Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nur wenn du mir vertraust - Crombie, D: Nur wenn du mir vertraust - Now May You Weep

Nur wenn du mir vertraust - Crombie, D: Nur wenn du mir vertraust - Now May You Weep

Titel: Nur wenn du mir vertraust - Crombie, D: Nur wenn du mir vertraust - Now May You Weep Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
Vom Netzwerk:
kräftiger – sicher würde er wieder gesund werden.
    Mit neuer Energie schaufelte Will sich weiter durch den Schnee, als könne er mit den dumpfen Schaufelschlägen auch gleich seine Angst betäuben. Endlich hatte er die Tür freigeräumt und tauchte erleichtert in die relative Wärme des gemauerten Stalls ein. Eilig ging er zwischen den nervös scharrenden Tieren hin und her – den preisgekrönten Milchkühen und dem Kutschpferd seines Vaters, den Lastponys, mit denen sie den Whisky von Carnmore zur Küste hinuntertransportierten – und füllte ihre Tröge auf. Dann tauschte er das Stroh in den Verschlägen aus.
    Einige der Brennereien in der Region Speyside hatten zwar inzwischen ihre eigenen Bahnlinien, doch Ponys waren nach wie vor das sicherste Transportmittel, um den Whisky aus den Braes ins Tal zu schaffen, selbst bei gutem Wetter. Auf den alten Pfaden, die sich durch die Ladder Hills schlängelten, wurde heutzutage nicht mehr Schmuggelware, sondern das legale Produkt transportiert. Was die Vorräte betraf, so hatten sie bis zur nächsten Ernte genügend Gerste eingelagert; das Wasser floss das ganze Jahr über reichlich aus der Carn-More-Quelle, und den Torf gewannen sie in ihrem eigenen Moor.
    Als er mit dem Stall fertig war, bahnte sich Will einen Weg zur Brennerei, was ihm nicht allzu schwer fiel, da die Gebäude selbst den Schnee weitgehend abgehalten hatten. Doch als er dann im Hauptgebäude stand, verharrte er einen Moment und überlegte, wie er vorgehen sollte. Die Destillation war ein kontinuierlicher Prozess, der sich aus einer Reihe eng miteinander verbundener Schritte zusammensetzte. Zuerst wurde die Gerste so lange in Wasser eingeweicht, bis der Mälzer fand, dass sie genug Feuchtigkeit aufgesogen hatte; anschließend wurde sie zum Keimen auf dem Malzboden ausgebreitet und dann über dem Torffeuer des Darrofens getrocknet.
    War die Gerste trocken, so wurde sie in der Mühle zu Schrot zerkleinert, der dann in die riesigen Maischbottiche geleitet wurde, in denen das heiße Wasser die Stärke aus dem Getreide löste. Aus den Maischbottichen floss dann eine süßliche Flüssigkeit, die
Würze
, in die großen Gärkessel. Für diese war der Braumeister zuständig; er war es, der die Hefe hinzufügte und entschied, wann die vergorene Würze,
wash
genannt, zum Destillieren bereit war. Nun übernahm der Brennmeister das Kommando, der die schwach alkoholische Flüssigkeit über einen Vorwärmbehälter in die erste der großen kupfernen Brennblasen weiterleitete.
    Carnmore verwendete drei statt der traditionellen zwei Brennblasen: die
wash still
und zwei so genannte
spirit stills
. Sein Vater behauptete, es sei dieser zusätzliche Destillationsvorgang, der dem Carnmore-Whisky seinen milden, leichten Geschmack verlieh. Whiskybrenner waren abergläubische Menschen, und es war ein ungeschriebenes Gesetz, dass kein Detail des Herstellungsprozesses je verändert werden durfte, damit der typische Charakter des Whiskys erhalten blieb – keine Delle in den Brennblasen wurde ausgebessert, keine Spinnwebe an den Geräten abgewischt.
    Aus der letzten Brennblase rann der Whisky durch einen verglasten Auffangbehälter, den so genannten
still safe
, der vom Brennmeister wie auch vom Steuerbeamten der Brennerei, dem
excise man
, genau beobachtet wurde. Das farblose Destillat verdiente aber noch lange nicht die Bezeichnung
Scotch
Whisky
. Zuerst musste es noch mindestens fünf Jahre in Eichenfässern reifen, die im Lagerhaus auf der bloßen Erde gestapelt wurden, bevor dann der fertige Whisky unter dem Namen der Brennerei auf Flaschen gezogen oder aber an Blending-Firmen verkauft wurde, die ihn mit anderen Sorten verschnitten. Manche Fässer wurden auch noch wesentlich länger gelagert. Es stimmte Will nachdenklich, wenn er sich überlegte, dass er fast so alt sein würde wie sein Vater jetzt, ehe ein Teil des Whiskys, der heute gebrannt wurde, endlich getrunken werden konnte.
    Jeder dieser Teilprozesse hatte seinen eigenen Zeitplan, und zu jedem waren mehrere Arbeiter sowie ein erfahrener Aufseher erforderlich. Wie sollte Will das alles ganz allein bewerkstelligen?
    Nun, er konnte immerhin einen Anfang machen, indem er im Büro das Feuer in Gang brachte. Er trat in das Zimmer und entzündete zunächst die Öllampe, die auf dem Schreibtisch seines Vaters stand; dann schichtete er rasch Torf und Reiser im Kamin auf. Als die Flammen hoch schlugen, setzte er sich für ein paar Minuten vor den Kamin, um sich zu wärmen

Weitere Kostenlose Bücher