesagt. Erinnerst du dich? Jetzt sind wir ihn beide los. Weißt du, ohne dieses elende Schwein bist du besser dran.« Sie lachte laut. »Und such nie wieder nach mir, okay?«
Dann ging sie.
Ich konnte kein Wort herausbringen, saß nur da und versuchte, die Stelle im Kopf zu behalten, wo die Überreste des Amuletts ins Wasser gefallen waren, doch der niederprasselnde Regen machte es unmöglich. Schon davor hatte ich die Situation so schlimm gefunden, aber jetzt – da hatte sie recht – war alles noch viel schlimmer.
Ich kroch dorthin, wo sie das Amulett zerschmettert hatte. Die meisten Stücke hatte sie mit der einen Handbewegung zusammenfegen können, doch
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