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Nur für Schokolade

Nur für Schokolade

Titel: Nur für Schokolade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaques Buval
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die Befragung.
    »Ja.«
    »Sie arbeiteten im selben Geschäft wie Sylwia R.?«
    »Ja.«
    »Dann müssen Sie sich ja noch daran erinnern, daß an
    diesem fraglichen Tag, am 25. Juni 1991, nachmittags ein Mann in Ihren Laden kam und bettelte, ja. Ihre Freundin dann 180
    sogar noch zusagte, diesem Mann nach Feierabend belegte Brote zum nahegelegenen Waldrand zu bringen. Stimmt das?«
    »Ja, das stimmt. Sylwia tat dieser Mann leid und sie bat mich nach Feierabend, sie zu begleiten. Sie war wie besessen, diesem Mann zu helfen. Der Mann sah ja auch ziemlich
    ärmlich aus mit seiner abgeschabten Kleidung und seinen zerrissenen Schuhen.«
    »Haben Sie auch mit diesem Mann gesprochen oder sprach er nur mit Sylwia?«
    »Er sprach nur mit ihr, ich hatte zwischenzeitlich Kunden zu bedienen. Ab und zu sah ich zu den beiden hinüber, aber ich konnte nicht verstehen, worüber sich die beiden unterhielten.«
    »Den Mann, nennen wir ihn einmal Bettler, haben Sie an diesem Nachmittag also nicht so genau beobachtet?«
    »Nein, er stand die meiste Zeit mit dem Rücken zu mir.«
    »Ja, aber dann, nach Feierabend, sind Sie ja mit Sylwia zu diesem Mann mitgegangen, und da müssen Sie ihn doch genau gesehen haben, denn Sie waren einige Zeit mit ihm und Sylwia zusammen?«
    Der Staatsanwalt blickt sie an, ist gespannt, was sie jetzt sagen wird.
    »Nein, ich wollte zunächst Sylwia begleiten, aber dann habe ich mich doch entschlossen, allein nach Hause zu gehen.«
    Unruhe entsteht im Saal. Der Staatsanwalt springt vom Stuhl hoch und starrt die Zeugin wütend an, unfähig, ein Wort zu sagen. Die Richter und Schöffen stecken die Köpfe zusammen.
    Auf den Zuschauerbänken herrscht gespannte Nervosität.
    Leszek Pekalski fängt an, leise zu lachen. Erst nach einiger Zeit kehrt Ruhe im Saal ein und der Richter setzt seine Befragung fort.
    »Frau Zeugin, ich darf Sie daran erinnern, daß Sie bei Ihrer Vernehmung bei der Polizei ausgesagt haben. Sie wären sehr wohl mit Sylwia an den vereinbarten Platz gegangen und Sie hätten diesen Bettler genau gesehen und ihn als den

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    Angeklagten wiedererkannt. Was sagen Sie dazu?«
    »Die Wahrheit ist, daß ich nicht mit Sylwia zum Waldrand gegangen bin, sondern nach Hause.«
    »Ja, aber warum haben Sie dann der Polizei etwas ganz anderes erzählt? Ich brauche Sie nicht darauf hinzuweisen, Frau Zeugin, wie wichtig Ihre Aussage für diesen Prozeß ist!«
    »Die Polizei hat mir meine Aussage einfach in den Mund gelegt und ich war viel zu aufgeregt, um alles zu verstehen.«
    »Frau Zeugin, wir machen jetzt eine zwanzigminütige
    Verhandlungspause und ich gebe Ihnen den guten Rat, sich Ihre Aussage noch einmal zu überlegen.«
    Mit hochrotem Kopf dreht sich Janina C. um, geht auf ihren Vater zu, der unter den Zuhörern sitzt, und verläßt Hand in Hand mit ihm den Saal. Der Staatsanwalt indes verläßt ebenfalls mit schnellen Schritten den Saal und verschwindet in den Gerichtsgängen.
    Etwas abseits vom Verhandlungssaal stehen Janina und ihr Vater. Beide werden von den laut diskutierenden Prozeß-
    beobachtern nicht aus den Augen gelassen.
    Dann geht der Prozeß weiter.
    »Bitte, Ruhe, ich setze die Verhandlung fort«, ordnet der Richter an und befragt die Zeugin erneut.
    »Das Gericht hat noch einmal Ihre Aussage vor der Polizei gelesen und hat doch sehr große Zweifel, ob Sie heute die Wahrheit sagen. Was sagen Sie dazu?«
    »Es ist die Wahrheit, was ich vorhin ausgesagt habe.«
    »Sie bleiben also bei Ihrer Aussage?« fragt der Richter mit ernster Miene.
    »Ja, das bleibe ich«, so die Zeugin selbstsicher.
    Der Staatsanwalt bittet das Gericht, der Zeugin einige Fragen stellen zu dürfen.
    »Gut, Herr Staatsanwalt, fragen Sie.«
    »Frau Zeugin, mit Verwunderung … habe ich vor der Pause Ihre Aussage zur Kenntnis genommen. Ich sage Ihnen ins 182
    Gesicht, daß Sie lügen!«
    »Herr Staatsanwalt, das geht aber ein wenig zu weit«, unterbricht der Richter, doch er wendet sich unbeeindruckt wieder der Zeugin zu.
    »Ich habe die Gerichtspause dazu benutzt, mit den beiden Beamten, die Sie verhört haben, zu sprechen. Sie haben mir beide versichert, daß sie jederzeit unter Eid aussagen würden, wie Ihre Aussagen zustande gekommen seien – nämlich nicht, wie Sie es vortragen. Die Beamten versicherten mir, daß diese Aussagen von Ihnen selbst ohne Einwirkung dritter gemacht wurden. Und«, dabei hebt er wie beschwörend seine rechte Hand.
    »…ich sage Ihnen eines: Wenn Sie bei Ihrer Aussage
    bleiben, werde ich

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