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Nur ein Märchen?: Gratisaktion bis 15.10.2013!

Nur ein Märchen?: Gratisaktion bis 15.10.2013!

Titel: Nur ein Märchen?: Gratisaktion bis 15.10.2013! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucie Tourmalin
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Vorstellung, in ekligem Ton herumzumatschen, ist mir zuwider.
     

    Da wir so lange beim Frühstück getrödelt haben, ist der ganze Kurs schon startklar. George, Florian und ich müssen uns also ordentlich beeilen und nur kurze Zeit später sind wir unterwegs zum Nibelungenmuseum. Dieses Museum ist in eine alte Stadtmauer integriert – oder andersherum, die Stadtmauer ist in das Museum integriert – was wirklich beeindruckend aussieht.
    Dort angekommen, sichert George jedem seiner Schützlinge ein Paar Kopfhörer für die Führung – mit Tonband. Das überrascht mich, ich hatte eigentlich mit einem waschechten Museumsführer gerechnet. Da ich aber sowieso nur hier bin, um George einen Gefallen zu tun, brauche ich weder einen Museumsführer noch einen Audio-Guide.
    „ Darling, du bekommst doch sonst gar nicht die wichtigen Informationen“, versucht George, mir die Kopfhörer aufzuschwätzen.
    „ Aber es sind doch überall Hinweisschilder angebracht. Ich kann doch lesen“, protestiere ich. Doch George ignoriert meine Proteste, hängt mir das Tonbandgerät um den Hals und setzt mir die Kopfhörer auf. Ich sehe ja so lächerlich aus. Na ja, was soll’s. Los geht der Spaß.
    Dermaßen ausgerüstet ziehe ich los, spule aber direkt am Anfang schon vor, weil ich schnellstmöglich fertig sein will.
    Ich drehe die Lautstärke etwas herunter, die monoton vorgetragenen Informationen laufen im Hintergrund ab und ich kann in Ruhe gucken.
    Weniger das, was im Museum ausgestellt ist, sondern viel mehr die Leute. Leute gucken. Eine tolle Beschäftigung, wenn einem langweilig ist. Einige Rentner betrachten aufmerksam ein paar Hinweistafeln und unterhalten sich im Flüsterton.
    George zieht das ganze Programm durch, er folgt strikt der vorgeschlagenen Tour durch die Ausstellungsräume und hört sich tatsächlich und ungelogen jeden einzelnen Beitrag zu den Ausstellungsstücken an. Immer wieder bleibt er ganz konzentriert stehen und betrachtet das betreffende Objekt mit aller Begeisterung, die man sich nur vorstellen kann.
    Seine Studenten sehen die Sache etwas lockerer. Sie gehen in kleinen Gruppen durch die Räume und tragen die Kopfhörer lässig um den Hals geschlungen. Florian steht vor einer großen Vitrine, in der – was sonst – Dolche und Degen und Säbel ausgestellt sind. Ich glaube, da liegen sogar Kanonenkugeln. Der helle Wahnsinn.
    Ich schlendere zu den Vitrinen, in denen Schmuck zu sehen ist. In dem vorderen Glaskasten liegen eher unansehnliche Schmuckstücke, mein Tonband-Führer erzählt, dass es sich um Original-Fundstücke aus Ausgrabungen in der Wormser Innenstadt handelt und dass sie schätzungsweise 1500 Jahre alt sind. So sehen sie auch aus, eher grob gearbeitete, klobige Armreifen und Ringe sind dort zu sehen. Das Metall ist nicht erkennbar, da der Schmuck komplett schwarz angelaufen ist. Ein wenig Politur würde sicher nicht schaden.
    Also weiter zur nächsten Vitrine. Dort sind schöne Schmuckstücke mit Edelsteinen ausgestellt, zum Teil Originale, zum Teil Nachbildungen berühmter Schmuckstücke. Schmuck dieser Art trug man laut Tonband in adeligen Kreisen, und zwar, das ist die Sensation daran, Männer und Frauen gleichermaßen.
    Und dann sehe ich meinen Armreif. Also eigentlich sehe ich ihn doppelt, nämlich einmal an meinem Handgelenk und einmal hinter Glas in der Vitrine. Mein Blick wandert immer wieder von einem zum anderen und vor lauter Aufregung habe ich doch glatt überhört, was mein schlaues Tonband dazu zu sagen hat. Ich drücke hektisch auf den Tasten herum, finde den Knopf zum Zurückspulen nicht, dann spule ich zu weit, muss wieder vorspulen, fluche wie ein Rohrspatz.
    Bei dem Ausstellungsstück Nummer 37 im Raum ‚Schmuck und Kleidung‘ handelt es sich um eine Nachbildung des legendären Armreifs aus der Nibelungen-Sage. Der Legende nach schenkt der tapfere Held Siegfried diesen Armreif seiner Angebeteten Kriemhild, Königstochter aus Worms, als Verlobungsgeschenk. Das Besondere an dem vorliegenden Schmuckstück ist, dass es zugleich Bestandteil als auch Schlüssel zu dem sagenumwobenen Schatz sein soll. Die Nachbildung wurde anhand frühester Überlieferungen angefertigt, das Original – sofern es tatsächlich existiert hat – gilt als verschollen.
    Jetzt bin ich sprachlos. Warum werde ich seit einigen Tagen dauernd auf meinen Armreif angesprochen und finde ihn verewigt in Büchern, Bildern und Museen wieder? Bestandteil und Schlüssel eines Schatzes soll er sein, beziehungsweise

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