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Nur wenn du mir vertraust - Crombie, D: Nur wenn du mir vertraust - Now May You Weep

Nur wenn du mir vertraust - Crombie, D: Nur wenn du mir vertraust - Now May You Weep

Titel: Nur wenn du mir vertraust - Crombie, D: Nur wenn du mir vertraust - Now May You Weep Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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und die beruhigende Nähe der vertrauten Gegenstände auf sich wirken zu lassen. Das große, in Leder gebundene Hauptbuch lag aufgeschlagen auf dem Schreibtisch, darauf die Lesebrille seines Vaters. An einer Wand standen Eichenregale mit Reihen von Flaschen, die mit einer feinen Staubschicht bedeckt waren. Nur das laute Ticken der Tischuhr durchbrach die Stille.
    Seit er mit vierzehn von der Schule in Chapeltown abgegangen war, hatte Will unter dem eingeschränkten Leben in der Brennerei gelitten und davon geträumt, in Edinburgh Medizin zu studieren wie sein Großvater Grant. Aber sein Vater hatte gemeint, er sei noch zu jung, um so weit von zu Hause wegzugehen, und er hatte auch an seinem eigenen Traum festgehalten, dass Will das Familienunternehmen eines Tages fortführen würde.
    Doch als Will an das Gefühl der Hilflosigkeit zurückdachte, das ihn an diesem Morgen angesichts des Zustands seines Vaters überkommen hatte, fragte er sich, ob er wirklich das Zeug zum Mediziner hatte. Dazu kam die Erinnerung an Charles’ flehentlich geflüsterte Bitte, sich um die Brennerei zu kümmern – und plötzlich sprang Will so abrupt auf, dass der alte Bürostuhl unter ihm wackelte. Das keimende Malz konnte er doch wenigstens allein wenden, und auch die Torffeuer für die Darre und die Brennblasen könnte er schon einmal vorbereiten.
    Als er in den schmalen Durchgang zwischen Brennhaus und Malzscheune trat, blieb er plötzlich stehen und lauschte. Ein Gefühl der Erleichterung durchflutete ihn. Er hörte Stimmen – klar und deutlich trug die windstille Luft sie an sein Ohr. Will stapfte auf die Anhöhe oberhalb des Fußpfads, der hinunter ins Dorf führte, und hielt sich schützend die Hand über die Augen. Ein Dutzend dunkle Punkte sah er dort, die sich unten langsam über die weiße Fläche näherten – gut die Hälfte der Belegschaft bahnte sich mit Schaufeln einen Weg zur Brennerei.
    Will rief und winkte, eine Stimme gab etwas zur Antwort, was er nicht verstehen konnte, und dann machte Will sich wieder ans Schaufeln, um ihnen entgegenzugehen.
    Die Männer kamen zügig voran, und bald konnten sie Will mit großem Hallo und Schulterklopfen begrüßen. Es waren sämtliche Männer aus Chapeltown – diejenigen, die außerhalb des Dorfes wohnten, würden größere Schwierigkeiten haben, sich zur Brennerei durchzuschlagen.
    »Wir haben ja nur einen halben Arbeitstag verloren«, meinte Alasdair Smith, der Brennmeister, als sie wieder zu den Schaufeln griffen, um Wills Pfad zu erweitern. Smith, ein großer, kräftiger Mann mit einem feuerroten Bart, war nicht mit den Smiths verwandt, die den berühmten Glenlivet brannten, aber er erzählte jedem, dem er zum ersten Mal begegnete, dass er eine ebenso feine Nase für Whisky habe. »Kein Highlander, der was auf sich hält, wird sich von so ein paar Schneeflöckchen unterkriegen lassen«, fügte er hinzu, und er grinste, dass die weißen Zähne in der Mitte seines roten Bartes aufblitzten.
    »Das ist ein schlechtes Omen«, sagte John MacGregor, der Steuerbeamte, »ein solcher Schneesturm so früh im Jahr; lasst es euch gesagt sein.« MacGregor war ein gewissenhafter Mann mit einer spitzen Nase, und wie es für die Regierungsbeamten üblich war, hielt er sich immer ein wenig abseits von den anderen. Doch Will hatte ihn in seiner peniblen, umständlichen Art stets freundlich gefunden, und MacGregor nahm sich immer gerne die Zeit, um die Fragen eines wissbegierigen Jungen zu beantworten. Jetzt sagte er mit etwas gedämpfter Stimme zu Will: »Gut, dass dein Vater sicher in Edinburgh ist, Junge. Wenn er heute Morgen gefahren wäre, wäre er in Teufels Küche gekommen –«
    »Aber er ist gar nicht in Edinburgh«, unterbrach ihn Will. Die anderen Männer lauschten still, als er erzählte, wie sein Vater mitten in der Nacht nach Hause gekommen war. »Und jetzt hat er hohes Fieber«, fügte Will hinzu, »und fürchterliche Halsschmerzen.«
    Er bemerkte den Blick, den Smith MacGregor zuwarf, und fragte: »Was ist denn?« Als die Männer zögerten, fuhr er sie an: »Sagt es mir!« Der Kommandoton in seiner Stimme überraschte ihn selbst – für einen Augenblick hatte er genau wie sein Vater geklungen.
    »Ach, Junge, es ist nichts, worüber du dir Gedanken machen musst«, sagte Smith, doch er sah Will dabei nicht in die Augen. »Es ist nur so eine Geschichte, die ich im
Pole
gehört habe – anscheinend geht in Edinburgh ein Fieber um…« Das
Pole Inn
war das nächste Wirtshaus, am Fuß

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