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Nuramon

Nuramon

Titel: Nuramon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Sullivan
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überdeckten den Schmerz.
    Daoramu fasste seine unruhige Hand und lächelte bitter. »Du bist bereit«, sagte sie. »Das sehe ich.«
    »Ich bin eine alte Seele, die weit über ihre Zeit an das Leben gebunden ist. Es ist wie die Müdigkeit nach zu vielen durchwachten Nächten. Irgendwann lassen die Kräfte nach.«
    Sie umarmte ihn, küsste seinen Hals und wandte dann den Kopf zur Seite. Das Licht in den Wänden war vorangeflossen und erschloss ihnen nun den weiten Raum, der sich am Ende des Tunnels öffnete. Es war weder ein Saal noch eine Halle, sondern eine Landschaft, die Nuramon an Alt-Aelburin in Albenmark erinnerte, an die gewaltigen Höhlen in den Ioliden. Kristallsäulen wuchsen wie Bäume ins gewaltige Gewölbe, wo Nebel den Lichtschein dämpfte. Der Gang wurde zum Weg, der sanft in ein Tal zu einem Steinkreis hinabführte. Er lag im Halbdunkel, und hinter ihm zog sich die Landschaft in die Ferne. Dort war alles von Kristallfelsen übersät, zwischen denen Nebel kroch und in denen Licht erwachte. Überall spannte sich die Magie glimmend zwischen den Felsen.
    Nuramon schritt mit Daoramu vorsichtig den Weg hinab und hielt Ausschau nach irgendeinem Lebewesen. Doch er fand nur Magie, die den Steinkreis dort unten zu umfließen schien. Die stehenden Steine des Kreises überragten sie um mehr als einen Schritt, und die Magie floss unter dem Boden, kam aber nicht an die Oberfläche, sondern umströmte die sechzehn stehenden Steine. Kaum waren er und Daoramu in den Kreis der Kristallsteine getreten, erwachte das Licht unter ihren Füßen und strebte sich verästelnd von ihnen fort. Daoramu erschrak, und Nuramon folgte den Lichtadern mit seinem träge gewordenen Blick. Das Licht tastete sich an die stehenden Steine heran, drang in sie ein und fasste nach den Schatten, die darin verborgen waren.
    Ein Knirschen ließ Nuramon herumfahren. Ein Riss zog sich durch einen der stehenden Kristalle. Ein weiteres Knirschen folgte von rechts, noch eines von links. Schließlich knirschte und knackte es rings umher. Die Kristalle bröckelten, und grelles Licht drang aus den Rissen, Furchen und Löchern heraus. Daoramu hielt sich den Handrücken vor die Augen, und Nuramon kniff die Lider zusammen.
    Es blitzte, und als Nuramon die Augen wieder öffnete, waren sie von Wesen umgeben. Sie sahen wie Menschen aus, wie Stellvertreter der Völker, die Dayra bewohnten. Beinahe so wie die Menschen von Arlamyr, zu denen sich einige wenige gesellt hatten, die man auf dem Kontinent selten sah. Es gab zwar stämmige Männer in Arlamyr, aber noch nie hatte er einen mit weißblondem Haar gesehen. Und ebenso gab es Menschen in Arlamyr, die dunkelbraune Haut hatten, doch er war noch keiner Frau begegnet, die so lang gewachsen war wie jene, die dort neben dem blonden Mann stand und sich die dicken Zöpfe aus dem Gesicht strich. Sechzehn Menschengestalten, die vor Magie strahlten und in einfache Leinengewänder gekleidet waren, lächelten ihnen entgegen.
    »Du bist das letzte Albenkind«, sagte eine blasse Frau mit welligem Haar auf Arlamyrisch, und die langgewachsene Frau nickte langsam. »Nuramon«, sprach sie leise. »Der Bote der Elfenkönigin«, sagte der blonde Mann. »Der Schützling der Ceren und der Recke der Dareen.«
    »Ich bin es«, sagte Nuramon. »Aber wer seid ihr?«
    Die Gestalten tauschten Blicke, und schließlich antwortete die blasse Frau: »Wir sind die Orakel von Dayra. Wir sind die Weltengeister, die hier Zuflucht vor der Verfolgung der Devanthar suchten. Wir wussten von dir, von Emerelle und von Dareen.« Sie schaute Daoramu an. »Und wir sahen dich.«
    »Du bist die Gezeichnete«, sagte das Orakel mit dem Wellenhaar. »Wir sahen dich in dem Land nördlich der großen Wüste – eine Nachfahrin der Sklaven von Wuur. Wir wussten, dass du ein Zeichen an dir tragen würdest und Nuramon durch dich herfinden würde. Nur deinetwegen sahen wir den Pfad in diese Gegenwart. Und wir kannten nicht einmal deinen Namen.«
    »Gezeichnet?«, sagte Nuramon. »Durch die rettende Magie?«
    Der blonde Mann nickte. »In unserem Schlaf hier unten konnten wir nicht mehr die Zukunft gewahren, aber sehr wohl die Vergangenheit.« Er schaute an Daoramu hinauf. »Wir sahen, wie du durch die Magie gerettet wurdest. Sie durchdrang und veränderte dich. Sie befreite dich von vielen Fesseln, die den Menschen und auch anderen Lebewesen auferlegt wurden. Du bist zu einem Wesen geworden, wie sie den frühen Welten entsprangen. Wie ein Orakel oder wie Ceren und

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