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Nur ein Kuss von dir

Nur ein Kuss von dir

Titel: Nur ein Kuss von dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S. C. Ransom
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brauchte.
    Also machte ich mich auf den Weg die lange Wendeltreppe hinunter nach unten, wo es gespenstisch still war. Ich konnte keinerlei Anzeichen von Catherines Sturz entdecken, keine umgestürzten Stühle, kein Blut, nichts. Ich hielt mich im Schatten und huschte zur Treppe, die in die Krypta hinunterführte. Da unten war es richtig dunkel, aber ich hatte den Weg gut im Kopf und fand ziemlich schnell zur anderen Seite und zum Eingang des Cafés, wo Veronica mich eingelassen hatte.
    Die Tür war nicht abgeschlossen, wahrscheinlich hatte Catherine also hier durchkommen und somit ihren Auftritt inszenieren können. Mit einem Kloß in der Kehle schlüpfte ich nach draußen. Ich würde nie mehr herkommen, um die Versunkenen zu besuchen.
    Das rosige Licht des frühen Abends wurde von dem alten Mauerwerk zurückgeworfen. Inzwischen waren weniger Pendler unterwegs, und die Bars füllten sich. Es war ein angenehmer Sommerabend. Ohne nachzudenken, ging ich Richtung Blackfriars Bridge, setzte einfach einen Schritt vor den anderen. Niemand beachtete mich, und plötzlich blieb ich stocksteif stehen. Ein schrecklicher Gedanke war mir gekommen. Wenn es gar nicht mehr ich war, die lebte, sondern wenn ich durch das Amulett in eine andere albtraumhafte Existenz versetzt worden war? War meine Strafe dafür, dass ich sie alle erlöst hatte, nun die einzige verbliebene Versunkene zu sein? Ich merkte, wie Panik in mir aufstieg, und rannte wie blind los, denn Tränen verschleierten mir die Sicht.
    »He, pass doch auf, wohin du gehst!«, blaffte ein Mann im grauen Anzug mich an.
    »Entschuldigung«, platzte es aus mir heraus, während ich mich kurz an seinem kräftigen Arm festhielt. Er warf einen Blick auf mein verweintes Gesicht und wich etwas zurück.
    »Pass einfach ein bisschen besser auf, ja?«
    Ich wandte mich erleichtert ab. Was auch immer sonst geschehen war, ich befand mich immer noch in der wirklichen Welt. Auch in diesem Punkt hatte Catherine gelogen.
    Ich ging weiter in Richtung Fluss, doch als ich näher kam, merkte ich, dass irgendetwas passiert sein musste, irgendetwas lag in der Luft. Ich bog um die letzte Ecke und hatte einen guten Blick auf das Wasser.
    Das Embankment war gerammelt voll. Der Verkehr war angehalten worden, und überall blinkte Blaulicht. Schaulustige standen am Ufer und hingen über das Geländer, riefen und gestikulierten.
    Ich rannte zur Blackfriars Bridge hoch, wo ich den besten Überblick hatte. Rettungsboote jagten über das Wasser, begleitet von einer Flotte anderer kleiner Schiffe. Sie zogen Lumpenbündel aus dem Wasser und rasten zum Ufer, ehe sie zurückkamen, um neue zu holen. Da waren jede Menge Tote, die sie auf Trab hielten. Zu dem Polizeihubschrauber war noch ein Pressehubschrauber gekommen, der so niedrig wie möglich herabstieß, um die besten Bilder von diesem unfassbaren Ereignis zu bekommen. Die Rettungsboote brachten die Toten zur nächsten Landungsstelle. Ich konnte sehen, wie sie dort aufgereiht wurden, und mir wurde plötzlich klar, dass ich hingehen und nachschauen musste. Ich musste mich persönlich von den Versunkenen verabschieden, und eine bessere Gelegenheit würde ich nicht bekommen.
    Als ich die Stufen nach unten und dann über das Embankment rannte, stieß ich alle, die mir in die Quere kamen, zur Seite, bis ich endlich auf dem Weg zum Pier war. Es gab nur einen schmalen Einlass, der eigentlich von einer Frau in Uniform bewacht wurde, aber in dem totalen Durcheinander und der herrschenden Panik war es nicht schwer, an ihr vorbeizuschlüpfen. Mit klopfendem Herzen ging ich schnell weiter zum Ponton. Hier ging es ebenfalls chaotisch zu und als ich zu den aufgereihten Toten ging, hielt mich niemand auf. Es gab weitaus mehr Leichen als Decken, und als ich die Reihen entlangging, konnte ich die Gesichter sehen, die eigentlich ganz friedlich wirkten.
    Wie benommen ging ich von einem zum anderen, zuckte jedes Mal zusammen, wenn ich ihn erkannte, und es war nur eine Frage der Zeit, bis mich vertraute Gesichtszüge auf der Stelle anhalten ließen.
    Matthew wirkte endlich beinahe heiter, sein müdes Gesicht faltenlos und unbesorgt, er trug keine Verantwortung mehr. Ich sah mich schnell um, doch niemand beachtete mich. Da kniete ich mich neben ihn und tastete nach seiner Hand. Dort, wo sein Amulett gewesen war, war die Haut verkohlt, und von dort gingen seltsame schwarze Linien aus, die unter dem Ärmel seines Hemds verschwanden. »Es ist gut, dich noch einmal zu sehen, Matthew«,

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