Nur ein einziges Mal …
wirkte alles im Dunkeln noch schlimmer, als es ohnehin war.
Aber vielleicht auch nicht.
Sie hatte in der Vergangenheit so viele wunderschöne Verlobungsfeiern in ihrem Restaurant ausgerichtet und sich vorgestellt, dass sie irgendwann ihre eigene Verlobung hier feiern würde. Wie schrecklich, dass sich ihr Wunsch, sich zu verloben, ausgerechnet jetzt erfüllte.
Matthew fragte sich, wie Ashley angesichts dieser Katastrophe so reglos dastehen konnte.
In dem Moment, in dem sie ihm gesagt hatte, sie wolle sich ihr Restaurant ansehen, war ihm klar, dass er auch herkommen musste. Zu ihrer physischen Sicherheit und moralischen Unterstützung.
Ihr Kinn zitterte. Absolut verständlich. Genau eine solche Reaktion hatte er erwartet. Nur hatte er nicht vorhergesehen, wie sehr ihre Traurigkeit ihn treffen würde.
Er verschränkte die Arme, damit er nicht der Versuchung nachgab, Ashley an sich zu ziehen. Sie drängte sich an ihm vorbei und streifte dabei mit ihrer Bauernbluse seinen Arm. Was sie wohl darunter trug? Sein plötzliches Verlangen hätte ihn die Antwort am liebsten sofort ergründen lassen.
Merkwürdigerweise war ihm nie der Gedanke gekommen, dass die praktische Ashley die zarte Wäsche, die sie in ihrer Boutique verkaufte, selbst trug. Ihre Boutique. Wie hatte er sich so von der Vorstellung, sie nackt in den Armen zu halten, ablenken lassen können, dass er das Chaos um sie herum vorübergehend vergessen hatte?
Kleiderständer lagen auf dem Boden, weil sie der Wucht des Löschwasserstrahls nicht standgehalten hatten. Geringelte Überreste geschmolzener Dessous klebten auf dem Fußboden und auf den Kleiderbügeln. Das gleiche Material hätte auf Ashleys Haut schmelzen können.
Matthew hörte eine Glocke hinter sich klingeln, gefolgt von Ashleys Gelächter. Ihr Lachen ließ ihn wohlig erschauern, denn er fand es ebenso verführerisch wie jede Spitzenwäsche. Verdammt. Er steckte ganz offensichtlich in Schwierigkeiten. „Was hast du gefunden?“
Ashley griff in die uralte Registrierkasse und zog ein nasses Bündel Geldscheine heraus. „Eine kurze Behandlung mit dem Föhn, und ich bin wieder flüssig.“
Nur Ashley konnte mitten in einem völlig verkohlten Raum stehen, in der Hand ein ruiniertes Geldbündel im Wert von vielleicht ein paar hundert Dollar, und trotzdem noch lachen.
Er machte ein paar Schritte auf sie zu. „Dann geht das Essen heute Abend also auf deine Rechnung.“
„Klar. Ich könnte es mir bestimmt leisten, Hamburger springen zu lassen, wenn es dir nichts ausmacht, die Cola zu teilen.“
„Wie wär’s, wenn ich dir Geld gebe, damit du dich über Wasser halten kannst?“
In ihren Augen blitzte ihr ganzer Stolz auf. „Ich komme schon zurecht, wenn die Versicherung erst den Scheck schickt.“
„Mein Angebot gilt trotzdem.“
„Danke, aber ich möchte es nicht annehmen.“
Matthew verkniff es sich, sie weiter zu bedrängen. Ashley wollte sich ganz offensichtlich nicht überreden lassen. Aber er würde schon Mittel und Wege finden, um ihr zu helfen. „Na schön.“
Er folgte ihr den Flur entlang zurück zur Haustür. Dabei fiel sein Blick auf ihr langes, lose aufgebundenes Haar, das bei jedem Schritt auf und ab wippte und ein Stückchen ihres Nackens freigab. Im Nu hatte er den Brandschaden um sie herum erneut vergessen.
Bis sie an ihrer offenen Schlafzimmertür vorbeikamen.
Was, wenn sie in ihrem Bett geschlafen hätte, als das Feuer ausbrach, und er nicht zurückgekommen wäre? Dass sie in der Damentoilette war, konnte ihr gut und gerne das Leben gerettet haben.
Ein beklemmendes Gefühl in seiner Brust überkam ihn und sein Atem ging schneller. Er stützte sich am verkohlten Türrahmen ab. Seine Arme zitterten vor Anspannung, als er gegen die Vorstellung ankämpfte, dass Ashley jetzt tot sein könnte.
Sie drehte sich langsam zu ihm um. „Tja, du hattest recht, Matthew. Es gibt nicht viel, was ich im Augenblick hier tun könnte. Trotzdem fühle ich mich jetzt besser. Das ganze Ausmaß des Schadens zu kennen, macht es leichter, nach vorn zu blicken.“
„Das stimmt.“ Er hatte ihr nur halb zugehört, weil er immer noch das schreckliche Bild vor Augen hatte, wie sie in diesem brennenden Haus festsaß. Gottlob war sie nicht seine Verlobte, jemand wie Dana, die seine Welt durch ihr Ableben zerstören konnte.
„Ich nehme an.“
Ashleys Bemerkung holte ihn in die Gegenwart zurück.
„Du nimmst mein Geld doch an?“ Das erstaunte ihn, aber er war verdammt froh darüber.
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