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Nur eine Liebe

Nur eine Liebe

Titel: Nur eine Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Meadows
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Sonne schien, ballten sich weitere Wolken über dem Horizont zusammen, von Bäumen und der gewaltigen Stadtmauer fast verborgen.
    Meine Lunge schmerzte, als ich kaputte Instrumente nach draußen schleppte; wenn der Schnee taute, würden Armande oder Orrin mir vielleicht helfen, die Materialien für das Recycling zu trennen. Aber jetzt mussten sie erst einmal aus dem Haus. Wenn ihr Anblick mir schon das Herz schwer machte, musste Sams gebrochen sein.
    Um ihn für eine Weile zu beschäftigen, brachte ich ihm wieder Tee und Suppe nach oben. Der andere Becher und die Schale waren nur halb leer, aber das war besser als nichts.
    »Du solltest duschen.« Ich setzte mich neben ihm aufs Bett. »Du stinkst.« Als würde ich nicht auch nach Schweiß riechen.
    »Macht nichts.« Das war nicht Sams Stimme. Zumindest nicht die Stimme von dem Sam, den ich kannte. Zu rau, zu heiser. »Es ist alles weg.«
    Ich wollte ihn berühren, in meine Arme schließen, aber meine Muskeln rührten sich nicht, als ich es versuchte. »Iss auf, und geh duschen. Ich komme nachher noch mal rauf.«
    Obwohl Stefs Haus sonst nur fünf Minuten zu Fuß entfernt war, dauerte es in dem Schnee länger, und ich zitterte, als ich ankam. Ihr Grundstück hatte die gleichen Schuppen und verschneiten Obstbäume wie das von Sam, war aber karger, da sie selbst keine Gartenarbeit machte oder Tiere hielt, sondern half, Sams Garten zu pflegen, und dafür einen Anteil seiner Ernte erhielt.
    Ich nahm zwei Stufen auf einmal und hämmerte gegen die Tür.
    Wind rauschte in den Tannen und ließ ein loses Brett an einem Schuppen in einem Stakkato-Tempo klappern. Davon abgesehen war der Ort still und wartete auf neuen Schnee.
    Sie war entweder nicht zu Hause, oder sie ging mir nach dem Streit mit Sam aus dem Weg. Ich biss mir auf die Lippe und probierte den Türknauf. Er ließ sich drehen.
    Ich war erst ein paarmal in ihrem Haus gewesen. Als sie an der Reihe war, mir Unterricht zu geben, hatte sie die Ausrüstung für ihren Grundkurs in Maschinenreparatur nicht mitschleppen wollen; wir hatten mit Wasserpumpen angefangen und mit Sonnenkollektoren aufgehört. Meistens kam sie zu Sam, wenn sie einander besuchen wollten.
    Bevor ich den Mut verlor, zog ich die Tür auf und trat ein, dann stampfte ich den Schnee von den Stiefeln. Sonnenlicht strömte durch die Salonfenster, glänzte auf dem Parkettboden und fiel auf das kleine Klavier, das an einer Wand stand. Während Sams Wände zierliche Regale waren, bestanden die meisten Wände von Stef aus Bücherregalen, die mit Notizen und Diagrammen über so faszinierende Themen wie automatische Recyclingmaschinen vollgestopft waren.
    »Stef?« Ich glitt um die Stühle und das Sofa herum. Die Polster waren verblichen und geflickt, und über die Rückenlehnen waren Decken geworfen worden. Sie hatte mehr Räume im Erdgeschoss als Sam, die meisten mit Erfindungen in verschiedenen Stadien der Vollendung gefüllt. Die Treppe lag versteckt in einer Ecke und führte in den genauso vollgestopften ersten Stock.
    Dielenbretter knarrten unter meinem Gewicht. Ich lauschte auf Geräusche, die nicht von mir kamen – nichts –, und stahl mich durch das Haus, fand eine Bibliothek, ein Bad und ein Schlafzimmer. Wie Sam war sie für gewöhnlich männlich, aber sie hatte keine getrennten Schlafzimmer für männliche und weibliche Inkarnationen. Sie warf einfach ihre anderen Sachen für ein Leben in Truhen, daher war ihr Schlafzimmer jetzt voller Kleider.
    Ich wollte gehen, doch ein vertrautes Foto erregte meine Aufmerksamkeit. Obwohl ich mich selbst für mein Eindringen hasste, schaute ich genauer hin. Das Foto, das ich wiedererkannt hatte, zeigte zwei Männer, die Arme lächelnd um die Schultern gelegt. Das waren Sam und Stef in ihren früheren Leben. Andere Fotos auf dem Regal waren mir neu, aber ich erkannte einige von Sams früheren Inkarnationen. Manchmal war er allein, aber meistens war er mit einer weiteren Person zusammen. Stef, vermutete ich.
    Neben den Fotos lag ein Stapel Papiere: Briefe in Sams Handschrift, die er auf Reisen geschrieben und bis zu seiner Rückkehr nach Heart aufgehoben hatte, um sie dann zu überbringen. Ich überflog nur zwei von ihnen und hasste mich selbst dabei, weil sie privat waren, doch sie sprachen nur von Orten, die er besuchte, und von Dingen, die er sah und die ihr vielleicht gefallen würden.
    Es waren eine Menge Briefe.
    Das letzte Foto zeigte den Sam, den ich kannte, verschmitztes Lächeln und dunkles, wirres Haar.

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