Nur ein Kuss von dir

oben war, blieb ich hinter der Tür stehen und lauschte. Ich konnte euer Gespräch hören – also nur die eine Seite, als wärst du am Telefon –, doch ich wusste, dass du mit einem von ihnen sprachst. Die Dinge, über die ihr geredet habt, die Notwendigkeit, alles mit Matthew zu diskutieren, das passte alles zusammen. Mir war klar, dass du mein Verbindungsglied bist. Also ging ich wieder nach unten und wartete. Und wartete. Was hast du die ganze Zeit da oben gemacht?«
    Meine Wangen flammten bei der Erinnerung auf. Das Küssen hatte ziemlich weit oben auf der Rangliste der meisten Besuche gestanden. »Ach, du weißt schon«, fing ich an zu murmeln, doch dann merkte ich, dass sie gar keine Antwort erwartete.
    »Endlich bist du wieder runtergekommen, und ich hab dich angehalten, um dein Ticket zu überprüfen. Weißt du noch?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Wenn ich gerade den ganzen Nachmittag mit Callum verbracht und geredet habe, ist es nicht sehr wahrscheinlich, dass ich mich an etwas anderes erinnere.«
    »Jedenfalls standen dein Name und die Kundennummer auf der Dauerkarte, damit konnte ich herausfinden, wo du wohnst. Es war jedoch keine Telefonnummer angegeben, und ihr steht nicht im Telefonbuch, deshalb konnte ich nicht einfach anrufen. Zu diesem Zeitpunkt musste ich sicherstellen, dass du so oft wie möglich kamst. Daher dachte ich, ich sollte dir ein bisschen Angst machen, damit du wiederkommst, um mit den Versunkenen darüber zu sprechen.«
    »Was hast du gemacht?«, fragte ich misstrauisch.
    »Ich hab dein Fenster eingeschmissen.«
    »Das warst du?«, rief ich und wäre fast aufgesprungen bei der Erinnerung daran, wie die kalte Luft des frühen Morgens in mein Zimmer geströmt war, und an den geheimnisvollen Zettel, der um den Golfball gewickelt war.
    Sie senkte den Blick und nickte stumm. »Es war das Einzige, was mir einfiel, um dich so schnell wie möglich wieder zurück nach London zu bringen. Ich wollte dir dort gegenübertreten, wo wir eine größere Ansammlung von Versunkenen hatten, um endlich einmal mit ihnen zu reden.«
    Ich war sprachlos. Wochenlang hatte ich mir Gedanken darüber gemacht, wer den Golfball wohl geschmissen hatte, und meine Liste der möglichen Verdächtigen war so lang gewesen, dass es auf einen mehr oder weniger nicht mehr ankam. Ich merkte, wie ich mit offenem Mund dasaß, und klappte ihn wieder zu, lehnte mich zurück und verschränkte die Arme. »Das war gemein«, sagte ich schließlich, »und der Zeitpunkt war schrecklich. Da gab es schon drei Leute, die sich gegenseitig auf die Füße traten, um mir das Leben zu vermiesen. Noch jemanden konnte ich da wirklich nicht brauchen.«
    »Das tut mir so leid. Davon hatte ich damals natürlich keine Ahnung. Ich wollte endlich meinen Plan verfolgen und wieder alles in Ordnung bringen. Nachdem mir Catherine eine Abfuhr erteilt hatte, dachte ich, ich hätte meine Chance verspielt. Aber dann kamst du, und alles war wieder möglich.«
    »Aber wenn du so wild darauf warst, mit mir vor den Versunkenen zu reden, warum dann nun die ganze Heimlichtuerei?«, fragte ich. »Warum darf Callum das alles hier nicht hören?«
    Veronica beugte sich vor. »Was auch immer du gemacht hast, als du mit Lucas aneinandergeraten bist, das Amulett ist dadurch jedenfalls mächtiger geworden. Ich wollte zuerst mit dir darüber reden, ehe die Versunkenen davon erfahren, erfahren, was mit Lucas passiert ist. Sie würden dich sonst nie alleine lassen. Verstehst du, es würde ihnen so viel Hoffnung machen. Du und ich müssen entscheiden, was am besten zu tun ist, besonders wenn du Catherine mit einbeziehen willst.«
    »Also gut, Catherine – erzähl mir von ihr. Du hast vorhin gesagt, sie hätte sich erst im Gespräch mit dir so gegen mich gewandt. Ich darf ja wohl erfahren, worum es ging.«
    Veronica strich sich eine Strähne ihrer stahlgrauen Haare hinter das Ohr, bevor sie weitersprach, die Augen auf die Tischplatte zwischen uns geheftet. »Als ich wieder zu mir kam, nachdem ich Daniels Erinnerungen gestohlen hatte, wusste ich immer noch nicht, wie ich gestorben war. Wahrscheinlich, weil ich mich davor zu sehr betrunken hatte. Aber ich hatte eine leuchtende neue Erinnerung, eine aufrüttelnde neue Tatsache. Ich kannte den Weg, wie alle Versunkenen aus ihrem Elend befreit werden konnten. Dieses Wissen erhalten alle von uns, die wiederauferstanden sind.«
    »Woher weißt du das denn? Dass es alle von euch bekommen?«
    »Weil ich Catherine gefragt habe, und