Nur ein Hauch von dir
schlecht. Wie hatte ich auf jemanden reinfallen können, der so hohl war? Ein leiser Verdacht stieg in mir auf, und ich griff nach der Rechnung. Die Scheine, die er zurückgelassen hatte, deckten genau die Hälfte. Ich schnappte nach Luft: Dieses Benehmen war so armselig, dass ich fast schon darüber lachen musste. Gut, dass ich diese Geschichte nicht hatte weitergehen lassen.
Doch nun hatte ich ein Problem: Ich saß hier fest. Wenn ich die andere Hälfte der Rechnung bezahlt hatte, hatte ich kein Geld mehr für ein Taxi. Hier gab es keine Busse, und meine Eltern wären bestimmt mächtig entzückt darüber, mich hier abzuholen, das war mir klar, und solidarisch mit mir wütend, aber dieser fragwürdigen Sympathie wollte ich mich heute lieber nicht aussetzen. Ich brauchte jemanden, dem ich absolut vertrauen konnte, dass er den Mund halten würde. Ich holte mein Handy raus und rief Josh an.
Josh war total klasse. Er kam ohne eine weitere Frage, hatte seine Freunde in der Kneipe zurückgelassen, nahm mich fest in die Arme und sagte nur: »Willst du, dass ich ihn zur Schnecke mache?«
Ich schüttelte den Kopf. »Diese Mühe ist er echt nicht wert. Aber danke für das Angebot.«
»Kommst du mit mir in die Kneipe, oder willst du lieber nach Hause?«
»Nach Hause, glaub ich.«
»Wie du willst, Alex.«
»Weißt du, du bist der beste Bruder der Welt!« Als ich ausstieg, beugte ich mich zu ihm und gab ihm einen schnellen Kuss. »Ich schulde dir was.«
»Das kannst du laut sagen«, rief er lachend beim Anfahren.
Ich wartete ein paar Minuten, dann schloss ich die Haustür auf. Es war noch früh, Mum und Dad waren noch wach, und mir war klar, dass da einige Fragen auf mich zukamen. Ich beschloss, sie über mich ergehen zu lassen, also marschierte ich direkt ins Wohnzimmer.
»Hallo, Schatz, du bist schon zurück?«, fragte Mum ein bisschen überrascht. »Ist alles in Ordnung?«
»Ja, prima, danke. Nur nicht so viel Spaß, wie ich gehofft hatte. Sieht so aus, als wäre Rob nicht mehr als ein Schönling.«
Meine Eltern wechselten einen schnellen Blick. »Komm, setz dich zu uns«, sagte mein Vater und klopfte neben sich auf das Sofa.
»Nein danke, ich glaub, ich geh lieber ins Bett, ich hab ein bisschen Kopfweh.« Ich gab beiden einen Kuss und rannte die Treppe nach oben. Behutsam machte ich die Tür hinter mir zu und ließ mich erschöpft auf den Boden sacken. Endlich stiegen mir die Tränen hoch.
Ich konnte es nicht fassen, wie Rob sich benommen hatte. Sein mieses Verhalten machte mich total fertig. Die Tränen liefen mir übers Gesicht, und meine Schultern zuckten, während ich versuchte, nicht zu laut zu weinen. Ich zog die Knie an und legte den Kopf auf die Arme, machte mich ganz klein. Mit einem Mal spürte ich, dass mein Körper kribbelte, und schauderte unwillkürlich.
»Nicht weinen.«
Ich zuckte zusammen. »Wer ist da?«, flüsterte ich, blickte mich in meinem menschenleeren Zimmer um und bemerkte erst nicht, dass die Stimme nur in meinem Kopf war.
»Mein Name ist Callum.«
Er hatte eine dunkle, seidige Stimme, voller Gefühl. Ich sprang auf und eilte zu meinem Schreibtisch, knipste das Licht an, rückte den Spiegel zurecht und versuchte dabei noch, mir die Tränen von den Wangen zu wischen. Er war da, direkt hinter mir, sein schönes Gesicht voller Sorge.
»Alex! Bitte erschrick nicht. Ich tu dir nichts.«
Ich spürte, wie mir der Mund offen stand, als ich ihn voller Erstaunen anblickte.
6 Callum
Ich versuchte, meinen Atem wieder unter Kontrolle zu bekommen, während er mich betrachtete, und mein Herz drohte vor widersprüchlichen Gefühlen zu zerspringen – der Angst vor dem Unbekannten und der Freude darüber, dass er zurück war. All meine Gedanken um Rob waren auf der Stelle verstummt.
Er lächelte leicht und wartete, bis ich mit dem zurechtkam, was ich sah.
»Callum? So heißt du?«
Er nickte.
»Ich kann dich hören. Ich meine, ich kann dich in meinem Kopf hören. Wie hast du …?« Ich wusste, dass ich total wirr daherredete, doch mir fiel nichts Vernünftiges mehr ein. Er war zurückgekommen, und er sprach mit mir.
Er legte den Finger auf die Lippen. »Pssst. Du brauchst nur zu flüstern. Wenn deine Familie dich hört, kommen sie womöglich rauf, und dann muss ich gehen.«
»Nein!«, rief ich. »Bitte geh nicht, nicht schon wieder.«
Callum wirkte betroffen. »Ich habe nicht vor, irgendwohin zu gehen. Ich würde lieber hier bei dir bleiben.«
Ich lächelte schwach. Das war gut, so
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