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Nur Gutes

Titel: Nur Gutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erwin Koch
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Callas. Erstaunlich, wie viele Wolken dem Gesicht der Callas glichen.
    Dann begann er zu lachen, bis er hustete.
    Es soll, sagte er, es soll da unten in der tiefsten Tiefsee ein Wesen geben, eine Kreatur, die ihr Leben lang nichts anderes suche als Heimat oder Halt, einen ganz bestimmten Felsen, um sich darauf niederzulassen, eine Anemoneoder so, und wenn sie diesen Felsen endlich gefunden habe, der ihr Heimat sei, bilde sie zurück, was sie nicht mehr brauche, Fortbewegungsorgane, zuerst aber das Hirn, wie ich, lachte Paul, seit dem dritten Infarkt.

    Albert öffnete den Schrank und nahm daraus drei weiße Teller, stellte sie auf den Tisch.
    ‹Suppe?›, fragte er, ‹gibt es auch Suppe?›
    Dagmar rührte im Reis.
    Die Suppe, sagte Dagmar, habe Albert am Vorabend ja selbst gekocht, seine berühmte Kürbissuppe, kalt gestellt im Kühlschrank.
    Er nahm drei hochrandige Teller aus dem Kasten, stellte sie in die weißen flachen auf dem Tisch.
    Albert, glänzendes Besteck in der linken Hand, trat neben Anna, sie ahnte seinen Atem, Anna bog sich, als er näher kam, zur Seite. Albert legte das Besteck neben Annas Teller, sehr langsam, links die Gabel, rechts das Messer und den Löffel rechts vom Messer.
    Jetzt die Gläser, drei für den Wein, drei fürs Wasser -
    Wie es schneit -

    Ich, Simon Mangold, bat den Taxifahrer, mich zum Nordbahnhof zurückzubringen. Wahrscheinlich brenne irgendwo ein Haus, sagte der Taxifahrer, in Zeiten der Adventskränze. Der nächste Zug nach Holden fuhr in zwanzig Minuten. Ich ging zum Kiosk in der Halle, bestellte einen Becher Kaffee, trank ihn stehend. Der Zug fuhr pünktlich, ich saß am Fenster, niemand sonst im Abteil,ich legte meinen Kopf an die Scheibe und spürte die Kälte, dann bekam ich plötzlich Hunger, ich brach vom Christstollen ab, aß das Stück, brach ein weiteres Stück ab, ein weiteres, ich hatte plötzlich Hunger, dachte an Charlotte und Tim, an Dagmar und Albert, aß den Stollen und wollte heulen.

    ‹Ihr Vater hatte ein Fernglas. Damit schaute er den Vögeln zu, als er krank im Bett lag.›
    Albert öffnete den Kühlschrank, er nahm eine Schüssel, darin die Suppe, die er am Abend zuvor gekocht hatte, goss sie in einen Topf und stellte den Topf auf den Herd.
    ‹Ja›, sagte Anna, ‹mit den Vögeln kannte er sich aus.›
    Falls sie die Hände waschen wolle, sagte Dagmar, Anna wisse ja, wo die Toilette sei.
    Anna schwieg.
    Albert, eine Kelle unter dem linken Arm, trug die heiße Suppe zum Tisch, schöpfte sie in die drei Teller.
    ‹Dem Gast zuerst›, sagte er leise.

    Sie aßen Suppe.

    ‹Früher›, sagte Dagmar, ‹mochte ich keine Suppe. Immer gab es Suppe, jeden Tag, fast jeden Tag. Dicke, zähflüssige Suppe, die ich nicht mochte, eigentlich ein Brei.›
    Dagmars liebste Geschichte, dachte Albert.
    ‹Meine Mutter konnte nicht kochen, aber sie kochte gern, sie gab sich Mühe, aber sie konnte nicht kochen.
    Jeden Tag Suppe, immer dick und zäh. Mutti wusste sehr gut, wie schlecht sie kochte, und weil sie es wusste, schöpfte sie sich immer zuerst, schob die Schüssel dann zu meinem Vater. Mein Vater schöpfte uns Kindern, wir waren vier, ich die Jüngste, die Letzte. Und schließlich schöpfte er auch sich. Aber sie, Mutti, begann sofort zu essen, wenn sie sich geschöpft hatte, Mutti wartete nicht, bis alle etwas im Teller hatten. Ich dachte, das sei normal. Mütter kochen, Mütter schöpfen nur sich, sie essen sofort und vor allen anderen am Tisch. Und dann begann sie zu loben. Wie gut ist mir diese Suppe heute gelungen. Nicht alle Tage gelingt mir eine Suppe so gut. So verbot sie uns jedes Urteil, jeden Widerspruch, ihrem Mann und den vier Kindern.›
    ‹Ihre Suppe, Herr Mangold, schmeckt sehr gut›, sagte Anna.
    ‹Stimmt›, sagte Dagmar, ‹Kürbissuppe kochen, das kann er.›
    Sie schwiegen.

    ‹Dagmar klingt arabisch›, sagte Anna.
    Dagmar sah vom Teller auf.
    ‹Bitte was?›
    ‹Dagmar, als Name, klingt irgendwie arabisch›, sagte Anna.
    ‹Das höre ich zum ersten Mal.›
    ‹Wie Muamar, Sansibar oder so.›
    Sie sei das vierte Kind ihrer Eltern, sagte Dagmar, und ihre Mutter, eine Systematikerin, habe die Namen derKinder nach der Abfolge des Alphabets gewählt, der Name des Ersten beginne mit A, der des Zweiten mit B, der des Dritten mit C, Andreas, Bertram, Claudius, Dagmar.

    ‹Möchte jemand ein Stück Brot?›, fragte Albert.

    Es hört nicht auf zu schneien -

    ‹Wir waren vornehme Leute, mein Vater war Rektor der Berufsschule von

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