Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nuramon

Nuramon

Titel: Nuramon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Sullivan
Vom Netzwerk:
näher und verbeugte sich. »Ich bin Warelne, Nuramons Gehilfin.«
    »Verstehst du dein Handwerk?«, fragte die Schwertfürstin.
    »Zu zaubern vermag ich nicht«, erwiderte Warelne.
    Borugar erhob sich. »Ich gehe zu Jasgur.« Er überließ Nylma seinen Platz.
    Gaerigar wollte sich seinem Großvater und Yargir anschließen, doch der Fürst hob die Hand. »Nein. Du bleibst hier und nimmst deines Vaters Platz ein.«
    »Meine Zauberkraft ist aufgebraucht«, sagte er, überrascht über die Entscheidung seines Großvaters. »Und ein guter Heilzauberer war ich ohnehin nie.«
    »Tu einfach, was man dir sagt – und lass bleiben, wovor man dich warnt«, sagte Borugar, zwinkerte ihm zu und verabschiedete sich.
    Gaerigar nickte. Vor wenigen Wochen noch hätte er getobt. Als sein Großvater, Yargir und die Leibwächter fort waren, fragte Gaerigar Warelne: »Was soll ich tun?« Die blutverschmierte Leinenschürze der Heilerin zeugte von all den Verletzten, die sie bereits behandelt hatte. Sogar der dicke Zopf vor ihrer Schulter war befleckt, doch das schien sie nicht zu kümmern.
    »Eine einfache Heilerin wird den Thronerben wohl kaum einen Lappen mit Wasser tränken lassen«, sagte Warelne und wusch sich die Hände in einer Schüssel, ehe sie sich erneut Nylmas Wunden zuwandte. »Mir wäre mit einer Antwort am besten gedient: Wie verkraftet die Schwertfürstin Schmerzen?«
    »Sie weint wie ein kleines Kind«, sagte Gaerigar grinsend.
    »Wo er recht hat, hat er recht«, sagte Nylma nickend. »Ich weine wie ein kleines Mädchen.«
    Gaerigar wusch nun gemeinsam mit Warelne Nylmas Wunde und legte einen Verband an. Dann bat Warelne ihn, den Kriegern, die es schwerer getroffen hatte, Mut zuzusprechen. Gaerigar nickte und machte sich auf den Weg. Einige der Verwundeten kannte er aus den zurückliegenden Monaten, aber auch jene, die ihm fremd waren, beruhigte er, sprach mit ihnen und beantwortete ihre Fragen.
    Die schweren Wunden, die er sah, berührten ihn weit weniger, als er erwartet hätte. Sie entstehen zu sehen – das erschreckte ihn. Die Schicksale der Verstümmelten aber und das Mitleid, die sie ihm entlockten, ließen ihn an all jene denken, die er vorhin mit Flammen und Stein angegriffen hatte. Er fragte sich, ob jene von ihnen, die überlebt hatten, die gleichen Dinge sagten wie die Krieger hier: wie glücklich und dankbar sie waren, noch am Leben zu sein, und wie sehr sie sich nach ihren Familien sehnten. Und was würden die Familien sagen? Würden sie nicht auch nach Rache rufen?
    Als Gaerigar am Nachmittag eine Pause machte, entdeckte er Warelne auf einer Bank vor dem Zelt. Sie trug eine neue Schürze und hatte das Blut von ihrem Zopf gewaschen. Er setzte sich zu ihr und nahm dankbar den Apfel entgegen, den sie ihm reichte.
    »Darf ich dir eine Frage stellen?«, fragte sie ihn schließlich. Nachdem er genickt hatte, sagte sie: »Ist es nicht schwer, der Sohn eines Elfen zu sein?«
    »Es ist jedenfalls nicht leicht, der Sohn eines Mannes zu sein, dessen Geduld unerschöpflich ist«, antwortete er.
    Warelne starrte mit ihren grünen Augen ins Leere. »Im Augenblick wirkt dein Vater anders«, sagte sie. »Als könne er den Kampf nicht erwarten.«
    »Es gibt Dinge, die alles verändern«, entgegnete Gaerigar. »Du hast gewiss davon gehört, was mit meiner Mutter geschah.«
    »Wer hätte das nicht?« Sie wich seinem Blick aus. »Man erzählt sich, dass du dich schwer damit tust, das Schicksal deiner Mutter hinzunehmen.«
    Er redete nur ungern darüber, aber ein Blick in die Augen Warelnes, und er sagte: »Ich habe Heilern geglaubt, die weniger vermochten als mein Vater, und auch Ahnenpriestern, die nur glauben und nicht wissen. Mein Vater hat gesehen, wie Elfen von silbernem Licht umgeben einfach verschwanden.«
    »Das Mondlicht«, sagte Warelne, und Ehrfurcht mischte sich in ihre ruhige Stimme. »Ich habe schon Priester dagegen predigen hören. Dass es für Elfen gelte, aber nicht für Menschen.«
    Gaerigar nickte. »Mein Vater erinnert sich an Leben, in denen seine Seele – wie er sagt – in andere Körper gekleidet war.« Er hielt inne, holte tief Luft und sammelte seinen Mut. Er kannte Warelne nicht näher. Womöglich würde er die junge Heilerin nach dem Krieg nie wiedersehen, aber er vertraute dieser Frau mit ihren grünen Augen, ihrem vollen Lächeln und den weichen Wangen; eine Frau, die keine Erwartungen an ihn stellte, sondern ihm das Gefühl gab, nur für ihn da zu sein. »Würdest du einem Mann wie meinem

Weitere Kostenlose Bücher