Nur wenn du mir vertraust - Crombie, D: Nur wenn du mir vertraust - Now May You Weep
mich erst mal ausreden. Ja, das ist es, was sie will, aber das heißt noch lange nicht, dass es auch so kommen wird. Du weißt, dass ich dich hier bei mir haben will – bei uns –, und zwar für immer. Aber wenn wir wollen, dass es so bleibt, dann müssen wir uns eine Strategie zurechtlegen, und das bedeutet, dass wir die Sache in Ruhe bereden müssen. Okay?«
Kit nickte zögerlich, doch seine Augen waren noch immer vom Schock geweitet.
»Okay. Braver Junge.« Kincaid sah ihn lächelnd an. »Ich habe gestern Abend Ian angerufen.« Er hatte noch lange am Küchentisch gesessen, Eugenias Brief ein ums andere Mal gelesen und dabei zu viele Tassen Tee aus Gemmas Kanne getrunken. Die Mutter seiner Exfrau war schon immer ziemlich schwierig gewesen, aber nach dem Mord an ihrer einzigen Tochter schien ihr Verhalten immer irrationaler zu werden. Sie behauptete zwar, nur Kits Wohl im Sinn zu haben, aber dennoch quälte sie den Jungen, indem sie ihm die Schuld für den Tod seiner Mutter gab, und sowohl Kincaid als auch Ian hatten Eugenias Besuche auf ein Minimum beschränkt. Vics Vater, Robert Potts, war ein bescheidener, zurückhaltender Mann, der anscheinend nicht gewillt – oder nicht in der Lage – war, der Tyrannei seiner Frau irgendetwas entgegenzusetzen. Und jetzt hatte Eugenia offenbar vor, in die Tat umzusetzen, was sie schon seit Monaten angedroht hatte.
Kincaid war sehr versucht gewesen, Gemma anzurufen, doch er hatte sich schließlich gesagt, dass es wenig Sinn hätte, ihr mit der Sorge um Kit das Wochenende zu verderben, da sie ja ohnehin nichts tun konnte.
Als die Zeiger der Küchenuhr gegen Mitternacht vorgerückt waren, hatte er nach dem Telefon gegriffen und Ian McClellan in Kanada angerufen. Er hatte ihn erwischt, als er gerade von der Vorlesung nach Hause gekommen war. Kincaid erklärte ihm, was geschehen war, wartete ab, bis Ian zu Ende geflucht hatte, und fragte ihn dann: »Könntest du vielleicht einen Brief schreiben, in dem du Kit die Erlaubnis erteilst, bei mir zu wohnen, und deine Gründe dafür anführen? Zur Sicherheit kannst du das Schreiben ja notariell beglaubigen lassen.«
»Das kann ich tun«, willigte Ian ein, »obwohl ich nicht glaube, dass irgendein auch nur halbwegs vernünftiger Familienrichter sich überhaupt mit Eugenia abgeben wird. Ich bin mir sicher, dass bei einem Jungen in Kits Alter der Wille des Kindes absolut vorrangig ist. Aber trotzdem…«
»Denkst du, wir sollten einen Anwalt einschalten? Wir müssen in dieser Sache gemeinsam vorgehen.« Zwischen Kincaid und Ian hatte sich im Laufe des letzten Jahres eine etwas merkwürdige, aber funktionierende Beziehung herausgebildet, fast wie zwischen zwei Expartnern, die sich das Sorgerecht für ihr gemeinsames Kind teilen. Natürlich mit dem Unterschied, dass Kincaid keinerlei Rechte besaß.
»Das müssen wir wohl«, antwortete Ian seufzend, und Kincaid konnte nur raten, ob er sich damit auf die Frage oder die Feststellung bezog. »Hör mal, Duncan…« Ian machte eine lange Pause. »Wir haben lange einen Bogen um dieses Thema gemacht, aber jetzt müssen wir wohl endlich einmal darüber reden. Vic und ich haben das nie getan. Wir haben es einfach totgeschwiegen, und ich wünschte – nun ja, es wäre vielleicht einiges anders gelaufen, wenn wir offen darüber gesprochen hätten. Was ich sagen will, ist – es ist nicht so, als wollte ich keine Verantwortung für Kit übernehmen, aber wenn du deine Vaterschaft nachweisen könntest, wäre damit das Thema Eugenia ein für alle Mal erledigt.«
Natürlich hatte Kincaid schon die Möglichkeit eines Vaterschaftstests in Betracht gezogen, doch er wollte Kit nicht der emotionalen Belastung aussetzen, die eine solche Prozedur mit sich bringen würde, solange es nicht unbedingt notwendig war. Dieser Fall schien nun aber eingetreten.
Und so sagte er jetzt: »Kit, es gibt eine einfache Methode, wie wir dem Ganzen ein Ende bereiten könnten. Wir können beweisen, dass du mein Sohn bist.«
»Du meinst… mit einem Test?«
Kincaid sah den entsetzten Gesichtsausdruck des Jungen und beeilte sich, ihn zu beruhigen. »Keine Sorge, es tut nicht weh. Sie nehmen dir nur ein wenig Speichel ab, von der Innenseite der Wange –«
»Nein, ich will das nicht.«
»Es ist wirklich ganz harmlos, ich schwöre es –«
»Nein, darum geht es ja nicht. Ich – ich will nur nicht, dass Ian glaubt, ich –«
»Es war Ians Vorschlag, Kit. Er will nur das Beste für –«
»Nein«, wiederholte Kit mit
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