Nur wenn du mir vertraust - Crombie, D: Nur wenn du mir vertraust - Now May You Weep
mit Callum MacGillivray befreundet gewesen.
»Das ist furchtbar«, sagte Hazel plötzlich. »Diese Leute sind doch meine Freunde! Wie kann ich hier sitzen und Mutmaßungen über sie anstellen?«
»Es tut mir Leid«, sagte Gemma. Sie hätte sich wegen ihres mangelnden Feingefühls ohrfeigen können. »Du hast Recht. Ich hätte dir diese Fragen nicht stellen dürfen. Es ist ja schon schwer genug für mich, und ich kenne sie erst seit ein paar Tagen.«
»Nein,
mir
tut es Leid.« Hazel lächelte zaghaft. »Du meinst es doch nur gut, und ich habe dich angeschnauzt. Dabei musst du doch krank vor Sorge um Kit sein – und ich bin dir überhaupt keine Hilfe gewesen.«
»Ich bin sicher, dass er bei Nathan gut aufgehoben ist«, erwiderte Gemma, womit sie sich selbst ebenso wie Hazel zu beruhigen suchte. Sie fragte sich, wo Duncan geblieben war und ob er Ian inzwischen erreicht hatte. »Willst du nicht schon mal ins Bett gehen?«, schlug sie Hazel vor. »Ich helfe Louise noch ein bisschen in der Küche.«
Hazel hatte protestiert, jedoch nicht sehr vehement, und Gemma hatte sie bald schon dazu überredet, in ihr Zimmer zurückzugehen und ein Bad zu nehmen.
»Du schläfst ja jetzt nicht mehr bei mir, oder?«, fragte Hazel. »Ich glaube, Louise wollte dich und Duncan in Pascals Zimmer unterbringen.«
»Bist du sicher, dass das für dich okay ist?« Gemma war immer noch nicht ganz wohl bei dem Gedanken, Hazel allein zu lassen, doch sie wollte sie nicht beunruhigen, indem sie ihre Bedenken aussprach.
»Ganz sicher.«
»Gut. Ich schau nachher noch mal kurz rein und hole meine Sachen.«
Nachdem sie mit Hazel zur Tür gegangen war, blieb sie einen Augenblick lang in der Diele stehen und lauschte. Von oben drang leises Gemurmel von Männerstimmen an ihr Ohr. Duncan und Martin hatten offenbar ein interessantes Gesprächsthema gefunden.
Sie räumte das schmutzige Geschirr vom Esszimmertisch ab und trug den Stapel in die Küche. Dort blickte sie sich suchend um. Im Spülbecken stapelten sich Kochtöpfe und Pfannen, auf dem kleinen Tisch stand eine Schüssel mit einem Rest Cullen Skink, doch von Louise war nichts zu sehen. Gemma nahm an, dass sie es wohl gehört hätte, wenn Louise nach oben gegangen wäre, und so ging sie weiter durch die Spülküche, um draußen nach ihr zu suchen.
Im Garten war es still und schon fast völlig dunkel. Von irgendwo in der Nähe stieg ihr ein Hauch von beißendem Tabaksqualm in die Nase. Nachdem ihre Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten, bemerkte sie einen flackernden Lichtschein in der Gegend des Schuppens. »Louise?«, rief sie und ging über den Rasen darauf zu.
Als sie durch die offene Schuppentür spähte, sah sie Louise auf einem Campinghocker sitzen. Sie rauchte eine Zigarette, und auf der Werkbank brannte eine kleine Petroleumlampe. »Darf ich reinkommen?«, fragte Gemma.
»Von mir aus. Ich musste einfach mal kurz raus.« Louise hatte sich eine Strickweste übergestreift, kauerte aber dennoch mit verschränkten Armen auf dem Hocker, als ob ihr kalt wäre.
»Ich wusste gar nicht, dass Sie rauchen«, sagte Gemma, indem sie sich auf den anderen Hocker setzte.
»Das tue ich auch normalerweise nicht. Es sind Johns Zigaretten. Das ist so eine Art Spiel zwischen uns. Ich tue so, als wüsste ich nicht, dass er sie raucht, und ab und zu stibitze ich ihm eine oder zwei, aber er kann ja kaum dagegen protestieren, ohne zuzugeben, dass
er
sich die Schachtel gekauft hat.«
Gemma lächelte. »Das klingt wie eine von diesen Geschichten, die verhindern, dass eine Ehe langweilig wird.«
»So kann man es auch sehen.« Louise zog noch ein letztes Mal an der Zigarette, trat den Stummel mit dem Absatz aus und legte ihn dann mit spitzen Fingern auf die Werkbank. »Aber Sie und Duncan sind ja nicht verheiratet. Warum eigentlich nicht?«
»Ach, na ja, das ist ziemlich kompliziert«, antwortete Gemma, die mit der Frage nicht gerechnet hatte. »Ich war schon einmal verheiratet, und er auch – und wir haben uns dabei beide nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Vielleicht haben wir ja Angst, dass wir diesen Fluch auf unsere Beziehung übertragen könnten.«
»Und der Sohn, der heute die Schule geschwänzt hat – der ist nicht Ihr gemeinsames Kind, oder?«
»Nein, er ist Duncans Sohn aus seiner geschiedenen Ehe. Toby, unser Vierjähriger, stammt aus
meiner
geschiedenen Ehe.« Sie musste unwillkürlich an das Kind denken, das sie verloren hatten, den kleinen Jungen, der in diesen Tagen zur Welt gekommen
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