Nur zu deinem Schutz (German Edition)
Ema herum. »Ich dachte nur … na ja, ich wollte gerade bei Ihnen klingeln, als ich Ihren Wagen kommen hörte, und da dachte ich, was soll’s, ich kann Ihnen ja einfach entgegengehen.«
Sie zog die Schultern hoch und lächelte. Er verzog keine Miene. Also redete Ema weiter.
»Am beliebtesten sind immer noch unsere Schoko-Minz-Plätzchen, aber seit Neuestem haben wir auch Karamell-Cookies im Programm – obwohl die mir ehrlich gesagt ein bisschen zu süß sind. Wenn Sie auf Ihre Figur achten – ja, ich weiß, ich sehe nicht gerade aus, als würde ich mir über ein paar Kalorien mehr oder weniger den Kopf zerbrechen –, dann können Sie auch unsere neuen zuckerfreien Schokoladenkekse probieren.«
Der Mann starrte sie stumm an.
»Natürlich verkaufen wir auch immer noch unsere Kokostaler, Erdnussbutterplätzchen, Brownies und Haselnusskringel. Hören Sie, ich möchte Ihnen wirklich nichts aufdrängen, aber Ihre Nachbarn sind alle ziemlich großzügig gewesen. Die Asseltas von nebenan haben zum Beispiel dreißig Tütchen bestellt und mit Ihrer Hilfe könnte ich vielleicht sogar den ersten Platz in meiner Gruppe schaffen und einen Geschenkgutschein von American Girl im Wert von hundert Dollar gewin…«
»Verschwinde.«
»Verzeihung, sagten Sie gerade …«
»Verschwinde.« Seine Stimme duldete keinen Widerspruch. »Sofort.«
»Oh, okay.« Ema hob in gespielter Kapitulation die Hände und trat den Rückzug an. Ich atmete erleichtert auf und war mächtig beeindruckt von ihrer Geistesgegenwart. Okay, Ema war in Sicherheit, jetzt war ich an der Reihe. Ich spähte noch einmal aus dem Fenster. Der Glatzkopf öffnete gerade das Garagentor, und wer immer am Steuer saß, fuhr den Wagen hinein. Währenddessen mimte die Glatze wieder den Roboter und ließ überwachungskameramäßig den Blick schweifen. Auf einmal ruckte sein Kopf nach links und fokussierte genau auf mich.
Ich duckte mich hastig.
Hatte er mich entdeckt? So wie er mich anvisiert hatte, war es ziemlich wahrscheinlich, andererseits war es mit der Sonnenbrille, die er trug, schwierig zu sagen. Ich kroch in den Flur und behielt dabei die Hintertür im Auge. Dann schrieb ich Ema: Alles okay bei dir?
Drei Sekunden später kam die Antwort: ja. HAU ENDLICH AB!
Sie hatte recht. Ich lief geduckt an der Wendeltreppe vorbei und schauderte bei dem Gedanken daran, was sich dort oben wohl verbergen mochte.
Wer war der unheimliche Typ mit dem kahl rasierten Kopf und dem dunklen Anzug?
Vielleicht ist die Erklärung ganz einfach, dachte ich. Vielleicht war er ein Verwandter der Hexe, ihr Neffe oder so. Oder der schwarze Hexer – dazu passte sein Outfit.
Auf dem Weg zur Haustür lief ich noch einmal zum Kamin, warf einen letzten Blick auf das Foto und versuchte, mir die Gesichter der fünf jungen Leute und den merkwürdigen Schmetterling auf den T-Shirts einzuprägen. Dann huschte ich weiter und streckte die Hand nach dem Türknauf aus.
Plötzlich ging hinter mir das Licht an.
Ich erstarrte und drehte langsam den Kopf.
Das Licht drang unter der Kellertür im Flur hervor. Jemand war dort unten – jemand, der genau in diesem Moment das Licht angemacht hatte.
Mir schossen ein Dutzend Gedanken gleichzeitig durch den Kopf. Der drängendste war ein Befehl: LAUF ! Ich hatte genug Horrorfilme gesehen, in denen ein geistig unterbelichteter Hohlkopf allein in ein fremdes Haus eindringt, dort herumschnüffelt und zum Schluss mit einer Axt zwischen den Augen endet. Damals hatte ich wohlbehütet in meinem Kinosessel gesessen und über seine Blödheit den Kopf geschüttelt. Tja, jetzt war ich selbst der Hohlkopf und starrte zitternd auf die Kellertür, hinter der jemand das Licht angemacht hatte.
Wie hatte ich mich bloß in diese Lage bringen können?
Ganz einfach: Die Hexe hatte mich bei meinem Namen gerufen. Sie hatte gesagt, meine Vater würde noch leben. Und obwohl ich wusste, dass das nicht sein konnte, war ich bereit, alles Mögliche, einschließlich meiner eigenen Sicherheit, zu riskieren, wenn es auch nur den Hauch einer Chance gab, dass ein Fitzelchen von dem, was sie gesagt hatte, stimmte.
Ich vermisste meinen Dad schrecklich.
Die Kellertür glühte. Natürlich wusste ich, dass ich mir dieses Glühen nur einbildete, weil das Licht, das unter der Tür hervorsickerte, im Vergleich zur Dunkelheit des Flurs sehr intensiv war. Trotzdem half diese Überlegung nicht, meine Nerven zu beruhigen.
Ich rührte mich nicht von der Stelle und lauschte. Hinter der Tür waren
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