Nuramon
erhören wollen«, sagte er, »so hätte sie doch bereits genug Gelegenheit dazu gehabt, findest du nicht?«
Nylma schüttelte den Kopf und nahm einen weiteren Schluck aus ihrem Weinkelch. »Er ist nur ein Krieger«, sagte sie. »Erst wenn sich kein Graf oder Herzog für Daoramu finden lässt, wird Borugar einen Schwertfürsten in Betracht ziehen.«
»Auch ich bin kein Graf oder Herzog«, sagte er und bemühte sich zu lächeln.
Nylmas Augen glänzten. »Du bist etwas viel Besseres. Du bist ein Wyrenar. Noch nicht offiziell natürlich. Aber dieser Graf könnte sein Schicksal an dein Schwert knüpfen.« Sie hielt kurz inne und schien zu überlegen, dann sagte sie nach einem warmen Lachen: »In unserer Welt musst du erst die Gunst der Familie gewinnen, um der Liebe den Weg zu bereiten.«
Kurz darauf verwickelte Werengol Nylma in ein Gespräch, und Nuramons Blick kehrte zu Jasgur zurück. Der Schwertfürst suchte noch immer Daoramus Aufmerksamkeit, und diesmal bemerkte sie ihn und erwiderte sein Lächeln. Dann wandte sie sich Nuramon zu. »Wenn mein Vater dich nach einer Belohnung fragt, lehne keinesfalls ab«, sagte sie. »Er ist ein stolzer Mann.«
»Ich werde es mir merken«, entgegnete Nuramon und fasste in diesem Augenblick einen Entschluss.
»Die Last ist einfach von mir abgefallen«, sagte Daoramu zu ihrer Mutter und lächelte. Nach so langer Zeit wieder in ihrem eigenen Bett zu schlafen war wunderbar gewesen. Nun saß sie in ihrem blauen Kleid am Fußende eben jenes Bettes, kämmte ihr Haar und fühlte sich sauber, ausgeschlafen und zufrieden.
Ihre Mutter lachte und setzte sich neben sie. »Auch deinen Vater habe ich selten so glücklich gesehen.«
»Das liegt daran, dass er zu selten als Feldherr in die Schlacht ziehen darf, um seinen Ruhm zu mehren.«
Jaswyra ergriff ihre Hand. »Er ist ein Krieger, Kind, und er wird es auch bleiben. Immer wieder erzählt er mir die alten Geschichten von den Fürsten von Jasbor. Von den Zeiten, als unsere Familie die ersten Könige hervorbrachte; damals, als Yannadyr noch zum Königreich von Nylindor gehörte.«
»Das sind Träume«, sagte Daoramu. »Nylindor ist für immer zerbrochen, und die große Zeit der Yannaru ist längst vorüber.«
»Ich weiß«, sagte Jaswyra und strich über die seidene Bettdecke ihrer Tochter. »Aber man kann auch abseits des Schlachtfeldes Ruhm und Rang erwerben. Wäre es nicht schön, wenn ein Herzog dich für sich entdeckt?«
Daoramu grinste. »Herzöge fürchten Frauen wie mich.«
»Wenn du so weitermachst, gibt dein Vater Jasgurs Werben um dich nach. Jasgur hat sich im Krieg hervorgetan. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis er selbst zum Grafen aufsteigt.«
»Es gibt Schlimmeres, als Jasgur zum Gatten zu haben«, sagte Daoramu, doch dann wanderten ihre Gedanken zu Nuramon, und sie verstummte.
»Du liebst Jasgur also?«, fragte ihre Mutter.
»Nein. Aber er wäre für mich das, was Vater früher für dich war. Ehe du ihn liebtest, meine ich.«
Jaswyra musterte sie. »Ich habe gesehen, wie Jasgur dich heute angeschaut hat. Und du hast zurückgelächelt.«
Ein Klopfen an der Tür enthob Daoramu einer Antwort. »Herrin! Herrin!«, rief eine ihr vertraute Stimme. Es war Gaeria, die Dienerin ihrer Mutter. Sie war fast schon ein Mitglied der Familie. Dabei hatte sich ihr Vater damals nur für sie entschieden, weil ihr Name die weibliche Form von Gaerigar war, dem Namen seines Großvaters. »Herein«, rief Daoramu.
Gaeria kam ins Zimmer, rang nach Luft und sagte: »Der Graf hat die Teredyrer und den Alvaru im Saal empfangen, Herrin. Sie beraten sich gerade.«
»Und?«, erwiderte Daoramu. »Hat er um unsere Anwesenheit gebeten? Ich riet ihm nämlich letzte Nacht, die Verhandlungen ohne mich zu führen.«
Jaswyra erhob sich. »Ich bat Gaeria darum, uns zu holen, wenn es beginnt. Ich bin neugierig. Besonders auf den Alvaru.«
Daoramu wich dem Blick ihrer Mutter aus und legte den Kamm, den sie noch immer in Händen hielt, in ihre Schmuckschatulle. »Dann lass uns hören, was sie sagen.«
Gaeria führte Jaswyra und Daoramu zur Galerie. Von dort aus hatten sie nicht nur einen guten Überblick über den Saal, sondern konnten auch alles hören, was unten gesprochen wurde. Die Teredyrer und Nuramon standen Daoramus Vater und dessen Kriegern gegenüber. Jasgur ergriff gerade das Wort. »Unsere Krieger fühlen sich betrogen«, sagte er. »Wir haben Weramul erobert, und andere kommen in den Genuss des Ruhms und der Beute. Solange kein neuer
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