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Nuyen, Jenny-May - Nijura, das Erbe der Elfenkrone

Nuyen, Jenny-May - Nijura, das Erbe der Elfenkrone

Titel: Nuyen, Jenny-May - Nijura, das Erbe der Elfenkrone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: das Erbe der Elfenkrone Nijura
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dunkelroten Vorhänge nicht an das Geschehene zu denken, aber es gelang ihr nicht. Der Schmerz des Augenblicks flammte erneut in ihr auf, und sie musste an Scapas Augen denken, die sie fremd und eisig durchdrungen hatten …
    Er hatte sie so schändlich im Stich gelassen. Er hatte sie schlichtweg aufgegeben für seine Arane.
    »Nill und ich holen das Messer. Mareju, Arjas, ihr haltet hier Wache, in Ordnung?« Die Zwillinge hoben ihre Lanzen und nickten.
    »Also los«, murmelte Nill und trat mit Kaveh in die Thronhalle ein.
    Ihre Füße rutschten mit jedem Schritt, so spiegel-glatt war der Steinboden. Dann erreichten sie den langen Teppich. Nill blickte nicht auf die Stelle, an
der sie zu Boden gesunken war. Nicht jetzt, dachte sie. Später … später.
    Sie huschten die Stufen zur Empore hinauf. Mit klammen Fingern strich Nill die Vorhänge zur Seite.
    Im Halbdunkel erkannte sie eine Liege und mehrere kleine Tischchen, Hocker und Tabletts. Eine Harfe stand etwas abseits bei den Vorhängen. Obstkerne bestreuten den Boden. Die Anwesenheit des Steindorns hing so dicht in der Luft wie ein starker Duft.
    Nill strich sich die Haare aus der Stirn und strengte die Augen an, um den Boden nach ihm abzusu-chen.
    Hier hatten sie gestanden.
    Konzentriere dich!, befahl sie sich. Kaveh drehte sich unruhig zu Mareju, Arjas und Bruno um. Durch die Vorhänge sah man nur Schemen.
    Nill sank auf die Knie. Sie tastete die Kissen der Liege ab, fuhr mit den Fingern an der Liege herab und streckte die Hände darunter. Einen Augenblick später zog sie ein Kästchen hervor.
    Der goldene Verschluss des Kästchens ließ sich leicht öffnen. Schmuck funkelte Nill entgegen. Inmitten der Diamanten und Perlen und Rubine wirkte der Steindorn unecht wie ein Trugbild.
    Einen Augenblick lang glaubte Nill, vor Erleichterung dahin zu schmelzen.
    Das magische Messer war noch da! Kurz entschlossen nahm sie den Dorn heraus und wog ihn in der Hand. Eine schwache, pulsierende Wärme ging von ihm aus. Für Sekunden kam Nill die absurde
Vorstellung, der Dorn sei etwas Lebendiges. Dann schloss sie eilig das Kästchen und schob es zurück unter die Liege.
    »Du hast ihn!«, flüsterte Kaveh überrascht.
    Nill steckte ihn unter dem großen Mantel in die Rocktasche. Ja, sie hatte ihn. Aber sie konnte es noch gar nicht richtig fassen.
    Hinter ihnen rauschten die Vorhänge. Nill und Kaveh fuhren gleichzeitig herum – doch nichts. Die Vorhänge wogten sachte vor und zurück. Ein Fenster war halb geöffnet und der Nachtwind flüsterte in der Halle.
    Wieder strichen die Vorhänge zur Seite, diesmal weiter als zuvor. Es war, als zögen unsichtbare Geister sie auf. Vor Nill und Kaveh, dort, wo eine große Tür aus der Thronhalle führte, stand jemand.
    Scapa rührte sich nicht. Kein Muskel zuckte in seinem Gesicht, nur der Fackelschein flackerte über seine Züge. In den Händen hielt er eine Armbrust und zielte damit auf Kaveh und Nill.
    Sie hielt den Atem an. Reglos wartete sie darauf, dass der Pfeil sie durchbohrte.
    Aber Scapa schoss ihn nicht ab. Er blieb so bewegungslos, als habe der Anblick von Nill und Kaveh ihn versteinert. Sein Kinn begann zu zittern.
    Der Vorhang wehte wieder vor. Ein kühler Luft-zug umhauchte Nills Gesicht. Sachte schloss Kaveh die Hand um ihren Arm.
    »Komm!«, flüsterte er, aber seine Stimme schien aus weiter Ferne zu ihr zu dringen. Sie spürte, wie
ihre Füße sich zu bewegen begannen. Der leichte dunkelrote Stoff strich ihr über die Schultern.
    Als der Wind die Vorhänge wieder zurückzog, waren Nill und Kaveh verschwunden.

    Sie war fern der Wirklichkeit. Kaveh zog sie durch die schweigende Dunkelheit, durch die finstere Stille
    – sie liefen in Gänge hinein und rannten zurück, Treppen hinauf und hinab, machten kehrt, liefen, liefen immer weiter auf der Flucht vor den Echos ihrer eigenen Schritte.
    Als Kaveh anhielt, glaubte Nill für einen kurzen Moment aus einem Traum erwacht zu sein. Es roch plötzlich nach Stroh und Pferden. Kavehs Gesicht schimmerte direkt vor ihr im Feuerschein. Ein Schweißfilm zog sich über seine Stirn. Die Wimpern zitterten. Er hob den Zeigefinger an die Lippen.
    »Kannst du reiten?« Jedes Wort erreichte Nill unendlich langsam … Sie merkte, dass sie den Kopf schüttelte. Kaveh sagte etwas, aber sie hörte ihn nicht oder vergaß das Gesagte sofort wieder. Kaveh, Mareju und Arjas liefen hastig vor ihr auf und ab. Breite Holztüren öffneten sich. Mit einem Mal stand ihr ein Pferd gegenüber. Warmer

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