Nur noch diese Nacht
elend.
Aber sie hatte kein Recht mehr auf Ryan.
Sie versuchte, sich gleichgültig zu geben, und reichte ihm das Handy. „Es ist für dich, glaube ich“, bemerkte sie überflüssigerweise.
Für wen sonst? Schließlich war es sein Handy. Und seine Exfreundin.
Wortlos nahm Ryan das Gerät entgegen und schaltete es auf Anrufbeantworter.
„Willst du nicht rangehen?“ Claire hätte heulen können, dass ihre Stimme so verdächtig bebte.
„Nein.“ Ruhig sah er sie an. „Ich rufe sie später zurück. Das würde ich dir nicht antun. Und ihr auch nicht.“
Natürlich nicht. Es war nicht Ryans Art, grausam zu sein oder sich über die Gefühle anderer hinwegzusetzen. So war er immer gewesen, und das hatte ihr gefallen. Jetzt fragte Claire sich, was er unter „später“ verstand. Würde er warten, bis sie duschte? Sich nach dem Abendessen höflich zurückziehen? Würde sie zusehen müssen, wie ihr Mann den Raum verließ, um seine Freundin anzurufen?
Ihre Wangen begannen zu brennen, weil ihr bewusst wurde, was das bedeutete.
Ryan war nicht mehr ihr Mann. Nicht wirklich. Sie führten keine richtige Ehe, obwohl sie zurzeit miteinander schliefen.
Sein Blick nahm einen harten Ausdruck an. „Ich hatte dir doch gesagt, die Sache mit Dahlia ist vorbei. Was immer du also denkst, vergiss es.“
Auf einmal erschien Claire alles sehr viel zerbrechlicher und vergänglicher als noch vor wenigen Augenblicken. Es war, als hätte der Wind sich gedreht und mit ihm die herrlich laue Brise, die nun unvermittelt bedrohliche Unsicherheit herüberblies.
Natürlich wusste Claire seit Jahren von den anderen Frauen in Ryans Leben. Doch letztlich waren sie ihr egal gewesen, hatten sie höchstens ein wenig irritiert. Meistens jedenfalls. Sie ließ den Blick über Ryans markante Züge, sein dichtes dunkles Haar, die kräftigen Schultern und Arme schweifen und dachte daran, wie seine Hände sich auf ihrem nackten Körper angefühlt hatten, als sie sich in der Nacht zuvor geliebt hatten.
Irgendwie hatte sie da gedacht: Er gehört zu mir.
Das war einmal … vor langer Zeit. Jetzt nicht mehr. Seit sie sich vor Jahren getrennt hatten, war er mit anderen Frauen zusammen.
Ich bin eifersüchtig …
„Claire?“
Geistesabwesend hob sie den Kopf. „Weißt du, es mag verrückt klingen, aber ich glaube, irgendwie habe ich mich bei all den Klatschgeschichten über dich und deine Eroberungen wohler gefühlt“, platzte sie heraus.
Ryan beugte sich zu ihr vor. „Wieso das?“
„Wenn du ein Frauenheld geworden wärst, der keiner erotischen Versuchung widerstehen kann, hätte ich mir eher einreden können, dass es für dich keine echte andere gegeben hat … und dass das mit uns einzigartig war.“
Ryans Miene zeigte keine Regung. Vielleicht war es egoistisch, ihm das zu enthüllen. Schließlich wollte sie ihn nicht halten. Deshalb waren sie hier nicht zusammengekommen.
Unvermittelt stand er auf, nahm die Tüte und ging ins Haus. Was konnte er auch sagen? Ryan hatte es nicht nötig, sich zu verteidigen. Dennoch versetzte es Claire einen Stich ins Herz, dass er einfach davonging.
An der Tür blieb er stehen und neigte den Kopf leicht zur Seite, sodass Claire seine Züge sehen konnte, jedoch nicht seine Augen. „Ich habe keine von ihnen geheiratet“, sagte er nur.
Claire war wieder in New York, und Ryan arbeitete noch spätabends in seinem Büro in Los Angeles, um die verlorene Zeit aufzuholen. Es war bereits nach neun, doch er würde noch zwei, drei Stunden dranhängen, ehe er schlafen ging.
Gerade gönnte er sich eine kurze Pause, um ein von einem Lieferservice gebrachtes Vollkornsandwich mit Putenfleisch und Avocadoaufstrich zu essen und Dahlia zurückzurufen.
Sie nahm nicht ab, was ihn nicht weiter wunderte. Eigentlich hatten sie von Anfang an keine richtige Beziehung gehabt, obwohl sie miteinander ausgegangen waren. Und obwohl ihn das früher nicht gestört hatte, fragte er sich, warum sie ihn jetzt anrief. Das passte nicht zu ihr.
Dahlia dürfte kaum versuchen, sich mit ihm auszusöhnen, schon gar nicht nach der knallharten Auseinandersetzung, die sie zuletzt gehabt hatten.
Und wenn es um heikle Pressemitteilungen ging, hatte sich stets ihr Public-Relations-Agent bei ihm gemeldet. Warum rief sie ihn jetzt also an, nachdem sie seit Monaten keinen Kontakt mehr gehabt hatten und es in den Skandalblättern still um sie geworden war?
Wieder war eine Woche vergangen. Wieder saßen Claire und Ryan am Wochenende zusammen über
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