Nur ein Blick von dir
du wohnst.«
»Ja.« Marina sah aus, als ob sie etwas sagen wollte, tat es aber doch nicht. »Eigentlich . . . eigentlich wollte ich mit dem Wohnmobil wegfahren«, fuhr sie nach einer Weile zögernd fort.
»Mit dem Wohnmobil? Mit einem Arm?« Silke blickte sie entgeistert an. »Sieht mir nicht so aus, als ob du deinen zweiten Arm schon richtig gebrauchen könntest.«
»Nein.« Marina betrachtete die Schlinge. »Wohl nicht.«
»Wo wolltest du denn hin?« Erneut regte sich leiser Ärger in Silke. Es sah so aus, als wäre Marina einfach wieder verschwunden, wenn Silke nicht gerade zufällig gekommen wäre. »Hättest du mir denn diesmal wenigstens einen Zettel hinterlassen?«, fragte sie bissig.
Marina verzog das Gesicht. »Du bist böse.«
»Ja, bin ich«, bestätigte Silke und verschränkte wütend die Arme vor der Brust. »Das sieht mir ganz so aus, als ob ich mir da wohl falsche Vorstellungen gemacht hätte, was nach deiner Entlassung passiert.«
»Darüber habe ich mir vorher noch keine Gedanken gemacht«, erklärte Marina. »Nur . . . ich will eben für eine Weile weg. Mich erholen. Ich wollte dir nicht zur Last fallen.«
Silke schüttelte den Kopf. »Du hast sie wohl nicht alle.« Sie schaute Marina fragend an. »Ich hätte nichts dagegen, dich mit dem Wohnmobil irgendwo hinzufahren, aber wenn du allein sein willst . . .«
Ein leises Lächeln schlich sich in Marinas Gesicht. »So allein möchte ich eigentlich gar nicht sein. Ich wollte nur nicht – Du hast schon so viel für mich getan.«
»Marina . . .« Silke ging auf Marina zu und legte vorsichtig ihre Arme um ihre Taille. Die Vorsicht hatte sie sich während ihrer Besuche angewöhnt, um Marina nicht weh zu tun, wenn sie sie umarmte. »Wenn du mich loswerden willst, brauchst du es nur zu sagen.«
Marinas Lächeln vertiefte sich. »Ich will dich nicht loswerden. Ganz und gar nicht. Aber ich möchte nicht in Köln bleiben, und du kannst dich ja nicht immer nach mir richten. Du willst dich doch bestimmt um Yvonne kümmern.«
»Yvonne hat schon einen ganz großen Kümmerer: Klaus.« Silke lachte. »Sie wird mich bestimmt nicht vermissen. Die beiden turteln sich sowieso immer nur an. Da bin ich überflüssig.«
»Ich wollte nicht weit weg«, sagte Marina. »Nur nach Holland. Raus aus der Großstadt.«
»Holland ist doch perfekt.« Silke schmiegte sich an Marina. »Wenn wir heute noch losfahren, haben wir zwei ganze Tage, bis ich wieder arbeiten muss.«
»Das ganze Wochenende«, Marina streichelte sanft ihren Rücken, »mit dir . . . allein . . . im Wohnmobil . . . ich weiß nicht, ob ich das überlebe.«
Silke legte den Kopf zurück und schaute Marina keck von unten herauf an. »Das verstehe ich«, sagte sie. »Du bist ja nicht mehr so gut in Form. Du hast lange nicht trainiert.«
»Duu . . . pass auf!« Marina kniff Silke in den Po. »Dazu brauche ich nicht zu trainieren.«
»Dann bin ich ja beruhigt«, erwiderte Silke grinsend.
Es dauerte noch eine Weile, bis Marina ihre Papiere hatte, aber dann verließen sie das Krankenhaus und stiegen ins Wohnmobil ein. »Ich lasse meinen Wagen einfach hier stehen«, sagte Silke. »Wenn wir zurückkommen, kann ich ihn abholen.«
Marina blickte sie zweifelnd an. »Bist du sicher, dass du das Monstrum fahren kannst?«
»Also hör mal.« Silke blickte empört. »Traust du mir das etwa nicht zu?«
»Doch.« Marina schmunzelte. »Ich traue dir alles zu. Wirklich alles.«
»Na also«, sagte Silke. »Dann los.« Natürlich war es nicht so einfach, wie sie gedacht hatte. Das Wohnmobil fuhr sich eher wie ein LKW. Aber sie gewöhnte sich nach und nach daran.
Sie machte einen Schlenker zu sich nach Hause, holte schnell ein paar Sachen und zog sich für die Fahrt um. Nach den paar Tagen bei Yvonne war sie wieder in ihre eigene Wohnung zurückgekehrt. Sie hatte es vermieden, mit Marina über den Besuch des Schwarzenegger-Verschnitts zu reden. Dann hätte sie sich Gedanken darüber machen müssen, dass sie vielleicht doch – wie Yvonne gesagt hatte – eine Gangsterbraut war. Sie wollte einfach nichts darüber wissen. Wenn Marina bei ihr war, konnte sie sich einfach nicht vorstellen, dass sie etwas Unrechtes getan haben könnte. Sie verdrängte alles, was damit zu tun hatte, in den hintersten Winkel ihres Gedächtnisses.
»Man könnte meinen, du wärst schon immer die Königin der Straße gewesen«, bemerkte Marina schmunzelnd, nachdem sie auf der Autobahn gemütlich Holland
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